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ORF ON Science :  Ask Your Scientist :  Gesellschaft 
 
Unklar: Warum Studenten klopfen und nicht klatschen  
  Warum bekunden Studenten durch Klopfen ihr Wohlwollen gegenüber den Professoren? Genau kann die Ask Your Scientist-Frage dieser Woche nicht beantwortet werden. Zwei Dinge dürften aber sicher sein: Erstmals tauchte das Phänomen im deutschen Sprachraum zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf. Und: zuvor war das Klopfen wesentlich weniger positiv konnotiert.  
"Lässt sich nicht leicht festlegen"
Wie unser User "tabufrei" richtig anmerkte, hat Friedhelm Golücke von der "Gemeinschaft für deutsche Studentengeschichte" bereits vor einiger Zeit eine kleine Geschichte der akademischen Beifallskundgebung für "wissenschaft-online" verfasst.

Sein Fazit darin: "Beifalls- und Missfallenskundgebungen von Studenten innerhalb des Lehrbetriebs lassen sich nicht leicht festlegen. Sie unterscheiden sich sowohl zeitlich als auch örtlich."

Gegenüber science.ORF.at sprach er von einem "Zwischenstand der Forschung, der noch ergänzungsbedürftig ist".
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Die Frage der Woche im Wortlaut
markuszs22: "Warum klopft man nach Vorlesungen auf der Uni auf den Tisch - warum klatscht man nicht?"
->   Zur Frage der Woche mit dem User-Diskussionsforum
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Brauch seit frühem 19. Jahrhundert
Wenn Studenten nach einer Veranstaltung Beifall klopfen, folgen sie nach Ansicht des Studentenhistorikers Friedhelm Golücke einem alten Brauch.

Gemeinsam mit Kurt Mühlberger, dem Direktor des Universitäts-Archivs der Uni Wien, datiert er dessen Beginn im frühen 19. Jahrhundert. "Das Klopfen ist als Zeichen der Zustimmung sehr alt. Bereits im Mittelalter hat man auf die Schilde geklopft, etwa bei Gerichtsversammlungen", so Mühlberger zu science.ORF.at.
Landsmannschaftliche Vereinigungen setzten Normen
Zur Zeit der Reformation organisierten sich laut Golücke die Studenten selbstständig in den landsmannschaftlichen Vereinigungen, den bis heute verbreiteten Verbindungen, die bis Ende des 19. Jahrhunderts die eigentlichen Studentenvertretungen darstellten.

Sie setzten die Normen für das Verhalten aller Studenten - auch solcher, die nicht korporiert waren.
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Comment legte Regeltn fest
Die wichtigsten Regeln für das studentische Miteinander wurden in dem Comment festgelegt, bis hin zu förmlichen Ritualen der Auszeichnung oder des Missfallens: Vivat! (lat.: "Er lebe hoch!") oder Pereat! (lat.: "Möge er zugrunde gehen!").
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Doppeldeutige Äußerungen von Gefallen und Missfallen
Beifalls- und Missfallenskundgebungen von Studenten innerhalb des Lehrbetriebs lassen sich nach Ansicht Golückes nicht leicht festlegen. Sie unterscheiden sich sowohl zeitlich wie örtlich.

Ihrer Gründe seien oft nicht klar auszumachen, mitunter ihre Äußerungen auch doppeldeutig. Das "Auspfeifen" des akademischen Lehrers vom späten 18. bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts, das heute allgemein, auch außerhalb der Hochschule, üblich sei, konnte auch eine keineswegs abfällige Begrüßung der neuen Studenten - der Füchse - an der Universität bedeuten, so der Studentenhistoriker.
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Buchtipp
Golücke, Friedhelm (1987): Studentenwörterbuch. Das akademische Leben von A bis Z. Verlag Styria, Graz (derzeit vergriffen).
->   Verlag Styria, Graz
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Negativ: Auszischen - positiv: Trommeln
Ähnlich habe es sich auch mit dem "Austrommeln" der neuen Füchse im Kolleg, bei dem um 1800 mit den Stöcken auf den Boden gestoßen wurde, verhalten. Es sei ein Willkommensgruß gewesen, konnte aber auch ein Missfallenszeichen für den Professor sein.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts sei in diesem Falle auch mit den Fäusten auf den Tisch geschlagen worden.

Da aber laut Golücke gleichzeitig als Zeichen des Missfallens bereits das "Ausscharren" und "Auszischen" bekannt war, scheint sich das Klopfen auf den Tisch zu einer Beifallsbezeugung für den Dozenten gewandelt zu haben.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at
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