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Frühpensionen: Mit 55 Jahren reif für den Ruhestand?  
  Bei der Kontroverse um die geplante Pensionsreform geht es immer wieder auch um die Frühpensionsregelung. Nach Angaben eines Wiener Arbeitsmediziners sind rund 15 bis 20 Prozent der 60-Jährigen erwerbsunfähig. Trotzdem berichten gerade in Österreich besonders viele ältere Menschen von so genannten Burn-out-Symptomen - und von Mobbing am Arbeitsplatz.  
Wenn Männer vierzig Jahre schwer am Bau, als Industriearbeiter oder in der Forstwirtschaft geschuftet haben, dann werden sie über dementsprechende Verschleißerscheinungen zu klagen haben.

Auch bei Frauen gibt es Berufe, zum Beispiel Reinigungs- oder Küchendienst, die stärker als andere den Körper belasten.
15 bis 20 Prozent der 60-Jährigen erwerbsunfähig
Für Hugo Rüdiger, Vorstand der Klinischen Abteilung für Arbeitsmedizin der Universität Wien, sind etwa 15 bis 20 Prozent der 60-Jährigen aufgrund von körperlichem Verschleiß und Abbau erwerbsunfähig.
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Österreichs - angeblich - besonders hohe Burn-out-Rate
Dass unter Österreichs Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nahe des Pensionsalters die Burn-out-Rate höher als in anderen Ländern sei - dafür gibt es nach Aussage des Sozialmediziners Michael Kunze keine seriösen Daten. Nichts desto trotz werde dies immer wieder kolportiert.

Dafür gibt es nach Meinung von Kunze eine andere Erklärung. Es gebe bestimmte Berufsgruppen, dazu zählten u.a. Beamte, Lehrer und Ärzte, die ständig davon redeten, wie belastet sie seien. Sie manövrierten sich selbst in das Gefühl ausgebrannt zu sein; die Folge sei die sich selbst erfüllende Prophezeiung. Körperliche Bewegung - so der Sozialmediziner Kunze - würde nicht nur das körperliche Wohlgefühl dieser Menschen heben, Bewegung wirke auch Stress- und Burn-out-Symptomen entgegen.
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Diskriminierung älterer Arbeitnehmer
Seit mit Einsetzen der Automatisierung in Österreich der Arbeitsmarkt stark über Frühpensionierungen reguliert wurde, begann eine Diskriminierung älterer Arbeitnehmer, sagt der Arbeitsmediziner und Arbeitspsychologe Rudolf Karazman.

Mit dieser Frühpensionierungspolitik hätten sich - so Karazman, der auch Unternehmensberater ist - zwei Halbwahrheiten etabliert: zum einen die Halbwahrheit, dass Arbeit krank mache und zum anderen, dass älter werden Abbau bedeute.
Heute: Verstärkt Bedarf an älteren Arbeitnehmern
Doch vielmehr als Abbau bedeute älter werde Umbau, meint Karazman. Was jüngere Arbeitnehmer belastbarer sind, machen die älteren durch ihre soziale Kompetenz und Erfahrung wett.

Zu meinen, auf diese Vorzüge ältere Menschen verzichten zu können, habe sich in vielen Bereichen als Fehler herausgestellt. Hinzu komme, dass man durch die demografische Entwicklung auch wieder die älteren Arbeitnehmer verstärkt braucht. Dabei stößt man auf ein Problem:
Als Karriereziel verfestigt: Frühpension mit 57
Nachdem man in Österreich auf den Automatisierungsschub der 70er Jahre mit einer Frühpensionierungspolitik reagiert hat, setzte sich in de Köpfen bereiter Teile der Arbeitnehmerschaft als Karriereziel die Frühpension mit 57 fest.

Die über zwei Jahrzehnte praktizierte Frühpensionierungspolitik hatte die Auswirkung, dass dieser äußeren Pensionierung bei vielen ab 50 bereits eine innere Pensionierung voraus geht.

Die Menschen denken nur noch ans Aufhören, verschließen sich Umschulungen oder Weiterbildungen, erfahren eine Sinnentleerung. Damit wird jede vorher noch so interessante Tätigkeit verausgabend.
Motivierter durch altersgerechten Einsatz
Auch wenn 80 Prozent der Arbeitnehmer mit 60 Jahren und darüber noch arbeitsfähig sind, ist es wichtig dass älteren Menschen altersgerecht eingesetzt werden, sagt Rudolf Karazman. So kann selbst stark belastende Arbeit wie Schichtarbeit durch eine Veränderung der Schichtpläne die Mitarbeiter stark entlasten.
Ältere Arbeitnehmer werden häufig gemobbt
Ein weiterer Grund, dass in Österreich stärker als in manchen anderen Ländern in die Frühpension drängen ist, dass ältere Arbeitnehmer besonders starkem Mobbing ausgesetzt sind. Im Vergleich zu den skandinavischen Ländern geben bei uns doppelt so viele ältere Arbeitnehmer an, am Arbeitsplatz gemobbt zu werden.

Eveline Schütz, Ö1-Wissenschaft
www.arbeitundalter.at: Gestaltet von Rudolf Karazman, zusammen mit der Industriellenvereinigung und Arbeiterkammer
->   www.arbeitundalter.at
->   www.healthwork.at
->   Klinische Abteilung für Arbeitsmedizin der Universität Wien
 
 
 
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01.01.2010