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Wie schnell wird man im freien Fall?  
  Gibt es eine Höchstgeschwindigkeit im freien Fall und wenn ja, wie hoch ist sie? So lautete die aktuelle Frage von "Ask Your Scientist". Viele unserer User meinten "ja" - und haben damit prinzipiell recht. Wie groß sie aber genau ist, hängt von der Schwerkraft und vom Luftwiderstand ab.  
Für die genaue Beantwortung der Frage bat science.ORF.at Fritz Pachowsky vom Institut für Leichtbau und Flugzeugbau an der Technischen Universität Wien um seine Experten-Meinung.
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Die Frage der Woche im Wortlaut
User Gerhard B.: "Ich wollte fragen, ob es eine Höchstgeschwindigkeit im freien Fall gibt und wie hoch diese ist. Natürlich wird da ein gewisses Gewicht pro - vermutlich - Kubikdezimeter nötig sein. Ich habe da einmal etwas von 'ein wenig über 200 km/h' gehört. Das kann aber nicht stimmen, wenn ein Schifahrer, der ja auch noch durch Reibung Verluste hat, an die 250 km/h kommt."
->   Die Frage der Woche samt User-Antworten
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Beispiel: Sprung aus Flugzeug Richtung Erde
Mit den 200 km/h hat Gerhard B. laut Pachowsky gar nicht so unrecht. Ein Fallschirmspringer durchschnittlichen Gewichts (ca. 80 kg), der aus einem Flugzeug aus ca. 1.000 bis 1.500 Meter in Bauchlage Richtung Erde springt, würde im Freien Fall nach 300 bis 400 Metern eine ungefähre Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h erreichen.

Aber schon ein Sprung kopfüber in die Tiefe ändere die Sachlage: Durch die Kopflage wird die Fallgeschwindigkeit höher und man erreicht nach 600-700 Metern ein Maximum von ca. 300 km/h, so der Techniker.
Entgegengesetzte Kräfte heben sich auf
Pachowsky weiter: "Die Geschwindigkeit steigert sich so lange, bis der Luftwiderstand gleich groß wie das Gewicht des frei Fallenden ist" - das sei bei einem Sprung aus 1.000 bis 1.500 Metern nach etwa sieben bis acht Sekunden der Fall. Danach werde er wieder langsamer. Der Grund: Gegen Erde hin wird die Luft dichter.
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Gewicht zieht Richtung Erde
Das Gewicht ist die Kraft, mit der die Erde den Fallenden in Richtung Erdmittelpunkt zieht und lässt sich aus der Formel "Masse mal Erdbeschleunigung" berechnen. Es entspricht der Schwerkraft in der Nähe der Erdoberfläche.
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Luftwiderstand entscheidend
Der Luftwiderstand ist also entscheidend für die Fallgeschwindigkeit. Er hängt von der Gestalt des fallenden Körpers, seiner Geschwindigkeit und der Luftdichte ab. Je größer die Starthöhe, desto geringer der Luftwiderstand und demgemäß größer die Fallgeschwindigkeit.
Im freien Fall die Schallmauer durchbrechen
Dabei kann man - theoretisch - Schallgeschwindigkeit erreichen. Aktuelles Beispiel: Wie User "derphysiker" richtig anmerkt, möchte der Franzose Michael Fournier im Mai 2003 im freien Fall aus 40 Kilometern Höhe als erster die Schallmauer durchbrechen - und beim Sturzflug durch die Stratosphäre Geschwindigkeiten bis zu 1.600 km/h erreichen.

Ob es gelingt, steht in den Sternen: Bisherige Anläufe des waghalsigen Fallschirmspringers sind gescheitert.
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Luftwiderstand hängt von Geschwindigkeit ab
Uneinigkeit gibt es bei unseren Usern, wie der Luftwiderstand zu berechnen sei (unter anderen: "spegu" und "shushannah"). Es gibt unterschiedliche Näherungsformeln, die je nach Situation verwendet werden. Ein wichtiges Kriterium dabei ist die Geschwindigkeit: Ist zum Beispiel ein fallender Körper langsam unterwegs, wird der Luftwiderstand proportional zur Geschwindigkeit angesetzt; fällt er schnell (wie im freien Fall) proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit. Eigene Formeln gibt es für den Spezialfall einer sich in Flüssigkeit oder Gasen bewegenden Kugel, den User "mahindra" eingebracht hat.
->   Strömende Flüssigkeiten und Gase (Universität Heidelberg)
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Vakuum: Sprung fast bis zur Lichtgeschwindigkeit
Springt man im Vakuum, fällt der Luftwiderstand weg und somit die Gegenkraft zur Schwerkraft. Die Geschwindigkeit nimmt daher laufend zu. Jedoch gibt es eine obere Schranke: die Lichtgeschwindigkeit.

Aus physikalischer Sicht kann bei einem Sprung aus einem Flugzeug überhaupt nie der freie Fall erreicht werden: Denn die physikalische Definition berücksichtigt nur die Schwerkraft und vernachlässigt den Luftwiderstand.
Zum Schluss: Der Speed-Skifahr-Weltrekord

Übrigens: Der derzeitige Weltrekord im Speed-Skifahren liegt bei 250,700 km/h und wurde im April 2002 vom Philippe Goitschel aufgestellt. Damit löste der Franzose den Österreicher Harry Egger (248,105) als Rekordhalter ab.

Martina Gröschl, ULG Wisssenschaftskommunikation
->   Institut für Leichtbau und Flugzeugbau, TU Wien
->   Speedskiing (ski2.com)
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Martina Gröschl ist Teilnehmerin des Universitätslehrgangs für Wissenschaftskommunikation (ULG).
->   ULG
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->   www.innovatives-oesterreich.at
 
 
 
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