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Besser sehen als hören  
  Viele mögen das Phänomen kennen: Wer beim Telefonieren die Brille nicht aufhat, hört schlecht. Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass die Richtung, in die die Augen schauen, die Signale im Gehirn verändert, die durch Töne verursacht werden.  
"Das, was wir hören, und das, was wir sehen, miteinander in Verbindung zu bringen scheint ein wesentlich tiefgründigerer Prozess zu sein, als wir bisher angenommen haben", meint Jennifer Groh, Leiterin der Forschungen am Center for Cognitive Neuroscience in New Hampshire.
Sich ein Bild von der Welt machen
Die Forschungsergebnisse, die in der Zeitschrift "Neuron" veröffentlicht wurden, sollen verstehen helfen, wie sich das Gehirn das Bild von der Außenwelt zusammensetzt.

Wenn wir das Telefon klingeln hören, vergleicht unser Gehirn die verschiedenen Geräusche, die an jedem Ohr ankommen. Damit will es herausbekommen, woher das Geräusch kommt. Aus der Position der Ohren und des Kopfes berechnet das Gehirn, wo sich das Telefon befindet.

"Allerdings können sich die Augen unabhängig vom Kopf bewegen", erklärt Groh. "Unsere verschiedenen Sinne bekommen verschiedene Ansichten von der Welt mit - einerseits auf Grund der Position des Kopfes und andererseits von der Blickrichtung der Augen - und unser Gehirn vergleicht diese beiden Informationen und versucht daraus ein kohärentes Bild zu gestalten."
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Die Versuchsanordnung
Um herauszubekommen, an welcher Stelle im Gehirn sich die beiden Versionen zusammenfügen, dressierten die Forscher Affen dazu, geradeaus, nach rechts oder nach links zu schauen, während sie in einem Halbkreis von Sprechern saßen. Das Team maß die Signale, die der Colliculus inferior aussendete, der Teil des Gehirns, der die Informationen von den Ohren zu den Geräusche verarbeitenden Zentren weitergibt.
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Was wir hören, ist, was wir sehen
Bei einem Drittel der Nervenzellen rief dasselbe Geräusch eine unterschiedlich hohe Impulsrate hervor, je nachdem, in welche Richtung die Augen gerichtet waren. "Das hat uns erstaunt", sagte Groh. "Denn normalerweise geht man davon aus, dass der Colliculus inferior nicht an komplexeren Aufgaben wie der Koordination von Gehör und Sehen beteiligt ist."

"Das ist der erste Bericht darüber, dass die Position der Augen das Hören schon an einer derart frühen Stelle beeinflusst", stimmt dem der Neurobiologe Eric Knudsen zu, der an der Stanford University über die Lokalisierung von Geräuschen arbeitet.

"Man weiß schon lange, dass das, was wir sehen, das, was wir hören, beeinflussen kann", sagt Knudsen.
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Bauchredner und Kinofilme
Klassisches Beispiel hierfür ist das Bauchreden. Das Gehirn wird dahingehend überlistet, dass es glaubt, die Stimme käme von einer Puppe. Denn wir sehen, wie sich der Mund der Puppe bewegt.

Der Ton bei Kinofilmen ist ein anderes Beispiel für diese Art der Illusion. Der Soundtrack kommt aus den Lautsprechern an der Seite des Kinosaals. Wir aber nehmen die Stimmen wahr, als kämen sie von den Darstellern auf der Leinwand.
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Veränderte Augenposition oder veränderte Aufmerksamkeit?
Wenn der Colliculus inferior tatsächlich Sicht und Ton zusammensetzt, warum werden dann die anderen zwei Drittel der Nervenzellen nicht auch durch die Position der Augen stimuliert, fragt Knudsen. Seine Vermutung: Die Veränderung der Aktivität könnte eher Ergebnis der veränderten Aufmerksamkeit als der Augenposition sein, meint er.

(red)
->   Neuron
 
 
 
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01.01.2010