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Avatare erobern das Netz  
  Künstliche Figuren mit menschlichen Zügen sind bereits seit einiger Zeit auf Websites von 3D-Animationsagenturen aufzuspüren. Die Experten sind sich sicher: Was die Multimedia- und Internetwelt heute mit den Avataren auf die Beine stellt, ist erst der Anfang einer Entwicklung, die in den kommenden Jahren weiter an Dynamik gewinnen wird.  
Menschen brauchen Visualisierungen. Auch im Internet suchen sie andere Menschen. Avatare sind deren Stellvertreter, die ihrem Aussehen nach an Menschen erinnern.

"Das Interface der Zukunft sollte eigentlich ein Avatar sein", meint der Computergraphik-Experte Michael Gervautz. "Denn dann könnten die Benutzer problemlos ihre Kommunikationsfähigkeiten anwenden."
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Flirtboat
Auf dem Flirtboat tummeln sich 15.000 Avatare. Sie flirten miteinander, reden, knüpfen Kontakte. Jeder Avatar hat seine eigene Persönlichkeit, die sein Benutzer geschaffen hat. Wenn der Benutzer nicht am Computer ist, flirten die Avatare weiter - sie führen ihr Eigenleben.
->   Flirtboat
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Flirtboat ist nur eine Anwendung der neuen Avatar-Technologie. Avatare sind digitale Wesen, die den Benutzer in der virtuellen Welt repräsentieren.

Avatare sind im Trend: Die virtuellen Charaktere sind die Hauptfiguren in Spielwelten, Stars der Werbeindustrie und von Videoclips. Allen voran natürlich Lara Croft, die Heldin aus dem Spiel Tomb Raider.
Lara Crofts Welt

"Es hat nicht mit Lara Croft begonnen, sondern mit der Erschaffung des David von Michelangelo", sagt Gervautz von der Technischen Universität Wien. "Das ist der Drang des Menschen, den Menschen wieder zu erschaffen.

Lara Croft hat allerdings die kommerzielle Ebene eröffnet. Sie war der erste Avatar, der von der Spielwelt in andere Welten wanderte."
->   Lara Croft

 


Für die Haare reicht der Computer nicht
Das Aussehen der Avatare wird immer perfekter. Probleme bereitet allerdings die detailgetreue Modellierung von zwei Bereichen: die Haare und die Schulter.

"Die Simulation von Millionen von Einzelhaaren ist derzeit noch ein unlösbares Rechenproblem", sagt der 3D-Artist Wolfgang Hilbert vom Virtual Reality Center in Wien. "Es krankt an der Kapazität der Rechner".

Und bei der Schulter müssen Haut und Knochenstruktur, die ganze Mechanik, aufwendigst rekonstruiert werden. Synchrone Mundbewegungen beim Sprechen sind ebenfalls eine große Herausforderung.
Sprachlose Wesen
Um Avatare zum Sprechen zu bringen, ist noch ein großer Forschungsaufwand nötig. Gestik, Mimik, Sprachmelodie oder die Distanz der Sprechenden - dafür gibt es keine universellen Grundparameter.

"Kommunikation ist kulturspezifisch. Lächeln kann der Grundpegel eines Gespräches sein oder ausgeprägte Fröhlichkeit bedeuten", sagt Brigitte Krenn vom Österreichischen Forschungsinstitut für Artificial Intelligence (ÖFAI). Im weltweiten Cyberspace werden diese Unterschiede zum Problem.

Aber auch die Sprachsynthese selbst funktioniert nur in ganz begrenzten Bereichen. Krenn bereitet derzeit ein umfangreiches Projekt zur Verknüpfung von grafischer Realisierung und Sprache vor.

 


Intelligente Assistenten
Die Einsatzgebiete von Avataren sind grenzenlos: Sie helfen derzeit schon als digitale Assistenten beim Einkauf im Internet, moderieren Fernsehnachrichten und führen durch Internet-Seiten von Unternehmen.

Ein amerikanischer Softwareentwickler hat einen Avatar erschaffen, der tauben und schwerhörigen Kindern am Computer hilft, die Zeichensprache zu erlernen. Avatare können den Benutzer aber auch über virtuelle Räume hinweg begleiten.

"Mein persönlicher Avatar könnte mich zum Beispiel im Hotel in einem fremden Land begrüssen, mir beim Geldbeheben behilflich sein und mich bei Behördengängen führen. Er könnte auf meine Bedürfnisse maßgeschneidert sein: je nach Wunsch knappe oder ausführliche Dialoge anbieten." Paolo Petta vom ÖFAI sieht den Avatar der Zukunft als intelligentes Wesen: Er kann über die Zeit hinweg Erfahrungen sammeln und maschinell lernen.
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Austropolis
Avatare sind deshalb auch für die Politik interessant. In dem Spiel Austropolis diskutieren Avatare miteinander, führen Volksabstimmungen durch und organisieren Demonstrationen. "Der Prozess der politischen Meinungsbildung kann hier sehr gut studiert werden", meint Christoph Hofinger, der als Politberater arbeitet. "Denn hinter den Avataren stehen die Einstellungen der Benutzer."
->   Austropolis
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Avatare des 21. Jahrhunderts
"Avatare übernehmen immer mehr Funktionen, die mit dem wirklichen Leben zu tun haben. Sie können Informationen einholen, während ich offline bin", sagt Christoph Hofinger von Sysis. "Die Avatare alten Typs waren einfach Ausführende. Die Avatare des 21. Jahrhunderts werden gebrieft, sie werden erzogen und sie lernen von alleine."

Beim Aussehen nehmen Avatare Entwicklungen des 21. Jahrhunderts vorweg. "Immer mehr Menschen gestalten sich selbst - mit Schönheitsoperationen bis hin zu Psychoseminaren. So werden auch die Avatare der Zukunft aussehen: eine realistische, aber doch verfeinerte Persönlichkeit des Benutzers".

Eine Dimensionen-Sendung von Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
->   Forschungsschwerpunkt am MIT
->   Schwerpunkt am University College London
 
 
 
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01.01.2010