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Linzer Informatiker entwickeln die "Digitale Aura"  
  "Matrix Reloaded" - der Nachfolger des Kassenschlagers "Matrix" - läuft ab Freitag in den österreichischen Kinos. Das Szenario: Eine computergenerierte Welt, von Maschinen abhängige Menschen und eine Realität, die nicht der physikalischen Wirklichkeit entspricht. Science Fiction? In Linz versuchen Informatiker, die digitale Zukunft zu verwirklichen, allerdings ohne die Nachteile der "Matrix" - sie entwickeln die "Digitale Aura".  
Das Grundkonzept der Forscher um Alois Ferscha vom Institut für praktische Informatik der Universität Linz: Informationen sollen nicht nur über Computer, sondern über ganz normale Dinge wie Bleistifte, Kaffeetassen oder Schaufensterscheiben abgefragt werden können.

Die Kommunikation erfolgt über Funknetzwerke und automatische Protokolle. Menschen wie auch Dinge können mittels einer digitalen Aura intuitiv miteinander umgehen - ganz ohne Tastatur, Maus und Bildschirm.
Digitale Realität hinter der Wirklichkeit
Hinter der sichtbaren Wirklichkeit steht also eine digitale Realität. Diese besteht aus den Informationen über die Objekte bzw. den Menschen und den dauerhaften oder aktuellen Zusammenhängen mit der Umwelt.

Das heißt: eine Kaffeetasse weiß, dass sie leer ist und wieder gefüllt werden muss. Auf der Straße teilt das Handy mit, dass der Passant gegenüber ein Auto verkauft, das man sucht. Und beim kurzen Stehenbleiben vor einem Filmplakat werden Beginnzeit, die Information, in welchen Kinos der Film läuft, und auch der Film-Trailer auf den PDA übertragen.
Automatischer Austausch von Informationen
Die digitale Aura umgibt Mensch und Ding. Dabei werden die Informationen nicht aktiv abgefragt, sondern automatisch ausgetauscht. Dem Benutzer werden allerdings nur die relevanten Dinge mitgeteilt, der Rest soll gefiltert werden, ohne ihn zu stören.
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Funknetzwerke und Chips sorgen für die Hardware
Notwendige Hardware für die Auren sind heute bereits handelsübliche Funknetzwerke, die mittels Bluetooth oder WLAN-Technologie arbeiten. Wo es ein solches Netzwerk gibt, könnten mittels kleiner Chips die Informationen ausgetauscht werden. Je nach Größe des Senders liegt die Reichweite der digitalen Aura zwischen wenigen Zentimetern und mehreren Metern. Die "verchipten" Dinge selbst dienen dabei nur zur Steuerung, gespeichert sind die Informationen auf Servern.
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Entscheidend ist die Software
Wirklich entscheidend für die Umsetzung der Technik ist aber nicht die Hardware, sondern wie so oft die Software. Denn dass übertragen wird, ist noch nicht ungewöhnlich - wirklich schwierig ist die Frage, welche Dinge ohne aktive Abfrage gemeldet und sichtbar gemacht werden sollen.

Und welche Informationen sollen in der digitalen Welt unsichtbar bleiben - wo soll also die Grenzlinie zwischen digitaler und realer Wirklichkeit verlaufen? Die Lösung sind so genannte "Profile".
Das "Profil": Name, Kleidergröße, Aufenthaltsort ...
Die Linzer Informatiker haben dafür auf XML basierend eine Beschreibungssprache entwickelt, die verschiedenste Information beschreibt und damit den Informationsfluss steuert.

Bei Menschen wären das neben den wichtigsten konstanten Zustandsgrößen wie Name, Adresse oder Kleidergröße (mehr oder weniger konstant) auch veränderliche Daten und "kontextabhängige Informationen". Vor allem letztere sind enorm wichtig für die Steuerung. Dazu gehören Tausende Dinge, wie Raumtemperatur, aktuelle Uhrzeit, Ort, etc.
Problematisch: Die Datensicherheit
Problematisch bei der Umsetzung des Projektes ist die Datensicherheit. Denn ein System das dezentral arbeiten soll, muss die Daten auch dezentral speichern. Alle Daten müssen also von jedem Punkt aus abrufbar sein.

Im Prinzip sollte das dann nur durch mich - oder durch von mir autorisierte Geräte - passieren. Eine Garantie gibt es dafür aber keine. So wie auch heute schon unrechtmäßig auf Computer zugegriffen wird kennt auch die Zukunftsforschung kein Patentrezept für die Sicherheit, das müssen auch die Linzer Forscher eingestehen.

Ein Beitrag von Niki Popper für die Sendung "Modern Times" am Freitag, 23.5.2003, um 22.35 Uhr in ORF 2.
->   Modern Times
->   Institut für praktische Informatik der Universität Linz (Gruppe Software)
 
 
 
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01.01.2010