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Krähende Hähne wollen Konkurrenten beeindrucken  
  Revierverhalten und das Werben um die weiblichen Artgenossen sind in der Tierwelt eng miteinander verbunden - so auch beim Haushahn. Sein lautstark ausgeprägtes Krähen soll Konkurrenten beeindrucken und seine Vormachtstellung unterstreichen.  
Welchen biologischen Nutzen Gallus gallus domesticus genau davon hat und was passiert, wenn mehrere Hähne ein Revier beanspruchen, erklären Zoologen für science.ORF.at auf die Frage unseres Users Danilo.
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Die Frage der Woche im Wortlaut:
Danilo.: "Warum kräht der Hahn aus biologischer Sicht? Was für einen Nutzen zieht er daraus?"
->   Zur Frage der Woche samt User-Forum
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Abstecken des eigenen Reviers
"Das Krähen des Hahnes ist örtlich bezogen und dient zum Abstecken des eigenen Reviers, in dem er lebt. Daher kommt es auch zu richtigen Krähduellen, wenn mehrere Hähne in unmittelbarer Nähe leben - wie in ländlichen Gebieten nicht zu überhören ist," erklärt Kurt Kotrschal, Zoologe und Direktor der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle für Ethologie.
Selbstbehauptung gegenüber Rivalen
"Es ist eine Form der Selbstbehauptung und weniger ein Balzverhalten. Typisches Balzverhalten wäre hingegen das so genannte 'Futterzeigen' - das Aufpicken des Futters vom Boden, wenn Hennen in der Nähe sind bzw. um ihre Aufmerksamkeit zu erregen," führt der Zoologe genauer aus.

"Wie beim Röhren von Hirschen so geht es auch beim Krähen darum, wer am lautesten ist und seine Rivalen am meisten beeindruckt. Ähnlich wie bei einem Platzhirschen, gibt es auch beim Zusammenleben mehrerer Hähne einen dominanten Gockel, der von den Hennen für die Fortpflanzung bevorzugt wird."
Streng lineare Rangordnung
In diesem Zusammenhang kann Kurt Kotrschal auf eine interessante Beobachtung verweisen, die an seinem Forschungsinstitut in Grünau gemacht wurde:

"Denn beim Zusammenleben von mehreren Hähnen ergibt sich eine lineare Rangordnung, die strickt eingehalten wird. Auch wenn alle Hähne mit den Hennen kopulieren, so ergibt sich eine eindeutige Rangordnung, bei der der dominanteste Hahn mit allen Hennen, der unterste Hahn hingegen nur mehr mit einer Henne kopuliert."
Hormongesteuertes Krähen
Darüber hinaus stellt der Zoologe noch fest, "dass das Krähen einem sekundären Geschlechtsmerkmal - wie dem Kamm oder den Sporen - entspricht, denn bei Kastration eines Hahns bleibt es vollständig aus. Das zeigt, dass das Krähen über die Hormonproduktion gesteuert wird."
Territoriale Ansprüche samt Balzverhalten
"Ganz allgemein ist der Gesang bei Vögeln dazu dar, um Konkurrenten aus einem beanspruchten Territorium abzuhalten und Weibchen anzuziehen," weiß auch die Wiener Zoologin Eva Millesi gegenüber science.ORF.at zu berichten.

"Je nach Vogelart entwickeln sich unterschiedliche Gesänge, bei manchen Arten erfolgt auch ein Erwiderungsgesang der Weibchen. Darüber hinaus ist beispielsweise auch die Fähigkeit des Nestbaues für die Weibchen ein wichtiges Auswahlkriterium für den Fortpflanzungspartner," so die Biologin weiter.
Akustisch günstige Morgenstunden
"Der Grund, warum besonders im tropischen Bereich der Vogelgesang in den frühen Morgenstunden stattfindet, ist die bessere Schallübertragung unter der morgendlichen Dunstglocke, die sich durch die aufgehende Sonne über dem Regenwald bildet," erläutert die Zoologin.

"Durch die Schichtung der Luft werden bestimmte Frequenzen besser übertragen als tagsüber und somit sind die Morgenstunden besonders gut geeignet, um den Vogelgesang weit zu vermitteln. Beim Haushahn in unseren Breitengraden hingegen dürfte das morgendliche Krähen eher den Beginn seiner Aktivitätszeit anzeigen."
Vogelgezwitscher und Krähen sind "Männersache"
Somit stellt auch für Eva Millesi "das Krähen des Gallus gallus domesticus ein typisches territoriales Verhalten dar, ähnlich wie bei Singvögeln das Zwitschern. Dieses dient nämlich den Männchen in erster Linie dazu, Reviere anzuzeigen und sich somit auch für Weibchen interessanter zu machen. Daher stammt der Vogelgesang bei den meisten Vogelarten und auch das Krähen beim Haushahn von den Männchen und nicht von den Weibchen."

Christoph Urbanek, 14.2.05
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