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Vor Parlaments-Enquete: Ist Leben patentierbar?  
  Seit Jahren findet eine heftige Diskussion rund um die Biopatentrichtlinie der EU statt. Im Mittelpunkt der Kontroverse steht die Frage nach der Patentierbarkeit von Leben, so auch bei einer parlamentarischen Enquete am 8. Oktober in Wien. Der Lebensmittel- und Biotechnologe Albert Karsai beschreibt in einem Gastbeitrag für science.ORF.at in Kooperation mit "dialog<>gentechnik" den Status Quo der Biopatent-Diskussion.  
Biopatente
Von Albert Karsai, dialog<>gentechnik

Ist Leben patentierbar? Diese Frage steht im Mittelpunkt der seit Jahren andauernden Diskussionen um die Biopatentrichtlinie der EU. Im Jahr 1998 als Richtlinie 98/44/EG "zum Schutz biotechnologischer Erfindungen" vom Europäischen Parlament beschlossen, haben sie bislang erst fünf Staaten (Irland, England, Dänemark, Finnland, Griechenland) im nationalen Recht verankert. Dabei wäre die Frist für die nationale Umsetzung Juli 2000 gewesen.
Patentierung lebender Organismen
Im Mittelpunkt der Kontroverse steht dabei die Möglichkeit, lebende Organismen oder auch Teile davon patentieren zu lassen, wenn auch nur unter bestimmten Voraussetzungen: so werden Patente nur in Verbindung mit einer konkreten Anwendung erteilt, und die Anwendung darf weder gegen bestehende Gesetze noch gegen die "öffentliche Ordnung" und die "guten Sitten" verstoßen.

Doch allein die Tatsache, dass rein rechtlich auch lebende Organismen als Teil der Technik gelten, lässt in vielen Menschen Unbehagen aufkommen. So war einer der Hauptforderungen des Gentechnik-Volksbegehrens von 1997, dass es keine "Patente auf Leben" geben dürfe.
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Grundsätzlich patentierbar
Rein rechtlich sind auch lebende Organismen Teil der Technik und können damit grundsätzlich patentiert werden. Dies hat bereits 1969 der deutsche Bundesgerichtshof in einer vielbeachteten Grundsatzentscheidung festgehalten. Sogar DNA-Sequenzen, die mit menschlichen Genen ident sind, können demnach durch das Patentrecht geschützt werden. Der Mensch und seine Bestandteile bleiben dennoch unter allen Umständen von den Wirkungen eines Patents unberührt: in ihrem natürlichen Zustand sind DNA-Sequenzen und damit auch das menschliche Genom in seiner Gesamtheit nicht patentierbar.
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Richtlinie hat noch keine rechtliche Kraft
Die EU-Biopatent-Richtlinie hat an sich keine rechtliche Kraft, sie muss zuerst in die Gesetzgebungen der einzelnen Mitgliedsländer aufgenommen werden.

Dennoch erteilt das Europäische Patentamt (EPA) laufend Patente auf der Basis dieser Richtlinie. Laut dem Jahresbericht des EPA wurden im Jahr 2002 4.427 Anträge im Bereich Biochemie/Gentechnik gestellt.
->   Europäisches Patentamt
Beschluss in Österreich verschoben
In Österreich hätte die Biopatent-Richtlinie bereits im Juni 2000 beschlossen werden sollen. Zuvor hatten die Niederlande im Oktober 1998 wegen ethischer Bedenken eine Klage beim Europäischen Gerichtshof eingebracht, die erst Ende 2001 abgewiesen wurde.

Der EGH begründete seine Entscheidung damit, dass die Richtlinie nicht gegen ethische Grundsätze verstoße. Aufgrund der erbitterten Diskussionen innerhalb von Österreich wurde der Beschluss zur Umsetzung der Richtlinie verschoben und vom Bundeskanzler im Juni 2001 die Bioethik-Kommission unter dem Vorsitz von Univ. Prof. DDr. Johannes Huber eingesetzt.
Bioethik-Kommission empfiehlt Umsetzung
Im März 2002 wurde der Bundesregierung von der Bioethik-Kommission die Umsetzung der Biopatentrichtlinie empfohlen und damit die Diskussion neu angeheizt.

Nach einem Vier-Parteien-Antrag im Parlament wurde die Abhaltung einer parlamentarischen Enquete zu diesem Thema beschlossen. Als Termin für diese Enquete wurde mittlerweile der 8. Oktober 2003 fixiert.
->   Pressemitteilung des Bundeskanzleramtes zur Empfehlung der Bioethik-Kommission, die Richtlinie umzusetzen
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Parlamentarische Enquete
Enquete-Kommissionen sind einberufene Beratungseinrichtungen, in denen Abgeordnete gemeinsam mit nicht dem Parlament angehörenden Sachverständigen ein von der Regierung übertragenes Thema bearbeiten. Ihre Aufgabe besteht grundsätzlich darin, zu diesem Thema das relevante Material möglichst umfassend zusammenzutragen und dadurch gesetzgeberische Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe vorzubereiten. Die eigentliche Arbeit einer Enquete-Kommission liegt deshalb zum einen in der Informationsgewinnung, zum anderen in der abschließenden Verarbeitung dieser Informationen in Form eines Abschlussberichts.
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Chancen und Risiken
Die Enquete vom 8. Oktober läuft unter dem Titel "Die Umsetzung der EU-Biopatentrichtlinie 98/44/EC - Chancen und Risiken". Gegenstand der Beratungen sind u.a. der Umsetzungsstand der Richtlinie in den Mitgliedsstaaten, die Umsetzung in nationales Recht, die Auswirkungen auf die medizinische und pharmazeutische Forschung sowie ethische Aspekte.

Neben Vertretern der einzelnen Parlamentsfraktionen kommen Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, den Kirchen und NGOs zu Wort.
->   Positionspapier zur Biopatentrichtlinie des "Forum österreichischer Wissenschaftler für Umweltschutz"
->   "Wem gehört das Genom?" - ein Aufsatz von Joseph Straus vom Münchner Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht
->   "Patente auf Lebewesen" - GEN-AU, Genomforschung Österreich
->   ÖGGGT - Factsheet zur Biopatentrichtlinie
->   Greenpeace
 
 
 
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01.01.2010