Host-Info
Peter Biegelbauer
Institut für Höhere Studien
 
ORF ON Science :  Peter Biegelbauer :  Gesellschaft .  Wissen und Bildung 
 
Reformiert die österreichische Reformdiskussion!  
  Wie die in den letzten Monaten geführten Debatten um die geplante Reform der Universitäten, Höhe und Art der Forschungsausgaben und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Landes zeigen, bekommen die Themen Forschung und Technologie auch in Österreich größeres Gewicht. Erstaunlich ist allerdings, daß diese thematisch eng verknüpften Bereiche oft nicht in ihrem direkten Zusammenhang, sondern voneinander getrennt diskutiert werden.  
Viele Reformdebatten
Und das funktioniert so: Die Reform der Universitäten wird im Wesentlichen zwischen Vertretern der universitären Kurien und der Hochschulsektion des Bildungsministeriums diskutiert. Die Aufteilung der Reste der Technologiemilliarden wiederum wird zwischen dem Rat für Forschung und Technologieentwicklung und dem Innovations-, Bildungs- und Wirtschaftsministerium diskutiert.

Die Forschungsausgaben der Wirtschaft werden, zumindest hin und wieder, zwischen der Bundesregierung, wirtschaftlichen Interessenvertretungen und dem Rat für Forschung und Technologieentwicklung diskutiert. Über Höhe, Steuerungsfunktion und andere Auswirkungen der Studiengebühren wird außerhalb der Österreichischen Hochschülerschaft kaum mehr diskutiert.
Wenig Gleichklang
Die Vernetzung dieser Einzeldebatten ist jedoch dringend notwendig, denn ohne dem Mitbedenken der jeweils anderen Diskussionen, ist zu befürchten, daß die einzelnen Reformen wieder einmal nur Stückwerk bleiben:

- Die Unireform droht zu ungewollten und paradoxen Resultaten zu führen, denn die an sich notwendigen Änderungen drohen weniger zur einer Leistungsmotivation durch ein Ende der "Pragmatisierung für Alle" zu führen, sondern zu einer Ungleichverteilung von Unsicherheit und Mitspracherechten innerhalb der komplexen Organisation Universität.

Im Bereich der Studiengebühren ist der einzige momentan absehbare Effekt ein langfristiger Rückgang der Studierendenzahlen aus einkommensschwachen Familien.
Verpuffende Technologie-Milliarden?
- Die Technologiemilliarden drohen zu verpuffen, denn einige hundert Millionen Schilling pro Forschungsförderungsfonds bewirken von sich aus kaum strukturelle Veränderungen.

Vor allem bedeuten sie aber keine Verbesserung der Situation der außeruniversitären Forschung, die ohnehin ständig in ihrer Substanz bedroht ist. Denn für sie sind die beiden großen Fonds als Finanziers uninteressant, da sie Forschung derzeit nicht kostendeckend fördern. Diesbezüglich ermunternde Aussagen seitens des Rats für Forschungs- und Technologieentwicklung sind dank fehlender Mittel im Moment nur Zukunftsmusik und zudem mit dem Makel behaftet einige Disziplinen weitgehend zu ignorieren.

- Ohne strukturelle Änderungen der Forschungslandschaft und gesteigerte Mittelausgaben ist aber die gebetsmühlenartig wiederholte angestrebte Forschungsquote von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts praktisch unerreichbar.
Die Misere der Universitäten
Tatsächlich liegt an den Universitäten einiges im argen. Ein Teil des Lehrpersonals ist demotiviert, was unter anderem an fehlenden Karrieremöglichkeiten und der Überlastung durch dem im internationalen Vergleich äußert ungünstigen numerischen Verhältnis von Lehrenden und Studierenden liegt.

Sollen die Studentenzahlen nicht gesenkt werden - was nicht sinnvoll wäre - müßten neue, nach Leistungskriterien vergebene Stellen geschaffen und nicht einfach nur die alten Posten umverteilt werden. Unter diesen geänderten Rahmenbedingungen könnte auch eine Reform des Dienstrechts besser greifen, weil sie NachwuchswissenschaftlerInnen, bei gleichzeitiger regelmäßiger Leistungsevaluation, Karriereaussichten schaffen würde.

Unter besseren Arbeitsbedingungen müßte auch niemand mehr Evaluationen fürchten - jenes wichtige Instrument also, von dem man sich eine Anhebung des Niveaus der Universitäten auf internationales Spitzenniveau erwartet. Ganz im Gegenteil könnten Evaluationen, vor allem wenn sie mit finanziellen und nichtfinanziellen Anreizen verbunden wären, unter derart geänderten Rahmenbedingungen als Ansporn begriffen werden.
Geld regiert die Welt
Selbstverständlich würde eine solche Reform Geld kosten, das aber in der Form der Technologiemilliarden und der Studiengebühren - die ohne Verbesserung des Angebotes der Universitäten ohnehin nur schwer zu rechtfertigen sind - vorhanden wäre.

Auch die Wirtschaft, die bisher die zu hohen Ausgaben für die Grundlagenforschung monierte, könnte mit einer solchen Regelung zufrieden sein. Denn ein (ohnehin geplantes) Evaluationssystem könnte auch die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft positiv honorieren. Zudem beklagen die Firmen, daß für Forschungskooperationen nicht nur der Wille zur Kooperation seitens der Universitäten, sondern oft auch die benötigten Ressourcen seitens der Forschung fehlten.

Eine gezielte Investition in die Universitäten könnte also auch der Wirtschaft helfen, ihre eigenen Forschungsausgaben zu steigern. Diese kämen als Drittmittel teilweise auch wieder den Universitäten zu Gute - sieht man von der Umwegrentabilität einer besseren Ausbildung zukünftiger Mitarbeiter für die Firmen einmal ganz ab.
->   Weitere Beiträge von Peter Biegelbauer
->   Beiträge zur Universitätsreform in science.ORF.at
 
 
 
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