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Sind Fische bei Blitzschlag in Gefahr?  
  Was geschieht, wenn Blitze im Wasser einschlagen - sterben dann reihenweise Fische? So lautete die aktuelle Frage der neuen Aktion "Ask Your Scientist", die wir unseren Usern stellen. Die ambivalente Antwort: Nach den strengen Regeln der Physik haben Fische nichts zu befürchten. In der Realität sieht es aber mitunter anders aus.  
Ambivalente Antworten
Der genaue Wortlaut der Frage von unserem User Charly G.: "Warum gibt es keine toten Fische, wenn der Blitz ins Wasser einschlägt?"

Die Antwort durch die zwei von science.ORF.at befragten Experten kurz zusammen gefasst: Da Wasser ein sehr guter Leiter von Elektrizität ist, besteht zumindest nach den Wahrscheinlichkeiten der Physik kaum Gefahr für die Fische.

Allerdings: Unter besonderen Umständen - etwa wenn das Wasser sehr seicht ist oder die Tiere direkt getroffen werden - kann es doch zu Blitzopfern unter Fischen kommen.

Zahlreiche User haben sich zur Frage der Woche geäußert. Die Original-Frage und User-Postings gibts hier.
Wasser leitet Energie in alle Richtung ab
Prinzipiell, so meint Hannspeter Winter, der Vorstand des Instituts für Allgemeine Physik der Technischen Universität (TU) Wien, "kann die Elektrizität eines einschlagenden Blitzes im Wasser Fischen nichts anhaben".

Bei Blitzen handle es sich zwar um große Mengen von elektrischer Energie, die sich Richtung Erde entladen. Wasser sei aber ein derart hervorragender Leiter, dass es die Energie unmittelbar nach dem Einschlag in alle Richtungen ableite.
Ähnliches Phänomen wie bei einem Auto
"Das Ganze kann man mit einem Auto vergleichen, in das ein Blitz einschlägt: Auch hier wird die elektrische Energie rund um das Auto abgeleitet", erklärt Winter gegenüber science.ORF.at. Bei beiden Phänomenen handle es sich um so genannte Faradaysche Käfige.
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Faradaysche Käfige: Elektromagnetische Abschirmung
Der Begriff "Faraday-Käfig" oder "Faradayscher Käfig" geht auf den englischen Physiker Michael Faraday (1791-1867) zurück und beschreibt das Phänomen elektromagnetischer Abschirmung. Die Umschließung eines Raumes mit Blech oder Maschendrahtnetz schirmt das Innere völlig gegen elektrostatische Felder oder niederfrequente Wechselfelder ab. Das Innere eines Leiters, also eines Stoffes, durch den elektrischer Strom transportiert werden kann, inklusive eingeschlossener Hohlräume ist immer feldfrei. Ein Faradayscher Käfig dient u. a. zum Schutz von empfindlichen Messgeräten. Ein geschlossenes Auto wirkt bei Gewittern als Faraday-Käfig.
->   Elektrische Leiter im elektrischen Feld (Humboldt Uni Berlin)
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Ausnahme: Mechanischer Schock
Wodurch die Fische unter Umständen aber sehr wohl Schaden nehmen könnten, sei ein "mechanischer Schock, falls sie sich in unmittelbarer Nähe des einschlagenden Blitzes befinden oder gerade aus dem Wasser springen", so Winter. Beides hält der Physiker aber für extrem unwahrscheinlich.
Unter Umständen doch Fischopfer
Robert Heuberger, Ökologe vom Verband der österreichischen Arbeiter-Fischerei-Vereine (VÖAFV), sieht das ein wenig differenzierter.

Unter Umständen könne es nämlich sehr wohl zum Fischtod per Blitzschlag kommen, wenn "Fische in hohen Dichten in seichten Gewässern zu finden sind - wie z.B. in der Fischzucht". Diese Tiere sterben an Wirbelbrüchen oder Platzen innerer Organe. Konkrete Beispiele sind Heuberger bekannt.

Praktische Anmerkung: Die Tiere seien unbedenklich zum Verzehr geeignet, sofern sie "frisch" entnommen werden.
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Erdungen von Häusern gefährlich für Fische
Durch Erdungen von Wohnhäusern könne es nach Gewittern zu Schäden bei Fischen an nahegelegenen Teichen - im 100-Meter-Bereich - kommen, so Heuberger. Die Fische würden Hautpigmentveränderungen - schwarze Striche - aufweisen, die zum Teil blutunterlaufen sind - ein Zeichen für "indirekten" Blitzschlag.
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Auf die Größe kommt es an
Die Schäden seien abhängig von der Größe der Fische. Grundsätzlich, so Heuberger, würden große Fische stärker geschädigt als kleine Fische. Große Fische stünden jedoch sehr oft in tieferen Gewässerbereichen und seien dann von einem Blitz weniger betroffen - da hier die Feldlinien abnehmen.

Kleinere Fische tragen laut Heuberger zwar weniger schnell Verletzungen mit sich, da sie von den Feldlinien nicht so stark erfasst werden, sind dafür aber eher in seichten Gewässerregionen anzutreffen. Es sei somit ein "Größenzusammenhang" feststellbar, der aber wieder durch den Standort der Fische relativiert werde.
Blitzschlag analog Elektrofischerei

Und noch ein weiteres Argument führt der Ökologe Robert Heuberger an: der direkte Blitzschlag verhalte sich analog der Elektrofischerei. Für beide gelte: "Der starke, sehr kurze Zeit fließende Strom kann zu Ausfällen bei den Fischbeständen führen."

Wasser leite - je nach seiner elektrischen Leitfähigkeit (abhängig von den im Wasser gelösten Ionen und polaren Molekülen) - elektrischen Storm. Ein Blitz sei somit indirekt mit der Elektrofischerei vergleichbar.

Diese ist in Österreich grundsätzlich verboten. Unter gewissen Ausnahmebedingungen - etwa zu wissenschaftlichen Zwecken - darf Elektrofischerei aber ausgeübt werden.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at
->   Institut für Allgemeine Physik, TU Wien
->   VÖAFV
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