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Die Physik des Überschallknalls  
  Überschreitet ein Flugobjekt die Schallgeschwindigkeit, so kann dies in seiner Umgebung als lauter Knall wahrgenommen werden. Das liegt daran, dass sich stark komprimierte Luft bei Überschallgeschwindigkeit hinter dem Flugobjekt explosionsartig ausdehnt.  
Physiker sprechen in diesem Zusammenhang von Wellenfronten mit sprunghaft zunehmendem Druck. Diese "Verdichtungsstöße" reichen bei Überschall bis zum Erdboden und sind daher hörbar. science.ORF.at holte für die aktuelle Frage die Expertenmeinung des Aerodynamikers Alfred Kluwick von der TU-Wien ein.
Flugobjekte produzieren Wellenfläche
Von der Spitze schnell bewegter Flugobjekte, wie z.B. Geschosse oder Flugzeuge, geht eine nach hinten offene, kegelförmige Wellenfläche aus. Men nennt diese auch "Machschen Kegel", benannt nach dem österreichischen Physiker und Philosophen Ernst Mach.
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Anschaulicher Vergleich: Boot im Wasser
Als anschaulicher - wenngleich physikalisch nicht ganz korrekter - Vergleich kann in diesem Zusammenhang das Verhalten eines Bootes im Wasser herhalten: Ein bewegtes Boot produziert an seinem Bug kleine Wellen, die sich konzentrisch ausbreiten. Erre.icht das Boot ein Tempo, welches größer als die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen ist, dann können diese nicht mehr in Fahrtrichtung enteilen - und das Boot schiebt daher die Wellen gewissermaßen vor sich her. Das Ergebnis: Eine größere Bugwelle entsteht, die sich an den Seiten des Bootes ausbreitet.
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Lokale Überschallgebiete bereits vor dem Knall
Nicht unähnlich ist die Situation bei einem Flugzeug. Alfred Kluwick von der TU-Wien erklärt, was passiert, wenn sich ein Flugobjekt der Schallgeschwindigkeit nähert:

"Liegt die Geschwindigkeit eines Flugzeuges nur wenig unter der Schallgeschwindigkeit, so kommt es in seiner Nähe durch seine Verdrängungswirkung bereits zum Auftreten von lokalen Überschallgebieten. Das sind Gebiete, in denen die lokale Strömungsgeschwindigkeit die Schallgeschwindigkeit überschreitet."
Überschall: Drucksprünge reichen bis zum Boden
"Diese Gebiete werden im Allgemeinen von Wellenfronten abgeschlossen, über die hinweg der Druck sprunghaft zunimmt. Hierbei spricht man von so genannten Verdichtungsstößen. Mit weiterer Annäherung an die Schallgeschwindigkeit weiten sich die lokalen Überschallgebiete aus und die mit ihnen verbundenen Verdichtungsstöße gewinnen an Intensität" so der Wiener Aerodynamiker:

"Nach dem Überschreiten der Schallgeschwindigkeit erstrecken sich schließlich die vom Flugzeug gebildeten Stöße bis zum Erdboden. Die von ihnen hervorgerufenen Drucksprünge werden von den Ohren eines menschlichen Beobachters als Knall (sonic boom) wahrgenommen."
Überschallknall kann Wolke produzieren
In feuchter, wasserdampfgesättigter Luft kann durch diese Schockwelle sogar Wasser auskondensieren - worauf eine Wolke entsteht. Diesen Moment hat im Jahr 1999 John
Gay von "Sports Illustrated" festgehalten. Das Bild wurde später mit dem ersten Preis des "Press Photo Contest 2000" in der Kategorie "Science and Technology" ausgezeichnet.

 
Bild: AFP

Das Bild hält den kurzen Augenblick fest, während dem Lieutenant Ron Candiloro von der US Navy am 7. Juli 1999 mit einem Flugzeug der Type "F/A-18 Hornet" die Schallmauer durchbricht.
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Näheres zur Schallgeschwindigkeit
Die Schallgeschwindigkeit ist natürlich von der Temperatur, dem Druck und vor allem der Zusammensetzung des Mediums abhängig. Einige Daten hierzu (Angaben in Meter pro Sekunde bei 15°C und Normaldruck):
- Eisen: 5260
- Blei: 1250
- Wasser: 1464
- Alkohol: 1170
- Sauerstoff: 316
- Luft: 331
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Verdichtungsstöße erhöhen sprunghaft die Reibung

Wie Kluwick weiter ausführt, bedingen die Verdichtungsstöße Strömungsverluste, was sich in erhöhtem Reibungswiderstand äußert: "Da, wie bereits erwähnt, die Intensität der vom Flugzeug gebildeten Stoßsysteme bei Annäherung an die Schallgeschwindigkeit rasch zunimmt, wächst auch der damit verbundene Widerstand rasant an."

Eine weitere Steigerung der Fluggeschwindigkeit erfordert daher eine entsprechende Erhöhung der Antriebsleistung: Ein "Durchbrechen der Schallmauer" ist daher - wenig überraschend - nur mit entsprechend starken Triebwerken möglich.

Robert Czepel, science.ORF.at
->   www.innovatives-oesterreich.at
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