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Neutrino-Teleskop schaut Richtung Erdmittelpunkt  
  Mit einem völlig neuen Konzept wollen europäische Forscher nun mysteriösen Elementarteilchen nachspüren: Ein Teleskop soll Neutrinos aus dem Kosmos entdecken, indem es in Richtung Erdmittelpunkt blickt.  
Vor der Südküste Frankreichs im Mittelmeer, 2.400 Meter unter der Meeresoberfläche, entsteht derzeit das Teleskop des Projekts Antares - unter der Leitung der britischen Universitäten Sheffield und Leeds. Es soll nach den rätselhaften Neutrinos suchen.
Die kleinsten bekannten Elementarteilchen
Neutrinos gelten als die kleinsten bekannten Elementarteilchen. Da sie auch noch elektrisch ungeladen sind, gehen sie durch die meiste Materie ohne Berührungen.

Laut Schätzungen von Experten wird auf der Erde eine Fläche von der Größe einer Fingerkuppe in jeder Sekunde von etwa 65 Milliarden von der Sonne stammenden Neutrinos durchdrungen, nur ein winziger Bruchteil kollidiert dabei mit anderen Teilchen - etwa Protonen.
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Neutrinos, Wechselwirkungen und die Gruppe der Leptonen
Neutrinos unterliegen nur einer der vier fundamentalen Wechselwirkungen, die heute der Physik bekannt sind. Die für die Neutrinos relevante schwache Wechselwirkung ist für den radioaktiven Beta-Zerfall und ähnliche Prozesse verantwortlich. Da Neutrinos zudem sehr kleine Reaktions-Wirkungsquerschnitte besitzen, können sie nahezu ungehindert Materie durchdringen. Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik bilden Neutrinos zusammen mit den drei geladenen Fermionen Elektron, Myon sowie Tau die Gruppe der so genannten Leptonen.
->   Mehr Informationen bei der University of California
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Schwieriger Nachweis
Dementsprechend schwierig ist die Untersuchung der Neutrinos, denn sie fliegen auch durch jeden Detektor hindurch, ohne eine Spur zu hinterlassen. Die Wissenschaft hat dennoch Möglichkeiten ersonnen, wie sie den flüchtigen Teilchen auf die Schliche kommt.

Bisher wurden beispielsweise riesige unterirdische Wassertanks tief in der Erde errichtet und ständig von Fotosensoren beobachtet. Kommt es zu einem der wenigen Kontakte der Neutrinos mit Teilchen des Wassers, gibt es eine typische Leuchtspur.
Das Projekt Antares geht neue Wege
Für das Projekt Antares gehen die Physiker und Ingenieure jetzt völlig neue Wege. Für das Teleskop werden keine besonderen Wasserreservoirs angelegt, man nutzt einfach den größten natürlichen Tank - das Meer.

In der Tiefe werden zehn 450 Meter lange Kabel mit je 30 extrem lichtempfindlichen Sensoren versenkt. Jedes Kabel ist am Grund verankert und wird mittels eines Schwimmers in Schwebe gehalten. Über ein 40 Kilometer langes optisches Kabel ist das Observatorium mit der Basisstation an der Küste verbunden.
Myonen-Leuchtspuren für den Nachweis
Bei jeder der seltenen Kollisionen zwischen einem Neutrino und etwa einem Teilchen des Meerwassers entstehen so genannte Myonen.

Diese kurzlebigen Teilchen wandern eine kurze Strecke durchs Wasser und hinterlassen dabei eine schwache, blaue Lichtspur, die von den Fotosensoren registriert wird. Aus der Spur können die Wissenschafter sogar errechnen, aus welcher Richtung das Neutrino kam.

Dass das Observatorium in großer Wassertiefe errichtet wird, hat gute Gründe. Hier ist es nämlich bestens gegen störende Myonen der kosmischen Strahlung abgeschirmt. Auch die Erde selbst dient noch als Filter, deshalb sind die Detektoren in Richtung Erdmittelpunkt ausgerichtet.
Ein Kandidat für die "Dunkle Materie"
Neutrinos gelten als ein Kandidat für die so genannte "Dunkle Materie" im Weltraum. Seit Jahren versuchen die Wissenschaftler daher zu ergründen, ob die Teilchen eine Masse haben oder nicht.

Zwar ist diese vermutlich extrem gering, bei der angenommenen Menge an Neutrinos könnte sie dennoch einen großen Teil der Gesamtmasse im Universum ausmachen.
->   Die Antares-Homepage
->   Weitere Informationen zu Antares
->   Alles zum Stichwort Neutrino in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010