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Forscher entschlüsseln Auslöser für Sucht  
  Amerikanische Forscher haben laut einer aktuellen Studie jenen Mechanismus entdeckt, durch den Suchtverhalten ausgelöst wird: Schon die Aussicht auf Kokain verursacht demnach bei drogenabhängigen Ratten einen "Dopamin-Kick" im Gehirn. Die Entdeckung, die zwei Forscher aus North Carolina jetzt in aufwändigen Tierversuchen nachgewiesen haben, könnte zu neuen Therapien für drogenabhängige Menschen führen: Mit der immensen Gehirnaktivität vor dem Rauschgiftkonsum ließe sich das Verlangen erklären, das Süchtige befällt, sobald sie an die Droge erinnert werden.  
Wie das britische Wissenschaftsmagazin "Nature" in seiner jüngsten Ausgabe berichtet, wies ein Team um Regina M. Carelli von der Universität von North Carolina in Chapel Hill bei Kokain-abhängig gemachten Ratten jeweils vor und nach der Drogen-Einnahme Sonderausschüttungen von Dopamin nach.
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"Dopamine as chicken and egg"
"Subsecond dopamine release promotes cocaine seeking" ist erschienen in "Nature", Bd 422, Seiten 614-617, vom 10. April 2003. Im gleichen Heft ist ein begleitender "News and Views"-Artikel publiziert: "Dopamine as chicken and egg".
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Zweimal hohe Dopamin-Werte
Für die neuen Versuche wurden die Ratten darauf getrimmt, sich selbst Kokain-Gaben zuzuteilen. Besonders hohe Dopamin-Werte gab es jeweils kurz vor dem Kokain-Kick und auch danach.
Dopamin als Schlüsselelement der Sucht
Der Neurotransmitter Dopamin, der die Vernetzung von Leistungen des Gehirns gewährleistet, ist demnach ein Schlüsselelement des Suchtverhaltens. Die erhöhten Dopamin-Werte vor der Kokain-Gabe erklären nach Einschätzung der Wissenschafter, wie Abhängigkeiten ausgelöst werden.

Der Studie zufolge löst das euphorisierend wirkende Dopamin eine Art Vorfreude aus. Durch den Kokain-Konsum wird sodann für einige Zeit verhindert, dass der Dopamin-Wert wieder sinkt.
Der Neurotransmitter als Ursache und Wirkung
Auf diese Weise komme Dopamin die Schlüsselrolle in einem "Teufelskreis" zu, erläuterte David Self von der Medizinischen Universität in Dallas im US-Bundesstaat Texas in seinem in "Nature" erschienenen Begleitartikel zur Studie:

Dopamin sei gleichzeitig Ursache und Wirkung des Drogenkonsums. Diese Erkenntnis, die vermutlich auf das Suchtverhalten beim Menschen übertragen werden kann, könnte für die Entwicklung neuer Therapieformen gegen Drogenabhängigkeit genutzt werden.
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Dopamin zur Übertragung von Informationen im Gehirn
Dopamin ist ein Neurotransmitter oder Botenstoff, mit dem im Gehirn Informationen übertragen werden. Ist zu wenig Dopamin in Bereichen des Gehirns vorhanden, wird die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen gestört. Die Kontrolle über die Muskeln nimmt ab, da Befehle, sie zu bewegen, nicht mehr korrekt weitergeleitet werden. Dopamin-Mangel kann zur Entstehung der Parkinsonschen Krankheit führen. Weiterhin wird vermutet, dass Dopamin-Mangel oder -Überschuss bei psychiatrischen Erkrankungen (z.B. Schizophrenie) eine Rolle spielt.
->   Mehr über Dopamin
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Erstmals vor Drogeneinnahme nachgewiesen
Die Verbindung zwischen Dopamin-Ausschüttungen und Lustverhalten bei Essen, Sex und Drogenkonsum war im Grunde bekannt.

Allerdings konnte sie bislang nicht so minutiös verfolgt werden, so dass insbesondere die Sonderausschüttung vor der Drogeneinnahme nicht nachzuverfolgen war.
Werte in Sekundenbruchteilen erfasst
Das amerikanische Forscher-Team verwendete für seine Untersuchungen eine neuartige Technik der "Echtzeitmessung" der chemischen Veränderungen in Rattenhirnen.

Die Wissenschaftler konnten so Dopamin-Werte in Sekundenbruchteilen erfassen, frühere Untersuchungen verzeichneten Schwankungen dagegen "nur" in Minuten-Abständen.

"Forscher vermuten schon lange, dass die Antizipation des Drogenkonsums den Dopamin-Spiegel steigen lässt", schreibt Studienleiterin Carelli in "Nature". "Bisher konnte dies jedoch nie akkurat gemessen werden."
->   Universität von North Carolina in Chapel Hill
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01.01.2010