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Energie bleibt bei destruktiver Interferenz erhalten  
  Wenn zwei Wellen bei entsprechender Phasenverschiebung sich gegenseitig auslöschen, also destruktiv interferieren, ist die mathematische Lösung gleich Null. Die Energie bleibt bei Interferenzerscheinungen allerdings erhalten und wird lediglich umverteilt.  
Warum destruktive Interferenz ganz allgemein nicht mit der Energieerhaltung im Widerspruch steht, erläutern Experten für Gerhard J. und die User im Rahmen von "Ask Your Scientist".
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Die Frage der Woche im Wortlaut:
Gerhard J..:" Was geschieht wenn zwei Lichtstrahlen im Weltall destruktiv interferieren? Laut Energieerhaltungssatz muss ja die Gesamtenergie erhalten bleiben, aber wie soll das funktionieren?"
->   Zur Frage der Woche samt User-Forum
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"Interferenz gibt es in jeder Wellentheorie sofern die Wellen einer linearen Bewegungsgleichung folgen. Destruktive Interferenz ist dabei die mathematische Ideallösung, bei der sich zwei Sinuswellen auslöschen" erklärt der Innsbrucker Physiker Gebhard Grübl gegenüber science.ORF.at.
Destruktive nicht ohne konstruktive Interferenz ...
Dazu kommt es, wie auch unsere Userin "marlenew" weiß, und Experte Grübl erklärt, "wenn beide Wellen um 180 Grad phasenverschoben sind, so dass ein Wellenberg mit einem Wellental zusammenfällt, und ihre Amplitude gleich groß ist. Von allen möglichen Welleninterferenzen gibt es aber viele, die in der Natur gar nicht realisiert sind."

Alfred Bartl, Vorstand vom Institut für Theoretische Physik der Universität Wien, weist darauf hin, dass Lichtinterferenzen hingegen an Beugungsgittern auftreten: "So können bei klassischen physikalischen Versuchsanordnungen sowohl destruktive als auch konstruktive Interferenzmuster erzeugt werden.

Im Zentrum kommt es dabei zu konstruktiver Interferenz, seitlich zu destruktiven Erscheinungen. Je nach Beschaffenheit des Beugungsgitters und abhängig vom Gangunterschied treten mehrere Maxima und Minima auf."
Kein Widerspruch mit Energieerhaltung
"Durch das gleichmäßige Auftreten von konstruktiven und destruktiven Interferenzen, wie sie im Doppelspaltversuch in hellen und dunklen Streifen zu sehen sind, wird insgesamt wieder ein bestimmtes energetisches Gleichgewicht des Lichts hergestellt", verweist der Wiener Physiker Bartl wie User "cyana" auf den klassischen Young'schen Versuchsaufbau.

"Die destruktive Interferenz steht ganz allgemein mit der Energieerhaltung nicht im Widerspruch. Denn mathematisch betrachtet stimmt die Energie der Summe zweier Interferenzlösungen nicht mit der Summe der Energien der beiden einzelnen Lösungen überein und können sich so auch nicht gegenseitig aufheben", so der Innsbrucker Experte Grübl über die mathematischen Erklärungsansätze.
Dauerhafte destruktive Interferenz versus ...
"Im mathematisch-theoretischen Idealfall von kompletter und vor allem dauerhafter destruktiver Interferenz zweier Lichtwellen bleibt die Energie nicht nur erhalten, sie wird unendlich."

Allerdings sei in der Physik noch keine realistische Situation bekannt, in der es zu einer solchen dauerhaften destruktiven Interferenz überall im gesamten Raum komme, hält Gebhard Grübl fest.
... kurzfristige Auslöschung
"Bei kurzfristiger Auslöschung hingegen in interferierenden Wellensystemen, so auch bei Lichtwellen, verteilt Interferenz die Energie nur um, erzeugt oder vernichtet aber keine Energie", resümiert Franz Embacher, theoretischer Physiker an der Universität Wien.

Embacher weiter: "In einfachen Worten sind Wellen etwas kontinuierliches, die sich zum Zeitpunkt der Betrachtung gegenseitig kurzfristig auslöschen können, sich aber dann weiter fortpflanzen. Diese kurze Momentaufnahme des destruktiven Interferierens bedeutet aber nicht, dass die Energie der Welle verloren gegangen ist."
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Fragenbank auch bei "Innovatives Österreich"
Fragen jeder Art zum Thema Wissenschaft kann man auch bei der Online-Plattform "Innovatives Österreich" stellen. Daraus entsteht eine öffentliche zugängliche "Fragenbank", die interessantesten Probleme werden an Experten zur Beantwortung weitergeleitet. Regelmäßig präsentiert das Ö1-Radio und science.ORF.at die "Frage des Monats".
->   innovatives-oesterreich
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Ständige Umverteilung der Energie
"Die Gesamtenergie einer Welle ist vielmehr zu verschiedenen Zeitpunkten an verschiedenen Raumpunkten verteilt und dort, wo kurzfristig Auslöschung eintritt, ist sie im nächsten Augenblick nicht mehr vorhanden", beschreibt der Innsbrucker Physiker Grübl das Energieverhalten.

"An dunklen Interferenzstreifen wie beim Young'schen Doppelspaltversuch ist einfach keine Energie vorhanden, an den benachbarten hellen Linien allerdings schon. Es tritt bei kurzfristigen Interferenzen ein ständig wechselnder Umverteilungseffekt auf bei dem Energie in andere Bahnen gelenkt wird."

Christoph Urbanek, 13.2.06
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->   Institut für Theoretische Physik, Uni Innsbruck
->   Kurzintro in die Grundlagen der Interferenz, Uni Basel
 
 
 
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