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Leukämiegefahr durch Elektrosmog  
  Können Hochspannungsleitungen bei Kindern Blutkrebs auslösen? Die seit 20 Jahren heiß umstrittene These erhält durch eine nun vorgestellte Studie aus Deutschland neue Nahrung.  
Der statistische Zusammenhang zwischen Elektrosmog und Leukämie-Anfälligkeit, den Forscher des Instituts für Medizinische Statistik an der Universität Mainz gefunden haben, ist zwar schwach aber vorhanden: Von den knapp 2.000 Kindern, die in den vergangenen Jahren untersucht worden waren, erkrankten jene häufiger an Leukämie, die während der Nacht einem Magnetfeld von mehr als 0,2 Mikrotesla ausgesetzt waren.

Ob es für den Zusammenhang eine eindeutige biologische Ursache gibt, können die Testergebnisse aber nicht aussagen.
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Leukämie
Der Begriff Leukämie ("weißes Blut") ist ein Sammelbegriff für Erkrankungen, die durch bösartige Veränderungen der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) in den blutbildenden Organen entstehen. Krankheit und Symptome (Müdigkeit, Fieber, Blässe, Blutergüsse) sind mit 35 Prozent die häufigste Krebserkrankung bei Kindern, meist tritt sie im Alter zwischen zwei und sechs Jahren zum ersten Mal auf. Die Heilungschancen für die Betroffenen sind inzwischen sehr gut, doch Wissenschaftler stellt diese Form des Blutkrebses noch immer vor große Rätsel, denn bei 95 Prozent der Erkrankungen ist die Ursache unbekannt.
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Alte Streitfrage
Die Frage, ob Leukämie durch Elektrosmog verursacht werden kann, hat eine lange Vorgeschichte: 1979 stellten Forscher in den USA fest, dass Kinder, die unter Hochspannungsleitungen lebten, ein dreifach erhöhtes Sterblichkeitsrisiko aufgrund von Leukämie haben. Seitdem folgten zahlreiche weitere Untersuchungen.

Das Institut für Medizinische Statistik und Dokumentation der Universität Mainz führten bereits zwischen 1993 bis 1997 zwei entsprechende epidemiologische Studien durch. Die 1998 vorgestellten Ergebnisse zeigten keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Leukämie und Magnetfeldern von über 0,2 Mikro-Tesla, jedoch sehr wohl bei Stärken über 0,4 Mikro-Tesla.
Ausweitung der Beobachtung
Bild: APA
Allerdings war die statistische Basis der Daten relativ schwach: Die Forscher konnten nur in sehr wenigen Wohnungen tatsächlich so hohe magnetische Feldstärken (Flussdichten) feststellen, und auch die Gesamtzahl der Beteiligten recht gering.

Darum dehnten die Forscher um Joachim Schüz und Jörg Michaelis ihre Untersuchung weiter aus. Von 1997 bis 2001 beobachteten sie in ganz Deutschland 1.815 Kinder in ihrer häuslichen Umgebung, von denen 514 zwischen 1990 und 1994 an Leukämie erkrankt waren.
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Grenzwert für Elektrosmog: 0,2 Mikro-Tesla
Wiederum wählten sie 0,2 Mikro-Tesla als Grenzwert, wobei dieser Wert an mindestens zwölf Stunden pro Tag überschritten werden musste. Sie erfassten externe Strahlungsquellen wie Hochspannungsleitungen, aber auch Faktoren wie Verkehrsdichte und Siedlungsumfeld. Im Innenbereich maßen sie in der gesamten Wohnung die magnetischen Flussdichten und verzeichneten so gut wie möglich lokale Feldquellen sowie die Elektroinstallationen, wie sie zur damaligen Zeit vorlag.
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Ab 0,4 Mikro-Tesla wird es kritisch
Insgesamt konnten die Wissenschaftler nur in 1,4 Prozent der Wohnungen magnetische Flussdichten von mehr als 0,2 Mikro-Tesla feststellen, und nur in 0,2 Prozent aller Wohnungen überschritten die Werte 0,4 Mikro-Tesla.

Es stellte sich heraus, dass sich bei höheren magnetischen Flussdichten von über 0,4 Mikro-Tesla, die mehr als zwölf Stunden pro Tag auftreten, ein statistischer Zusammenhang mit Leukämie-Anfälligkeit zeigt - ein Ergebnis, das mit anderen, internationalen Studien im Einklang steht.
Ein Prozent Elektrosmog-Opfer?
"Wir schätzen, daß nur etwa drei bis vier der jährlich 620 Leukämiefälle in Deutschland bei Kindern auf die Magnetfeldexposition zurückzuführen wären", sagte Studienleiter Michaelis, also weniger als ein Prozent. "Dies gilt aber nur, wenn der von uns beobachtete statistische Zusammenhang ursächlicher Natur ist, worauf es aus experimentellen Studien bisher aber keine überzeugenden Daten gibt."
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Vorsorgliche Maßnahmen
Als vorsorgliche Maßnahme empfiehlt die Studie eine Reduzierung unnötiger Expositionen. Familien mit Säuglingen oder Kleinkindern, die sehr dicht, also weniger als 50 Meter, an einer Hochspannungsleitung wohnen, sollen als Entscheidungshilfe mit Informationen der Energieversorger zur Auslastung der Freileitung oder gegebenenfalls mittels Magnetfeldmessungen die Situation in ihrer Wohnung beurteilen.
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->   Institut für Medizinische Statistik und Dokumentation der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
 
 
 
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01.01.2010