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Warum der Nachthimmel dunkel ist  
  Wenn man davon ausgeht, dass unser Blick in jeder Himmelsrichtung auf einen Stern trifft, dann sollte dieser Himmelskörper auch Licht zu uns senden und der Nachthimmel hell erleuchtet sein. Warum er uns dennoch vor allem dunkel erscheint, wollte vergangene Woche der science.ORF.at-User Siegfried K. wissen. Die Antwort liegt in einer Kombination mehrerer Faktoren der Astronomie.  
Da es in den Weiten des Universums vergleichsweise wenig Materie gibt, kann unser Blick nicht stets auf eine Sternoberfläche treffen. Außerdem müssen wir ein gigantisches Volumen mit den relativ gesehen winzigen Sternscheibchen vergleichen, erklärt der Astrophysiker und science.ORF.at-Host Ernst Dorfi vom Institut für Astronomie der Universität Wien.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Ausgehend vom Alter des Universums haben wir erst einen Bruchteil an Himmelshelligkeit durch Sterne erreicht.
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Die Frage der Woche im Wortlaut
Siegfried K.: Da das Universum mit größter Wahrscheinlichkeit unendlich ist, müssten wir eigentlich an jeder sichtbaren Stelle des Himmels einen Stern sehen und dadurch wäre der Nachthimmel normalerweise taghell erleuchtet. Ist er aber nicht - warum?
->   Zur Frage der Woche mit dem Userforum
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Olbers'sches Paradoxon
Von Ernst Dorfi

Die Antwort auf die gestellte Frage hängt sehr eng mit unserer Kenntnis über das Universum zusammen und beruht letztlich auf der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit, der geringen Materiedichte im Universum sowie der endlichen Lebensdauer der Sterne. Vorausgesetzt wird die Gültigkeit der Physik sowie die Gleichförmigkeit des Universums auf großen Skalen.

Da es im Internet ausgezeichnete Abhandlungen zu dieser Frage samt ihrem philosophischen und historischen Hintergrund gibt (siehe die beiden Links unten der Universität Bremen), möchte ich die Antwort auf die wenigen Argumente reduzieren, die vom amerikanischen Kosmologen Edward R. Harrison sehr bildhaft dargestellt wurden.
Ein Blick in den Wald
Zuerst das Argument, dass wir irgendwann auf eine Sternoberfläche - ähnlich unserer Sonne - blicken. Es lässt sich mit einem Blick durch einen Wald veranschaulichen. Bis zu welcher Entfernung ist der Wald (das Universum) durchsichtig? Wann trifft unser Blick einen Baum (eine Sternoberfläche)? Dazu muss man zwei Größen kennen.

Einmal den mittleren Abstand a der Bäume (Sterne) und anderseits den Durchmesser d eines Baumes (die Oberfläche eines Sterns f). Die Anzahl der Bäume (Sterne) auf der Fläche (im Volumen) ist daher a hoch 2 (a hoch 3).

Wie man sich geometrisch klar machen kann, limitiert eine sogenannte Sichttiefe S unseren Blick. Sie ergibt sich aus dem Verhältnis dieser beiden Zahlen, also für den Wald (das Universum) S=a hoch 2/d (S=a hoch 3/f), eine Fläche (ein Volumen) dividiert durch eine Länge (Fläche) führt zu unserer Längenskala.
Unterschiedliche Sichttiefen
Betrachten wir beispielsweise einen Wald mit einem Baumabstand von a=10m und einer Baumdicke d=50cm, so liegt die Sichtbarkeitsgrenze bei S=10 hoch 2/0.5=200m. Hat der Wald eine geringere Tiefe, sehen wir hindurch, im anderen Fall trifft unser Blick immer einen Baumstamm.

Im Universum ist diese Sichttiefe hingegen ungeheuer groß. Haben die Sterne in unserer Milchstraße einen mittleren Abstand von etwa a=10 Lichtjahren, so ist - umgelegt auf das Universum - der mittlere Abstand zwischen den Sternen eher bei 1.000 Lichtjahren zu sehen, was etwa a=10 hoch 16 km (=10.000 Billionen km) entspricht.
Die Weiten des Universums
Die einzelnen Milchstraßen sind durch extrem große Entfernungen getrennt, was kosmologisch gesehen zu dem Mittelwert von etwa 1.000 Lichtjahren führt. Nehmen wir nun als zweite Zahl den Radius der Sonne mit r=700.000km, so ergibt sich eine Fläche von f=πr hoch2 pro Stern, also f=1.5x10 hoch 12 km2 (= 1.5 Billionen Quadratkilometer).

Nach den vorherigen Überlegungen ist die Sichttiefe im Universum durch das Kugelvolumen dividiert durch die Sternfläche fixiert, demnach S(=10.000 Billionen km) hoch 3/(1.5 Billionen Quadratkilometer) = 10 hoch 36 km oder rund 10 hoch 23 Lichtjahre.

Wir müssen eine immense Kugel von 10 hoch 23 Lichtjahren um uns haben, damit unser Blick stets auf eine Sternoberfläche treffen kann. Es existiert, ganz im Gegenteil zu den Bäumen in einem Wald, unglaublich wenig Materie in den Weiten des Universums. Außerdem müssen wir nun ein gigantisches Volumen mit den relativ gesehen winzigen Sternscheibchen vergleichen.
Das Universum ist relativ dunkel
Nach den neuesten WMAP-Daten ist unser Universum 13.6 Milliarden Jahre alt. Ausgehend von diesem Alter haben wir demnach erst einen Bruchteil von (13.6 Milliarden Lichtjahren/10 hoch 23 Lichtjahren) an Himmelshelligkeit durch Sterne erreicht, also etwa den zehnbillionsten Bruchteil.
->   NASA: WMAP-Daten
Diese Abschätzung gelingt auch ohne die beobachtete Expansion des Universums, die kosmologisch gesehen den mittleren Abstand zwischen den Sternen vergrößert. Die endliche Lebensdauer eines Sterns bringt ein weiteres Argument zugunsten eines dunklen Nachthimmels. Nach etwa 10 Milliarden Jahren verlöschen die meisten Sterne als Weiße Zwerge und liefern keinen weiteren Beitrag zum Licht im Universum.

Selbst wenn unser Universum das ungeheure Alter von 10 hoch 23 Jahren erreicht, wird es zu diesem Zeitpunkt keine Sterne mehr geben, die es erhellen. Die kosmologische Expansion hat die Materie vorher derart verdünnt, dass schon lange vorher keine neuen Sterne durch eine gravitative Verdichtung entstehen können.
Eine Wanne, die nie voll wird

Zusammenfassend hilft bei der Beantwortung der Frage folgende, ebenfalls von Harrison stammende, Analogie. Das Licht im Universum wird dabei mit einer zu füllenden Badewanne verglichen. Das zufließende Wasser entspricht den Photonen, die von Sternen stammen. Die Auffüllzeit entspricht den 10 hoch 23 Jahren, die das Licht an der Sichtbarkeitsgrenze zu uns braucht.

Der Wasserzulauf, vom Sternenleben gespeist, ist aber nicht lange genug geöffnet, um je die Wanne zu füllen. Expandiert das Universum, wird die Wanne größer und die Auffüllzeit nimmt zu. Die kosmologische Expansion verstärkt den Effekt, ruft ihn aber nicht hervor. Das Olbers'sche Paradoxon kann nicht als Beweis für die Endlichkeit oder die Expansion des Universums herhalten.
->   Warum wird es Nachts dunkel? - Universität Bremen
->   Das Olberssche Paradoxon - Universität Bremen
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