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Forum Alpbach: Grenzen der Vorhersagbarkeit  
  Wie genau und unter welchen Umständen kann man künftige Ereignisse vorhersagen? Darüber diskutierten beim Forum Alpbach in Tirol der österreichische Quantenphysiker Anton Zeilinger und der britische Philosoph John Dupre.  
Klassische Physik: alles ist vorhersagbar
Bis zum Beginn des vorigen Jahrhunderts galt nicht nur in den Naturwissenschaften der Grundsatz: für jedes Ereignis gibt es eine eindeutige Ursache, so Anton Zeilinger. Umgekehrt galt auch: Wenn man die Ausgangsbedingungen und die Naturgesetze kannte, so konnte man auch jedes Ereignis vorhersagen.
Moderne Physik: Nichts ist vorhersagbar
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts änderte sich das grundlegend: Die Quantenphysik lehrte, dass ein singuläres Ereignis auch bei genauester Kenntnis aller Umstände nicht vorhersagbar sein konnte.

Zeilinger nennt als Beispiel den Zerfall eines Atoms: Man wisse zwar genau, wie es zerfällt. Kein Mensch könne aber sagen, wann das passiert. "Das weiß nicht einmal das Atom selbst." Die mangelnde Vorhersagbarkeit von Ereignissen sei eine der wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse, so Zeilinger.
Verlässlich ist nur der Mensch
John Duke nähert sich der Frage auf zwei Ebenen: jener der Naturgesetze und jener der menschlichen Rationalität.

Auf der Ebene der Naturgesetze kommt auch er zu dem Schluss, dass nichts präzise vorhersagbar sei. Schlicht aus dem Grund, dass selbst geringste Abweichungen in den Ausgangsbedingungen große Abweichungen im Endergebnis haben können.
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"Eine Maschine trifft mich nicht in London"
"Ich kann mit einem Menschen hier in Alpbach vereinbaren, dass wir uns in einem Jahr in einer Bar in London treffen. Und ich weiß aus Erfahrung, dass das dann klappt", sagt Dupre. "Sie können aber keine Maschine konstruieren, die von hier losfährt und mich in einem Jahr in einer bestimmten Bar in London tatsächlich auch trifft."
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Ordnung kommt durch den Menschen
Wir leben in einem System von Unordnung und Ungewissheit, so Dupre. Und nur der Mensch schafft Inseln der Ordnung - Dupre spricht von "pockets of order". Das sei der Ausdruck menschlicher Selbstbestimmung: Nicht Getriebene der natürlichen (Un)Ordnung zu sein, sondern selbst Quelle für Ordnung (und Vorhersagbarkeit).
Zeilinger: Ungewissheit erhöht die Spannung
Menschen lehnen Ungewissheit üblicherweise ab, sie können damit nicht umgehen, sagt Anton Zeilinger. Doch gerade das mache das Leben ja erst interessant. Zeilingers Leitspruch: "Ich wäre sehr überrascht, wenn mich die Zukunft nicht sehr überraschen würde."

Franz Simbürger, Ö1-Wissenschaft
->   Europäisches Forum Alpbach 2003
->   Mehr über das Forum Alpbach 2003 in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010