Host-Info
Heinz Slupetzky
Fachbereich für Geographie und Geologie der Universität Salzburg
 
ORF ON Science :  Heinz Slupetzky :  Umwelt und Klima 
 
Die "Hundstage" haben sich drastisch auf die Gletscher ausgewirkt  
  Die heiße Witterung aufgrund des beständigen Hochs mit Rekordtemperaturen in Europa, großer Trockenheit und maximaler Abschmelzung der Gletscher hat zu einem raschen Substanzverlust an Eis geführt. Die Nullgradgrenze ist noch höher, zeitweise auf 5.000 Meter, geklettert. Und nach wie vor ist es auch in der Nacht im Gebirge sehr warm, sodass auch dann nicht der Schmelzprozess unterbrochen ist.  
Die Gletscher sind grau und schmutzig und bis über 3.000 Meter Seehöhe ausgeapert, d.h. nahezu schneefrei. An der Eisoberfläche schießen zahlreiche Bäche talab, die Wasserführung der Gletscherbäche erreicht Rekordwerte.
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Gletscher-Tagebuch in science.ORF.at
Seit Anfang Juli berichtet Heinz Slupetzky für science.ORF.at über den Zustand der österreichischen Gletscher:
Die Hundstage setzen den Gletschern zu (29.7.03)
Kurze Abschwächung der Gletscherschmelze (21.7.03)
Wie steht es um Österreichs Gletscher? (8.7.03)
Mehr über das Gletscher-Tagebuch in science.ORF.at (3.7.03)
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Kraftwerk-Zufluss fast nur von Gletschern
 
Bild: Hans Wiesenegger, Hydrographischer Dienst des Landes Salzburg

Die Gletscherbäche führen kontinuierlich Hochwasser (hier beim Sonnblickkees).

Der Speicher Weißsee der ÖBB bei der Rudolfshütte ist seit 4. August voll, die Kraftwerke in den Alpen profitieren vom Schmelzwasser; nahezu der Gesamte Zufluss kommt derzeit nur von den Gletschern und kaum von Niederschlags- und Quellwasser.

Noch in Salzburg beträgt der Anteil von Gletscherwasser ca. 40 Prozent, wie der Hydrographische Dienst des Landes Salzburg weiß - nur dadurch kann das Ausflugsschiff Mozart problemlos fahren.
Das Stubacher Sonnblickkees: Nahezu Rekordverlust
Bild: Hans Wiesenegger, Hydrographischer Dienst des Landes Salzburg
Stubacher Sonnblickees. Der Gletscher ist völlig auspeapert und es ist fast kein Winterschnee mehr zurückgeblieben. An diesem Gletscher misst Heinz Slupetzky, Uni Salzburg, seit 1960 die Massenbilanz.
Die Erfahrung, Vergleiche mit früheren Jahren und aktuelle Beobachtungen lassen grob abschätzen, wie es dem Sonnblickkees ergangen ist.

Der Gletscher hat in der letzten Zeit ca. 2,2 Millionen Kubikmeter an Masse verloren, das ergibt derzeit eine negative Massenbilanz von 3,0 Millionen Kubikmeter. Eine Eisschicht von 2,2 Meter über den ganzen Gletscher ist abgeschmolzen!

Mit 2,2 Meter ist der bisherige größte Verlust im Jahr 1992 von 2,4 Metern nahezu erreicht. In wenigen Tagen wird durch die andauernde starke Schmelzung der heurige Massenverlust zum größten innerhalb der Messreihe seit 1959.
Wie kann es weitergehen?
Bild: Hans Wiesenegger, Hydrographischer Dienst des Landes Salzburg
Auf den Gletscheroberflächen schießen unzählige Bäche talab.
Sollte die Hitzewelle in den nächsten Tagen durch eine Gewitterfront bzw. einen Kaltlufteinbruch gebrochen werden, so ist die Abschmelzphase bei den Gletschern noch nicht vorbei.

Sind auch nicht mehr so lange heiße Perioden zu erwarten, so ist auf jeden Fall in den verbleibenden Wochen bis weit in den September hinein, selten auch bis Oktober, mit einer - wenn auch verringerten - Abschmelzung zu rechnen. Nur sehr unbeständiges, regnerisches und kühles Wetter ab jetzt könnte jene Neuschneefälle im Gebirge bringen, die einen weiteren wesentlichen Substanzverlust verhindern.
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Rekordverlust: Wahrscheinlichkeit ohne weiteres gegeben
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Stubacher Sonnblickkees heuer einem absoluten Rekordverlust seit über 50 Jahren entgegen geht und damit das Jahr 1947 mit einem durchschnittlichen Verlust von 2,7 m Eis über die ganze Gletscherfläche übertroffen wird, ist ohne weiteres gegeben.
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Längenverlust steht Ende des Sommers fest
Bild: Hans Wiesenegger, Hydrographischer Dienst des Landes Salzburg
Das Stubacher Sonnblickees: Die Gletscher sind heuer schmutziggrau und nur mehr schlecht von der Felsumgebung zu unterscheiden.
Der jährliche Massenverlust betrifft immer das gesamte Volumen des Gletschers, die Längenänderung nur eine Dimension. Um wie viel die österreichischen Gletscher kürzer sein werden, wird erst nach den Messungen im Rahmen des Alpenverein-Messprogrammes am Ende des Sommers feststehen (sie werden im März 2004 in den OeAV-Mitteilungen veröffentlicht).

Aus hochaktuellem Anlass ist eine Vermessung des Sonnblickkees durch Bildflug Fischer, Klagenfurt, geplant, um dieses Extrem-Naturereignis bei diesem Testgletscher zu dokumentieren.
Bilanz zum "Gletscher-Schicksalsjahr" im September
Für die Gletscherforscher bleibt es weiter spannend, aber auch die Öffentlichkeit verfolgt immer aufmerksamer die Ereignisse. Spätestens Mitte September kann eine erste vorläufige Bilanz über das "Schicksalsjahr der Gletscher 2003" gezogen werden.
->   Alles zum Stichwort Gletscher in science.ORF.at
 
 
 
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