Host-Info
Otto H. Urban
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Universität Wien
 
ORF ON Science :  Otto Urban :  Wissen und Bildung 
 
Das Heidentor und sein römischer Pate  
  Die archäologischen und bauhistorischen Untersuchungen des Carnuntiner Heidentores haben erbracht, dass das Janus-Quadrifrons in Rom praktisch nach dem gleichen Baumaß wie das Heidentor konstruiert worden ist. Die Ergebnisse wurden im neu erschienenen Carnuntum Jahrbuch veröffentlicht.  
Archäologische Ergebnisse
Die archäologischen Untersuchungen im Bereich des Heidentores von Carnuntum haben nach Prof. W. Jobst, dem Projektleiter und Direktor des Museums Carnuntinum, die exakten Ausmaße erbracht.

Der Grundriss beträgt 16 x 16 m. Die Seitenlänge der vier quadratischen Pfeilerfundamente beträgt 20 römische Fuß (d. h. 6 m). Auf dem Gussfundament liegt eine Ausgleichsschicht aus Quadern, die nicht sichtbar war. Deren Oberkante entspricht dem antiken Begehungshorizont. Das Fundament für den vierseitigen Torbau war 8 röm. Fuß eingetieft. Der Bau ist nach den Haupthimmelsrichtungen hin orientiert.

In der Mitte des Baues wurden die Fundamentreste eines Rundsockels festgestellt, der die leicht überlebensgroße Kaiserstatue getragen hat. Ein alter Fußboden konnte nicht mehr festgestellt werden.
->   Sanfte Archäologie
Die römische Entsprechung des Heidentors
 


Das Heidentor ist Teil eines ursprünglich vierseitigen Torbaues über dessen ursprüngliches Aussehen eine im Baumaß weitgehend entsprechende Ruine in Rom, das sogenannte Janus Quadrifrons im Velabrum, nahe dem Forum Boarium, eine gute Vorstellung bietet.

Der oberste Teil des Janus Quadrifrons, der auf alten Stichen noch zum Teil erhalten war, wurde im 19. Jhdt. zerstört. Denn auf dem antiken Bauwerk wurde im Mittelalter von den Frangipane, einer bekannte Adelsfamilie in Rom, eine Befestigung errichtet und diese sollte 1837 abgetragen werden; dabei wurden jedoch irrtümlich auch antike Baustrukturen entfernt.

Bild: Giovanni Battista Piranesin, um 1700; Detail retuschiert.
Arcus Divi Constantini
 


Der Arcus Divi Constantini wurde von Constantin II zur Ehre Constantins um 356 n. Chr. errichtet. Damals war Rom nicht mehr Hauptstadt und der Anlass dürfte ein Besuch von Constantin II. in Rom gewesen sein.
Janus Quadrifrons

Die heute übliche Bezeichnung Janus Quadrifrons ist jünger - Janus ist ein an Straßenkreuzungen verehrter Schutzgott und ein Quadrifrons ein im Grundriß quadratischer, vierseitiger Torbau mit einem auf vier Pfeilern errichtetem Gewölbe, welches von einer Attika, einer Wand, die das Dach verdeckt und die Inschrift getragen hat, gekrönt wird.

Bild: Giuseppe Vasin, um 1700.
Das Carnuntiner Quadrifrons
Die Pfeiler des Carnuntiner Quadrifrons bestanden aus einem Betonkern, der durch Quader ummantelt worden ist. Neben Natursteinquadern wurden auch Spolien verwendet. Nach oben zu nahm die Quader-Ummantelung ab und der Betonkern wurde dementsprechend stärker. Etwa ab der Höhe des Gewölbes, in Höhe der unteren Konsole, bestand dann die Ummantelung nur mehr aus einer Quaderreihe. Im oberen Abschnitt, über einer weiteren Konsole und Gebälkzone, bestand die Schale aus einer vermutlich ursprünglich außen verputzten Ziegelmauer.
Neue Rekonstruktion des Heidentores - 2000
 


Neue Rekonstruktion des Heidentores, es erhielt seinen Namen im 16. Jhdt. von dem Wiener Arzt und Historiker Dr. Wolfgang Lazius, der es als ¿altes Heidnisches Stadt-Tor¿ beschrieb, auf Grund der bauhistorischen Untersuchung durch K. Müller (TU-München).

Vom Fassadenschmuck fanden sich bei den Ausgrabungen nur wenige, kleine Marmorfragmente. Sie stammen nach ihrem Durchmesser von etwa 2 m hohen Säulen bzw. von halblebensgroßen, bekleideten Figuren. Putzfragmente belegen außerdem, daß Teile des Baues, wie die Wandnischen, purpurrot bemalt waren.

Oberhalb des Sockels weist der Bau eine Länge von 14,50 m auf, die 4,35 m breiten Pfeiler standen im Abstand von 5,8 m. Als Maßeinheit (Modul) für den gesamten Bau konnte der Bauforscher, Klaus Müller von der TU-München, 29,0 cm errechnen. Die Seitenlänge des Grundriß betrug daher 50, die Spannweite des Gewölbes 20 und die Pfeilerstärke 15 Module. Auch der Aufriss weist klare Proportionen auf, er bildet ein Quadrat.

Oberhalb des Kreuzgratgewölbes befand sich ein schlichter, geschlossener Raum, der wahrscheinlich von einer hölzernen Dachkonstruktion abgedeckt gewesen war.

Das Bild zeigt die Ostansicht des Heidentors vor Beginn der Untersuchungen, bei der auch der Sturzblock des Nordostpfeilers gehoben wurde.
Alter des Heidentores
Aufgrund der Klein- und Münzfunde sowie der Verbauung eines dem röm. Hauptgott Jupiter Optimus Maximus geweihten Altarsteines erscheint eine Datierung erst in der Zeit Constantinus II. möglich. Auch die Bauforschungen durch K. Müller mit den bestechenden Entsprechungen aus Rom bestätigen diesen Zeitansatz.

So dürfte das Heidentor einer jener Triumphbögen sein, die nach Ammianus Marcellinus (Res Gestae 21, 16, 15) Constantinus II. ¿unter großem Aufwand¿ in Gallien und Pannonien errichten ließ und ¿auf denen Inschriften angebracht waren, die über seine Taten gelesen werden sollten, solange die Monumente aufrecht stehen konnten¿ (ed. W. Seyfarth nach W. Jobst).
->   Archäologischer Park Carnuntum
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Archäologiewoche bei Morawa
Präsentation des Carnuntum Jahrbuch 2000 und Vorstellung der Gesellschaft der Freunde Carnuntums durch Prof. Werner Jobst im Rahmen der Archäologiewoche bei Morawa in der Plankengasse am Mo., 21. Mai 2001 um 19 Uhr.
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Archäologie und Zeitgeschichte - eine Sonnwendfeier 1875 beim Heidentor
In der ersten Ausgabe der Deutsch-Mythologischen Landschaftsbilder, hat der berüchtigte Esoteriker List über die 1875 stattgefundene Sonnwendfeier beim Heidentor berichtet.

Hitler soll dazu in seinen Wiener Jahren bemerkt haben, wenn "Österreich einmal zu Deutschland gehöre, werde er jenes Hakenkreuz ausgraben lassen, das List und seine Freunde in einer weinseligen Johannisnacht aus leeren Weinflaschen unter dem römischen Heidentor bei Carnuntum zusammengelegt und unter einem Rasenziegel begraben hatten."
->   Guido List, Adolf Hitler und Carnuntum
 
 
 
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