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Peter Biegelbauer
Institut für Höhere Studien
 
ORF ON Science :  Peter Biegelbauer :  Gesellschaft 
 
Österreichische Verwaltung: Bald schlank und rank?  
  Eine kürzlich von der Regierung angekündigte Verwaltungsreform soll österreichischen Firmen jährlich rund zwei Milliarden Euro sparen helfen.  
Dabei sollte bis 2010 ein Viertel jener Kosten gesenkt werden, die Unternehmen zur Erfüllung bürokratischer Vorgaben aufwenden müssen.

Beispiele für derartige Vorgaben sind Einkommenssteuererklärungen, Umsatzsteuervoranmeldungen und Import-/Exportaufzeichnungen.
Weniger Verwaltungskosten
Mit dieser, an sich auch hierzulande nicht neuen, Idee der Senkung von Verwaltungskosten steht Österreich nicht allein.

Die Verringerung der Bürokratiekosten sind ein Teil jener "Better Regulation" Initiative, die von der Europäischen Kommission in den letzten Jahren forciert wurde, auch um die Lissabonziele der Erhöhung der Europäischen Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen.

Ganz allgemein umfassen diese Ideen aber nicht nur die Regulation der Wirtschaft, sondern ebenso die Erfassung und Verringerung der Kosten, die den Bürgerinnen und Bürgern durch die Verwaltung entstehen.
Bessere Gesetzgebung durch Abschätzung ihrer Folgen?
Seit einigen Jahren lassen sich in vielen europäischen Staaten Initiativen zur Gesetzesfolgenabschätzung beobachten.

Unter diesem etwas sperrigen Begriff ist zu verstehen, dass Gesetzgeber systematisch versuchen, die finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen geplanter Gesetze vor deren Verabschiedung abzuschätzen.

Während diese Form der Vorbereitung von Gesetzesvorhaben in angelsächsischen und skandinavischen Ländern bereits seit einigen Jahren praktiziert wird, ist sie im deutschsprachigen Raum bis heute nahezu unbekannt geblieben.
Europäische Forschungsinitiative
2006 wurde das "European Network for Better Regulation" gegründet, ein von der Europäischen Kommission finanzierte Netzwerk von Ökonomen, Sozialwissenschaftlern und Juristen.

Ziel des Netzwerkes ist es, die Erfahrungen, die verschiedene europäische Staaten mit Gesetzesfolgenabschätzung gemacht haben, zu erfassen, zu vergleichen und öffentlich zugänglich zu machen. Dazu wird eine eigene, frei zugängliche Datenbank dienen, die derzeit erstellt wird.

In dieser Datenbank werden Informationen aus 25 untersuchten Ländern abrufbar sein, die sowohl EU Mitgliedsstaaten als auch Nicht-EU-Staaten betreffen. Das Netzwerk, dem das Institut für Höhere Studien (IHS) als österreichischer Partner angehört, soll auch dazu beitragen, den Erfahrungsaustausch zwischen Regierungen zu verbessern und damit gegenseitiges Lernen zu ermöglichen.
Wenige Aktivitäten in Österreich
Ein Blick nach Österreich lässt einstweilen aber nur wenig Initiative im Bereich der Gesetzesfolgenabschätzung erkennen.

Neben dem bereits erwähnten und vom Finanzministerium koordinierten Vorhaben der Senkung der Verwaltungskosten hat das österreichische Parlament im Jahr 2001 ein Deregulierungsgesetz beschlossen.

Dessen Vollzug steht allerdings seit fünf Jahren aus.
Bald mehr als Ankündigungen?
Darüber hinaus wird seit einigen Jahren eine Reform des Haushaltsrechts diskutiert, das eine regelmäßige Evaluierung der Gesetzesfolgen ermöglichen soll.

Eine Beschlussfassung dieses Gesetzes, das in wesentlichen Teilen von den Parlamentsparteien bereits akkordiert war, kam allerdings vor den Nationalratswahlen 2006 nicht mehr zustande.

Über kurz oder lang wird die sich intensivierende europäische Debatte um die Gesetzesfolgenabschätzung, von der das europäische Netzwerk ENBR nur ein Ausdruck ist, auch in Österreich eine Debatte und Maßnahmen erforderlich machen, die über bloße Ankündigungen hinaus gehen.

[19.2.07]
->   "Better Regulation" (EU)
->   European Network for Better Regulation (ENBR)
->   ENBR-Datenbank
->   Reform des Haushaltsrechts (Parlament)
->   Institut für Höhere Studien
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