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Klonschaf Dolly ist tot  
  Das Schaf Dolly, der erste Klon eines erwachsenen Säugetiers, ist tot. Das mit sechs Jahren noch relativ junge Tier musste wegen einer Lungenentzündung eingeschläfert werden. Der vorzeitige Tod des Tiers nährt die Befürchtung von Wissenschaftlern, dass Klonen zu vorschneller Alterung führt. Eine Obduktion soll nun genauere Erkenntnisse bringen.  
"Schafe können elf bis zwölf Jahre alt werden, und Lungenentzündungen sind typisch für ältere Schafe", sagte Harry Griffin vom schottischen Roslin-Institut am Freitag, wo Dolly erst geklont worden war und dann streng bewacht in einem Stall gelebt hatte.
Alterserscheinungen wegen ineffizienter Klon-Technik
Vor einem Jahr war Dollys "Schöpfer", Prof. Ian Wilmut, bereits durch eine Arthritis im linken Hinterbein des Tiers aufgeschreckt worden.

Er selbst wertete diese typische Alterserkrankung bei dem noch relativ jungen Tier als Indiz dafür, dass die derzeitigen Klon- Techniken "ineffizient" seien. "Wir sind sehr enttäuscht und werden Dolly sehr sorgfältig beobachten müssen", sagte der Genetiker.
->   Klonschaf Dolly hat Arthritis
1996 aus Euterzelle geklont
Dolly war am 5. Juli 1996 im Roslin Institute bei Edinburgh geboren worden. Das Institut ist eines der führenden Zentren bei der Embryonenforschung an Nutz- und anderen Tieren. Bis zur Geburt Dollys 1996 galt es als unmöglich, ein erwachsenes Säugetier zu klonen.

Die Arbeiten wurden damals von Ian Wilmut gemeinsam mit Alain Colman durchgeführt - sie gelten als "Väter" von Dolly. Die Existenz des Tieres war sieben Monate nachdem es auf die Welt gekommen war, im Februar 1997 in "Nature" publiziert worden.
->   Roslin Institute
Bei Lebenseinschätzung verschätzt
Damals sagte Wilmut, Dolly könne lange leben und mindestens zehn Jahre alt werden. "Wichtig ist, dass nicht nur wir, sondern alle, die geklonte Tiere produziert haben, deren Gesundheit während der gesamten Lebensdauer beobachten", sagte er.

Doch schon im Mai 1999 stellten die Forscher fest, dass Dollys Erbgut ungewöhnlich alt aussah. Es sei typisch für ein älteres Tier, teilten sie mit. Dolly hatte demnach kürzere Telomere als gleichaltrige, nicht geklonte Schafe. Als Telomere bezeichnet man die Enden der Chromosomen, der Träger des Erbgutes.
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Telomere
Vor jeder Zellteilung muss die DNA verdoppelt werden, um eine Kopie auf jede Tochterzelle aufteilen zu können. Dabei wird sie an den Enden der Chromosomen jeweils um ein Stückchen kürzer. Damit es dadurch nicht zu einem Informationsverlust kommt, kommt eine kurze DNA-Sequenz an den Chromosomen-Enden vielfach wiederholt vor. Diese Telomere werden in regelmäßigen Abständen durch das Enzym Telomerase wieder verlängert. Der Alterungsprozess könnte unter anderem mit einem Nachlassen der Telomerase-Aktivität im Lauf des Lebens zu tun haben.
->   Mehr über Telomere (Uni Leipzig)
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Der Vorgang des Klonens
Bei der Reproduktion des Schafs entnahmen die Gentechniker des Roslin Instituts in Edinburgh dem Euter eines erwachsenen Tieres einen Zellkern mit der Erbinformation und pflanzten diesen in die Eizelle eines anderen Schafes ein. Aus diesem Ei war zuvor die eigene genetische Informationen entfernt worden.

Das so veränderte Ei wurde einem dritten Schaf eingepflanzt, das es als Leihmutter austrug und schließlich Dolly zur Welt brachte - die (beinahe) exakte Doppelgängerin des ersten Schafes.

Der wissenschaftliche Durchbruch bestand dabei darin, dass der Zellkern des erwachsenen Tieres in dem fremden Ei die Fähigkeit der embryonalen Keimzelle entwickelte, alle Erbinformationen eines komplexen Organismus weiterzugeben.
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Klonen
"Klonen" bezeichnet die ungeschlechtliche Vermehrung eines Wesens um ein oder mehrere Wesen, die - mehr oder weniger - erbgleiches Abbild sind. Dabei wird das Erbgut einer "erwachsenen", ausdifferenzierten Zelle eines Tieres wieder in einen Embryo-Zustand zurückversetzt. Dazu "hungern" die Forscher zunächst die Zellen aus. Danach wird das Erbmaterial der Zellen aus dem Zellkern in die entkernte, unbefruchtete Eizelle eines zweiten Tieres eingebracht. Der so entstandene Embryo wird schließlich von einem dritten Tier ausgetragen. Das geborene Tier gleicht dem Gen-Spender. Allerdings nicht zu 100 Prozent: Denn es befindet sich nicht nur im Zellkern Erbmaterial, sondern auch in den Mitochondrien der entkernten Eizelle.
->   Mehr über Klonen (Gentechnik und Wir)
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Dolly und die Folgen: Ethik-Diskussionen
Dolly führte zu heftigen Diskussionen rund um die Fortschritte der Gentechnik und die Ethik. Sie fanden ihren Höhepunkt, als am 26. Dezember 2002 die Raelianer-Sekte erklärte, es wäre erstmals ein geklontes menschliches Baby auf die Welt gekommen. Auch für die Existenz von zwei weiteren angeblichen Klon-Babys steht bisher ein Beweis aus.

Erst vor kurzem hat sich der Dolly-Schöpfer Ian Wilmut für das medizinische Klonen auch am Menschen ausgesprochen, lehnte aber das reproduktive Klonen ab.
->   Aufregung um angeblich erstes "Klonbaby"
Viele Fragen offen - Dolly kommt ins Museum
Patrick Dixon, ein britischer Ethiker, sagte am Freitag, Dollys Todesursache werde große Folgen für das mögliche Klonen von Menschen haben: "Eine Schlüsselfrage ist, was für eine fortschreitende Lungenkrankheit sie genau hatte und ob dies in irgendeiner Weise mit der Klontechnik in Verbindung gebracht werden kann, durch die sie entstanden ist."

Dolly soll nun ausgestopft werden und in Edinburgh ins Museum kommen.
Ambivalenter Meilenstein für die Forschung
In aller Vorsicht kann eines festgehalten werden: Das Schaf bleibt ein Meilenstein für die Forschung. Wissenschaftler haben nach der Dolly-Methode in den vergangenen Jahren einen Zoo weiterer Klontiere hergestellt: Rinder, Mäuse, Schweine, Ziegen, Kaninchen und mindestens eine Katze.

Dolly hat mit ihrer Kinderschar mehrfach bewiesen, dass sich auch Klontiere auf normalem Wege fortpflanzen können. Dollys Tod ist jedoch ein weitere Hinweis darauf, dass geklonte Tiere vorzeitig altern.

Bei insgesamt wenigen Erfolgen starb die ganz überwiegende Mehrzahl der geklonten Tiere bereits im Mutterleib oder kurz nach der Geburt. Viele haben ein gestörtes Immunsystem, sind dicker als gewöhnliche Artgenossen. Zudem leiden sie überproportional oft an anderen Krankheiten.
Weitere Informationen gibt es auf der Website der Wissenschaftszeitschrift "Nature", die dem Klonschaf "Dolly" eine eigene Artikelserie gewidmet hat.
->   Zu den Artikeln bei "Nature"
->   Mehr über Klonen in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010