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Künstliches Kiefergelenk aus Stammzellen  
  Zum ersten Mal ist es gelungen, aus adulten Stammzellen Knochen und Knorpelgewebe zu züchten, die zu einem Gelenkskopf eines menschlichen Kiefergelenks geformt werden können. Diese Technik könnte in Zukunft dazu benutzt werden, durch Unfall oder Krankheit beschädigte Kiefer-, Knie- oder Hüftgelenke zu ersetzen.  
"Wir konnten tatsächlich aus einer einzigen Population von adulten Stammzellen Knochen- und Knorpelmaterial züchten", so Jeremy Mao, Bioingenieur und Direktor des "Labor for tissue engineering" der University of Illinois in Chicago.
Der Gelenksteil aus der Retorte
Die Wissenschaftler konnten nicht nur die benötigten Gewebsformen züchten, sondern diese auch zu der Kugelform eines Gelenkskopfes formen.

"Wir wollen einen Gelenkskopf schaffen, der aus biologischer Sicht lebensfähig ist. Eine Konstruktion aus lebendem Gewebe, die sich in bestehende Knochenstrukturen einfügt und die selben Funktionen übernehmen kann, wie es ein natürlich gewachsener Gelenksteil auch tun würde", erklärt Mao in einer Aussendung.
Vom Bindegewebe bis zum Knochen
Für die Herstellung des Gelenkskopfes benutzten die Forscher adulte mesenchymale Stammzellen, die aus dem Knochenmark von Ratten entnommen wurden.

Mesenchymale Stammzellen sind pluripotent. Das heißt, sie können sich zu verschiedenen mesodermalen Zellarten - wie Knochen-, Knorpel-, Bindegewebs-, Fett- oder Muskelzellen - entwickeln. Ein ganzer Organismus - wie im Falle einer so genannten omnipotenten Zelle - kann daraus nicht mehr werden.
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Mesenchymale Stammzellen
Humane mesenchymale Stammzellen sind aufgrund ihrer hohen Proliferationsrate ideal für Ersatzverfahren im Rahmen des Tissue Engineering geeignet. Diese adulten Stammzellen können als Zellgemisch aus Knochenmark gewonnen werden, wobei der charakteristische Nachweis einer einzelnen Zelle nicht möglich ist, da kein Marker zur definitiven Identifizierung bekannt ist. Deshalb erfolgt bis heute die Charakterisierung aufgrund der hohen Zellteilungsrate (Proliferationspotential) und der Plastizität (Möglichkeit zur Differenzierung in verschiedene Gewebstypen).
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Eingekapselt und geformt
Mit Hilfe von Wachstumsfaktoren und anderen Substanzen wurden die mesenchymalen Stammzellen dazu gebracht, sich in eine Zellform zu entwickeln, aus der Knorpel- und Knochenmaterial entsteht.

Diese "neuen" Zellen wurden dann in zwei miteinander verbundenen Schichten geteilt und in ein biologisch verträgliches Gel eingekapselt. So verpackt konnten die Zellen an Hand einer Gussform, die von einem menschlichen Kiefergelenkskopf abgenommen wurde, in die gewünschte Gestalt gebracht werden.
"Echte" Knochen und Knorpel
Nach einigen Wochen hatte das Gewebskonstrukt tatsächlich die modulierte Form des menschlichen Unterkiefer-Gelenkskopfes angenommen. Auf einer knochenähnlichen Gewebsschichte hatte sich eine Schicht Knorpel gebildet - genau so wie bei einem natürlich gewachsenen Gelenksteil.

Bei weiteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass es sich tatsächlich um Knochen- und Knorpelmaterial handelte, mit den für beide Gewebearten typischen Aufbau. Der Knochen bestand aus einer kollagenen Matrix mit Kalzium-Einlagerungen. Der Knorpel aus einer Mischung von Kollagen und großen Bestandteilen von Proteoglycans - einer wasserspeichernden Substanz.
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Tissue Engineering
Tissue Engineering bedeutet die Züchtung von lebendem menschlichem Gewebe im Labor. Lebende gesunde Zellen werden dem Körper entnommen, in hoch spezialisierten Labors durch natürliche Teilungsprozesse vermehrt und anschließend dem Patienten wieder transplantiert. Dabei kommen komplett lebende Gewebeersatzmaterialien, bestehend aus patienteneigenen Gewebe-bildenden Zellen und einer für die Zellen vitalen Gerüstsubstanz (Matrix) zum Einsatz.
->   Mehr Informationen über Tissue Engineering
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Versprechen für die Zukunft
"Natürlich wird es noch eine Weile dauern, bis die neuen Gelenksköpfe für den therapeutischen Einsatz bereit sind. Trotzdem könnte diese Methode in Zukunft zur Standardanwendung bei totalem Hüft- oder Kniegelenksersatz werden" schließt Mao.
->   University of Illinois at Chicago
->   Biologie der Stammzellen (Universität Zürich)
->   Mehr über Stammzellen in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010