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Kleine Bio-Brennstoffzellen als Batterie-Ersatz  
  Amerikanische Chemiker haben wenige Zentimeter große Bio-Brennstoffzellen entwickelt, die ohne Aufladen über mehrere Wochen hinweg Energie liefern: Die "Bio-Batterien" arbeiten mit Alkohol und Enzymen - und könnten herkömmliche Akkus beispielsweise im Handy ersetzen. Ein paar Tropfen Gin, Wodka oder auch abgestandenes Bier genügen demnach, um die kleinen Energielieferanten anzutreiben.  
Entwickelt wurde die neue Bio-Brennstoffzelle von einem Chemikerteam um Shelley Minteer vom Department of Chemistry an der Saint Louis University. Die Forscher präsentierten ihre Ergebnisse auf dem jährlichen Treffen der American Chemical Society, das derzeit in New Orleans stattfindet.
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"Microbioanodes for alcohol/oxygen biofuel cells"
Das Referat ANYL 285 zu den Forschungen von Minteer und Kollegen wurde am Montag unter dem Titel "Development and characterization of microbioanodes for alcohol/oxygen biofuel cells" präsentiert - im Rahmen des Symposions "Microelectrochemical Systems and Arrays".
->   American Chemical Society
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"Bio-Batterien" noch immer nicht anwendungsreif
Das Prinzip einer Brennstoffzelle ist einfach und wurde bereits im 19. Jahrhundert entdeckt: Chemische wird in elektrische Energie umgewandelt - analog zur Batterie.

Auch so genannte "Bio-Brennstoffzellen" oder "Bio-Batterien" sind nicht neu: Seit rund vierzig Jahren gibt es Mini-Kraftwerke, die ihre Energie auf Basis der Reaktion von Glukose und Sauerstoff generieren. Doch noch immer ist die Technologie nicht anwendungsreif.
Enzyme als Katalysator
Statt teurer Metalle, welche die Energie produzierende Reaktion katalysieren sollen, verwenden diese Zellen Enzyme als Katalysator - Moleküle, die in allen lebenden Organismen zu finden sind und die chemischen Prozesse des Körpers beschleunigen bzw. den Stoffwechsel ermöglichen.
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Der Stoffwechsel (Metabolismus) in einer Zelle
Der Stoffwechsel in einer Zelle lässt sich in zwei Bereiche (Baustoffwechsel und Energiestoffwechsel) unterteilen. Er erfolgt über eine Kette von Zwischenprodukten, immer unter Mitwirkung von Enzymen. Kohlenhydrate (Stärke, Glykogen) werden über den Einfachzucker Glukose zu aktivierter Essigsäure (Acetyl-Coenzym-A) abgebaut.

Diese Verbindung ist Ausgangspunkt neuer Synthesen (Fette) und Reaktionspartner für den Zitronensäurezyklus und die Atmungskette. Endprodukte sind Kohlendioxid, das ausgeatmet wird, und Wasser. Dabei wird eine erhebliche Menge Energie freigesetzt, die in einer energiereichen Verbindung Adenosintriphosphat (ATP) gespeichert wird. Diese kann zur Unterhaltung aller Lebensvorgänge, die Energie verbrauchen, verwendet werden.
->   Mehr über Stoffwechsel und Zellatmung in www.biokurs.de
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Das Problem: Die Enzym-Umgebung
"Die einzigen Elemente, die in einer Bio-Brennstoffzelle verbraucht werden, sind der Treibstoff sowie Sauerstoff aus der Luft", erläuterte Forschungsleiterin Shelley Minteer das Prinzip der winzigen Batterien in einer Aussendung. Die Enzyme selbst werden durch die chemische Reaktion nicht aufgebraucht.

Gebe es die angemessene Umgebung, könne ein Enzym über eine lange Zeitspanne hinweg funktionieren, so die Chemikerin weiter. Doch genau diese für die Bio-Moleküle geeignete Umgebung macht den Wissenschaftlern seit Jahren Probleme.
Sensibel für Veränderungen
Enzyme reagieren äußerst sensibel auf Veränderungen des pH-Wertes und der Temperatur. Selbst leichte Abweichungen von idealen Bedingungen können die Eiweißstoffe inaktivieren und so eine Unterversorgung mit Energie auslösen.
Mizellen bieten ein ideales Umfeld
Shelley Minteer hat nun gemeinsam mit ihren Kollegen die Elektroden mit einem Polymer überzogen, das speziell zugeschnittene, so genannte Mizellen aufweist: Poren, in denen die Enzyme nach Aussage der Chemiker eine ideale Mikro-Umgebung finden um zu gedeihen.
Kein Aufladen für Wochen?
Das Enzym habe dort alles, was es brauche, um über einen sehr langen Zeitraum zu funktionieren, erklärte Minteer. "Andere Bio-Brennstoffzellen haben eine Lebensdauer von wenigen Tagen; unsere Technik ermöglicht eine Enzymaktivität über mehrere Wochen - ohne signifikanten Energie-Abfall."
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Konkurrenz für aufladbare Batterien?
Die Forschungen von Shelley Minteer und Kollegen konzentrieren sich derzeit auf Anwendungen im kleinen Maßstab - wobei die Brennstoffzellen nicht größer als fünf Quadratzentimeter sind, also etwa die Größe einer Briefmarke haben.

Die unmittelbare Zukunft solcher Bio-Batterien liegt nach Auskunft der Chemikerin im Ersatz für herkömmliche aufladbare Batterien bzw. Akkus, wie sie etwa für Handys oder Laptops verwendet werden. Das Aufladen von Bio-Brennstoffzellen wäre vergleichsweise einfach: Man müsste lediglich alle paar Wochen einige Milliliter Alkohol zufügen.
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Treibstoff Ethanol - wie in Gin oder Wodka
Bio-Brennstoffzellen wurden bislang häufig mit Methanol betrieben, die Chemikergruppe hat dagegen Ethanol ausgewählt, da dieser Alkohol die Enzym-Aktivität besser unterstützt und zudem billig in der Herstellungist.

Auch die breite Verfügbarkeit von Ethanol ist nach Auskunft der Forscher ein großer Vorteil. Denn in welcher Form der Alkohol letztlich zugeführt wird, ist offenbar egal: Wie Minteer am Montag berichtete, habe es mit Wodka, Gin, Weiswein und abgestandenem Bier ("Die Zellen mögen die Karbonisierung nicht") gleichermaßen funktioniert.
->   Saint Louis University Department of Chemistry
->   Alles zum Stichwort Brennstoffzelle in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010