Host-Info
Peter Biegelbauer
Institut für Höhere Studien
 
ORF ON Science :  Peter Biegelbauer :  Gesellschaft .  Wissen und Bildung 
 
EU-Osterweiterung: Kurz- und langfristig gedacht  
  In der öffentlichen Diskussion werden oft - und mitunter heftig - die kurz- und mittelfristigen Auswirkungen der EU-Osterweiterung verhandelt. Zwistigkeiten um mehr oder weniger unsichere Atommeiler, eventuell verlorengehende Arbeitsplätze und möglicherweise auch in Osteuropa vorhandene Netzwerke organisierten Verbrechens lassen die eigentlichen Chancen der Osterweiterung in den Hintergrund treten.  
Erfolgreiche Osterweiterung gesucht
Enorme Wachstumschancen und eine nachhaltige Friedenssicherung sind in der Region nur über eine geglückte Osterweiterung vorstellbar. Die Integration der Mittel- und Osteuropäischen Beitrittswerber in die Europäische Union wird aber nur dann erfolgreich sein, wenn nicht nur die kurzfristigen ökonomischen und politischen Einflußgrössen Berücksichtigung finden.

Langfristig werden andere Dimensionen von zumindest gleich großer Wichtigkeit sein, wie beispielsweise die Einbindung der Mittel- und Osteuropäischen Firmen in den internationalen Produktionsprozeß, die Qualität der Ausbildung der Menschen und der Zustand der wissenschaftlichen Institutionen.
Langfristige Faktoren sichern den Erfolg
Diese langfristigen Faktoren beeinflussen direkt die Wachstums- und Modernisierungsaussichten der EU-Beitrittswerber und somit auch politisch heiß umkämpfte Problemstellungen wie die der Arbeitsmigration oder der Frage, wieviele Gelder in den Aufbau der Volkswirtschaften der Beitrittskandidaten fliessen müssen, um diesen eine echte Integration in die EU zu ermöglichen - ähnlich wie das bei Irland, Spanien oder Portugal geglückt ist.
Wissenschaftliche Studie in vier Ländern
Ein kürzlich beendetes internationales Kooperationsprojekt des Instituts für Höhere Studien (IHS) und des Österreichischen Ost- und Südosteuropainstitutes (OSI) mit vier Partnerinstituten in Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien untersuchte einige jener langfristigen Faktoren, die für die Prosperität der EU-Beitrittswerber mittel- und langfristig von besonderer Bedeutung sind - analysiert wurden die Auswirkungen der ausländischen Direktinvestitionen auf die vier Mittel- und Osteuropäischen Länder (MOEL).
->   Institut für Höhere Studien
->   Ost- und Südosteuropa-Institut
Auswirkungen von ausländischen Direktinvestitionen
In der Studie ging es unter anderem um die Einbindung der MOEL-Unternehmen in nationale und internationale Produktionsnetzwerke, aber auch die Ausbildung der Arbeitnehmer durch die Unternehmen und die Auswirkungen der geänderten Industriestrukturen auf die Universitäten.

Es wurde offensichtlich, daß ausländische Direktinvestitionen das Potential zu sehr unterschiedlichen Auswirkungen auf die MOEL haben.
Chancen und ...
Prinzipiell überwogen in den durchgeführten Fallstudien die positiven Effekte der ausländischen Direktinvestitionen. Dazu zählte in beinahe allen Fällen eine bessere Ausbildung der Arbeitnehmer sowie der Einsatz modernerer Technologien und Organisationsformen. Insgesamt bewirkten die Direktinvestitionen neben einer oftmaligen Sicherung des Standortes also auch eine Reihe von wichtigen positiven Effekten.
... Gefahren von Direktinvestitionen
Freilich besteht auch eine Gefahr für die EU-Beitrittswerber: eine Reihe von Sektoren zeichnen sich im Moment durch eine spezifische Kombination von Rohstoff- und Halbfertigproduktimporten, sowie einen Halbfertigproduktexport aus, bei dem nur eine relativ geringe Wertschöpfung im Land verbleibt.

Wichtiger ist hier allerdings noch, daß diese Wirtschaftsstruktur die Vernetzung der ausländisch dominierten Betriebe mit einheimischen Betrieben und Forschungseinrichtungen erschwert.
Zukunftsaussichten
Im Moment scheint sich für die am ökonomisch weitest entwickelten EU-Beitrittswerber ein leichter Trend abzuzeichnen, diese Isolation ausländisch dominierter Firmen zu durchbrechen. Der beste Weg der Verhinderung großer Arbeitsmigrationsströme ist sicherlich nicht Fristen gegen die Auswanderung zu konstruieren, sondern attraktive Arbeitsplätze in den MOELs zu kreieren.

Es ist also im besten Interesse der EU-Staaten ebenso wie der Beitrittswerber durch Schaffung von Anreizen und gesetzlichen Regelungen darauf zu achten, daß ausländische Investoren die MOEL nicht nur als die vielzitierte "verlängerte Werkbank" benützen.
->   IHS-Working Paper
 
 
 
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