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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Wissenschaftler warnen: Korallenriffen droht das Ende  
  Die Korallenriffe der Erde gehen dramatisch zurück. Bereits ein Drittel ist ernsthaft geschädigt, warnen jetzt mehrere Forschergruppen. Bis zum Jahr 2030 könnten demnach 60 Prozent der riesigen, artenreichen Ökosysteme vernichtet sein. Und: Die rücksichtslose Ausbeutung der Korallenriffe ist durchaus keine Erscheinung des 20. Jahrhunderts, sondern hat bereits vor Tausenden von Jahren begonnen.  
Wenn sich das Blatt überhaupt noch wenden soll, muss der weltweite Schutz der Riffe auf eine ganz neue Basis gestellt werden, fordert etwa ein Forscherteam um Terry Hughes vom australischen Centre for Coral Reef Biodiversity im Fachmagazin "Science": 30 Prozent der Riffe sollten zu Reservaten gemacht werden.
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Der Artikel "Climate Change, Human Impact, and the Resilience of Coral Reefs" von Terry Hughes und Kollegen ist erschienen in "Science" vom 15. August 2003.
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Arbeit von Tausenden von Jahren in Gefahr
Bild: Terry Hughes
Korallenriffe werde von winzigen Hohltieren aufgebaut, deren kleine Skelette sich in Tausenden von Jahren zu riesigen Kalk-Gebirgen türmen. Die von ihnen gebildeten Ökosysteme gelten - neben dem tropischen Regenwald - als artenreichster Lebensraum der Erde.

Doch dank einer Kombination von Umweltverschmutzung, Klimaveränderungen, Überfischung und Krankheiten ist bereits mehr als ein Drittel ernsthaft beschädigt.

Zwar seien manche Riffe stabiler als andere, schreiben die Wissenschaftler in "Science": Ihren Ergebnissen zufolge zeigen schon heute einige Arten eine größere Toleranz gegenüber Klimaveränderungen und dem so genannten "Coral bleaching" als andere. Riffe werden also nicht völlig verschwinden, sondern sich ändern, meinen die Autoren.
''Tabuzonen'' als effektivster Schutz
Dennoch: Kein einziges Riff sei völlig sicher. Der prognostizierte Anstieg von Temperatur und Kohlendioxid über die kommenden 50 Jahre werde die Bedingungen, unter denen Korallenriffe eine halbe Million Jahre lang gediehen, völlig verändern.

Daher seien "Tabuzonen" der denkbar effektivste Schutz, weil sich das Leben in diese Refugien stabilisieren und von dort aus die Umgebung wiederbesiedeln könne, argumentieren die Forscher um Terry Hughes.
->   Centre for Coral Reef Biodiversity
Ausbeutung seit Jahrtausenden
 
Bild: Terry Hughes

So genannte scleractine Korallen sind heute Hauptbestandteil der meisten Korallenriffe.

Die rücksichtslose Ausbeutung der Riffe, vor allem durch die Überfischung und die damit verursachte Verzerrung der komplexen marinen Lebensgemeinschaften, ist allerdings keine Erscheinung des 20. Jahrhunderts, wie mancher glauben mag.

"Die meisten Riff-Ökosysteme wurden bereits vor 1900 substanziell degeneriert", berichtet Korallenexperte John Pandolfi vom National Museum of Natural History - Smithonian Institute in Washington ebenfalls in "Science".
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Der Artikel "Global Trajectories of the Long-Term Decline of Coral Reef Ecosystems" von John Pandolfi und Kollegen ist erschienen in "Science" vom 15. August 2003.
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Ökologische Geschichte der Riffe
Das Team um Pandolfi hatte die ökologische Geschichte von 14 über die ganze Welt verteilten Riffregionen untersucht.

Die darin lebenden Tiere und Pflanzen unterteilten die Forscher für ihre Studie in sieben Gruppen, darin unter anderem Seegräser, Planktonfiltrierer sowie große und kleine Raubfische. Das Ergebnis: Alle diese Gruppen leiden bereits, seit der Mensch vor Jahrtausenden aufgetaucht ist.

Den Untergang besiegeln könnten nun allerdings die jüngsten Probleme, meinen die Forscher. Sie geben den Korallenriffen wenig mehr als ein paar weitere Jahrzehnte - es sei denn, die Ökosysteme werden sofort und energisch vor dem Menschen geschützt.
->   National Museum of Natural History - Smithonian Institute
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Korallenriffe: Artenreicher Lebensraum
Korallenriffe gelten heute neben dem tropischen Regenwald als artenreichster Lebensraum der Erde. Über 400.000 Arten vermuten Wissenschaftler - die meisten davon sind Kleinlebewesen, die sich in den Kalk der Riffe bohren oder sicher vor Entdeckung in engen Spalten leben. Bekannt sind bis jetzt nur rund 60.000 Arten.

Die ersten Riffe entstanden bereits vor zwei Milliarden Jahren im Präkambrium: Cyanobakterien waren damals die Baumeister der so genannten Stromatolithen-Riffe. Die heute vorherrschenden scleractinen Korallen tauchen erst im Jura vor 190 Millionen Jahren als Baumeister auf. Trotz der größeren Vielfalt an riffbildenden Organismen waren die Rahmenbedingungen für die Entstehung von Riffen aber stets die gleichen: flaches, klares und warmes Wasser.
->   Mehr Informationen über Riffe in www.riffe.de
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Dramatischer Rückgang der Korallen in der Karibik
Bild: Terry Hughes
Unter anderem schwer getroffen ist die gesamte Karibik, wie eine weitere Forschergruppe in "Science" berichtet. Die Wissenschaftler um Toby Gardner von der School of Biological Sciences der University of East Anglia (Großbritannien) beziffern den Verlust der Korallen dort auf bis zu 80 Prozent in den vergangenen 30 Jahren.

Für die Studie werteten die Forscher Daten von 65 Einzeluntersuchungen zu 263 Korallenriffen in der gesamten Karibik aus.

"Obwohl sich die Verlustrate im vergangenen Jahrzehnt etwas verlangsamt hat, hält der Trend an", heißt es in "Science". Damit seien die Riffe der Region bereits so weit geschwächt, dass sie sich auf künftige Veränderungen der Umwelt womöglich gar nicht mehr einstellen könnten.
->   School of Biological Sciences
->   Alles zum Stichwort Korallen in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010