Host-Info
Heinz Slupetzky
Fachbereich für Geographie und Geologie der Universität Salzburg
 
ORF ON Science :  Heinz Slupetzky :  Umwelt und Klima 
 
Wie steht es um Österreichs Gletscher?  
  Die heißen Temperaturen des Juni haben Österreichs Gletschern ziemlich zugesetzt. Zur Zeit gibt es eine Abkühlung in den Höhenlagen - eine kleine Verschnaufpause für die Eismassen im Hochgebirge. Ich habe vor wenigen Tagen die Pasterze in Kärnten und das Stubacher Sonnblickkees im Land Salzburg besucht. Bis Ende Sommer berichte ich vom aktuellen Zustand der beiden Gletscher.  
Gletscherzunge beeinträchtigt durch Juni-Hitze ...
Der heiße Juni, der alle Temperaturrekorde gebrochen hat, zusammen mit dem schon sehr warmen Mai hat zu einer raschen Abschmelzung der Schneedecke auf den Gletschern geführt. Dort, wo die Winterschneedecke schon völlig verschwunden ist, wie an der Gletscherzunge der Pasterze, geht es an die "Substanz": Das Eis schmilzt stark ab.
... und Wüstenstaub von vorigem Jahr
Bild: Heinz Slupetzky
Der Wüstenstaub vom 16.November 2002 färbt die Schneeoberfläche ocker-braun.
Verstärkt hat das Abschmelzen der Wüstenstaub, der im November des Vorjahrs bei den starken Stürmen - mit großen Waldschäden im Pinzgau - auf der Schneedecke abgelagert wurde, und der nun an der Schneeoberfläche liegt. Die intensive braun-ocker-Farbe führt zu einer größeren Abschmelzung als normal.

Überdies war der Winter eher schneearm, sodass im Mai der Schnee weniger hoch lag als sonst.
Ausbleiben der Schafskälte
Im Juni gab es nicht wie sonst Kaltlufteinbrüche, bei denen es zu kühlen Witterungsperioden kommt und es im Hochgebirge schneit, sodass die Neuschneedecke die Abschmelzung unterbricht. So fehlte heuer z. B. die sonst verlässliche "Schafskälte".
Gletscherzunge schmilzt seit Mai
Der Zustand der Pasterze zur Zeit ist folgendermaßen: Schon Anfang Mai, das ist ungewöhnlich früh, war an der Gletscherzunge der Pasterze der Winterschnee abgeschmolzen, sodass im ganzen Mai und Juni auf der vier Kilometer langen Gletscherzunge fast ununterbrochen das Eis abschmolz.
Schnee-Gletscher-Grenze in 2.900 Meter Höhe
Bild: Heinz Slupetzky
Die Pasterze gegen den Johannisberg.
Jetzt, Anfang Juli, findet bis oberhalb des so genannten Hufeisenbruches Eisabschmelzung statt. Umgekehrt betrachtet hat sich die Grenze zwischen der Bedeckung mit Altschnee und dem blanken ("aperen") Gletscher bis auf eine Seehöhe von 2.900 Meter zurückgezogen.

In manchen Jahren gab es diese Situation erst Ende September. Wenn die Pasterze heuer nicht an Masse verlieren soll, dürfte ab jetzt kein Eis mehr abschmelzen und müsste die jetzt im Nährgebiet liegende Altschneemenge (der Rest vom Winterschnee) verbleiben.
Das Stubacher Sonnblickkees bei der Rudolfshütte jetzt
 
Bild: Heinz Slupetzky

Beim Stubacher Sonnblickkees sind die aperen Eisbuckel und die Altschneeflecken zu sehen (Stand der Ausaperung Anfang Juli 2003).

Das Auffälligste am Stubacher Sonnblickkees ist die intensive Färbung der Schneeoberfläche am Gletscher sowie die Tatsache, dass schon viele Stellen aper, d.h. schneefrei sind und hier das Eis abschmilzt. Dieser "Stand der Ausaperung" ist allein gegenüber dem Vorjahr um drei Wochen früher eingetreten.

Das Sonnblickkees hätte, wenn man den jetzt noch am Gletscher liegenden Altschnee mit der bisherigen Eisabschmelzung aufrechnet, gerade noch einen positiven Haushalt; etwa 0,5 Mio. Kubikmeter wäre der derzeitige Massengewinn. Aufgrund der bisherigen starken Schnee- und Eisschmelze ist der derzeitige Seestand des Weißsees, in dem der Abfluss gespeichert wird, heuer um fünf Meter höher als im Vorjahr - und sogar um zwölf Meter höher als vor zwei Jahren.
Aktuell: Schneefall bis 2.100 Meter
Die allerjüngste Entwicklung: Exakt mit Monatsbeginn gab es eine Umstellung der Wetterlage mit Zufuhr kühler Luft und Abkühlung in allen Höhenlagen. Es schneite im Hochgebirge seit langem wieder einmal, bei der Rudolfshütte (2.315 m) bis 2.100 m herab.

Da der Gletscher bei 2.500 m endet, war er zur Gänze mit zehn bis 15 cm Neuschnee bedeckt. Dies unterbricht die Abschmelzung des Gletschers für Tage und, wenn es weiter kühl bleibt, auch länger. Noch ist es ein Tropfen auf den heißen Stein, sprich kalten Gletscher, aber immerhin!
Wie kann es weitergehen?
Keiner weiß, wie das Wetter im "eigentlichen" Sommer sein wird. Wenn er kühl und verregnet sein sollte, wird das trotzdem nicht reichen, die Gletscher heuer vor einem Massenverlust zu bewahren.

Wird er nur durchschnittlich warm wie in den letzten Jahren, so kann es einen erheblichen Massenverlust der Gletscher - und damit auch Längenverlust der Gletscherzungen - geben. Wenn der Hochsommer heiß und der Spätsommer auch noch warm wird, ist ein starker Massenverlust der Alpengletscher unaufhaltbar.

Wie es weitergeht/gegangen ist, berichte ich in etwa zwei Wochen.
 
 
 
ORF ON Science :  Heinz Slupetzky :  Umwelt und Klima 
 

 
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