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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima .  Leben 
 
Klimawandel bedroht eine Million Tier- und Pflanzenarten  
  Infolge der Klimaerwärmung könnten nach einer Studie bis zu einem Viertel aller Landtiere und Pflanzen aussterben. Wie ein internationales Team berichtet, drohen über eine Million Arten bis zum Jahr 2050 von der Erde zu verschwinden, falls der Treibhausgas-Ausstoß nicht weltweit drastisch reduziert wird. An der bisher umfangreichsten Studie zu dem Thema haben Wissenschaftler aus fünf Kontinenten mitgearbeitet.  
"Die Untersuchung macht klar, dass Klimawandel die wichtigste Ursache für Artensterben sein wird", sagt die Mitautorin der Studie, Lee Hannah von der Organisation "Conservation International" in Washington. Von den mehr als 1.100 in die Studie aufgenommenen Tier- und Pflanzenarten werden den Computermodellen zufolge je nach Grad der Erwärmung 18 bis 35 Prozent aussterben.
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Die Studie "Extinction risk from climate change" von Chris D. Thomas und weiteren 18 Autoren erschien in der Fachzeitschrift "Nature" (Band 427, S. 145-8, Ausgabe vom 8.1.2004).
->   Original-Abstract in "Nature"
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Extrapolation: Mehr als eine Million Arten gefährdet
"Wenn diese Berechnung weltweit verallgemeinerbar ist und somit auf andere Tiere und Pflanzen zutrifft, dann bedeutet das, dass weit über eine Million Arten in Folge des Klimawandels vom Aussterben bedroht sind", sagt der Leiter des Forscherteams, Chris Thomas von der Universität Leeds.

Die Wissenschaftler hatten sechs der artenreichsten Regionen der Welt untersucht, darunter Gebiete in Australien, Mexiko, Europa und Südafrika. Diese repräsentieren etwa 20 Prozent der Landmasse.
Drei Szenarien durchgespielt
Da keine exakte Vorhersage des Klimawandels möglich ist, haben die Forscher drei unterschiedliche Szenarien durchgespielt: den niedrigsten, mittleren und maximal angenommenen Temperaturanstieg auf der Erde bis zum Jahr 2050.

Mit Hilfe von Computermodellen wurde der Einfluss der Erderwärmung auf ausgesuchte 1.103 Tier- und Pflanzenarten vorhergesagt - darunter Säugetiere, Vögel, aber auch Reptilien und Schmetterlinge.
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Grundlage des Modells: Die Arten-Areal-Beziehung
Der Modellbildung am Computer liegt ein ökologisches Gesetz zugrunde: die Arten-Areal-Beziehung ("species-area relationship"). Diese besagt kurz gefasst, dass kleinere Areale weniger Arten beinhalten als große. Darauf aufbauend lässt sich die Zahl der aussterbenden Arten abschätzen, wenn deren Lebensräume zerstört bzw. die klimatischen Bedingungen außerhalb der Toleranzgrenze liegen.
->   Mehr dazu bei www.biologische-diversität.de
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Lebensraumzerstörung verschärft Problem
Bild: Nature
"Besonders beunruhigend ist, dass gleichzeitig zum Klimawandel immer mehr Lebensraum zerstört wird", sagte Thomas. "Ein Temperaturanstieg kann eine Art dazu zwingen, in eine kältere Umgebung abzuwandern. Aber wenn dieser Rückzugsraum wie in so vielen Fällen bereits zerstört ist, gibt es für diese Art keinen Zufluchtsort mehr."

Bild rechts: Die Beziehung zwischen Arealgröße (Abszisse) und Artenzahl (Ordinate), dargestellt mit logarithmischen Achsen .
Aussterberaten: 18 bis 35 Prozent
In Zahlen ausgedrückt ergeben sich für den niedrigsten (0,8-1,7 °C), mittleren (1,8-2,0 °C) und maximal (>2,0 °C) angenommenen Temperaturanstieg auf der Erde bis zum Jahr 2050 Aussterberaten von 18, 24 und 35 Prozent.

Die Studie geht auch ins Detail: Für Europa sagen die Wissenschaftler bei ungestoppter Erderwärmung das Aussterben von einem Viertel der Vogelarten voraus, darunter etwa jenes des Roten Milans.
"Problem ist Teil des Hier und Jetzt"
Dem gemäß komme einer - raschen - Reduzierung der Treibhausgase eine besondere Bedeutung zu, schreiben J. Alan Pounds und Robert Puschendorf in einem begleitenden Kommentar in "Nature".

Dies könne das Maß der zukünftigen Erwärmung und somit auch die zu erwartenden Extinktionsraten minimieren. Allerdings sei die nun vorgestellte Studie nach ihrer Ansicht eventuell zu optimistisch. Denn sie berücksichtige z.B. keine zusätzlichen ökologischen Faktoren, die direkt von der Temperatur abhängen, wie etwa die Luftfeuchte oder Parasitenwachstum.

"Die Bedrohung des Lebens auf der Erde ist nicht nur ein Problem der Zukunft", so die beiden Forscher aus Costa Rica: "Sie ist vielmehr Teil des Hier und Jetzt".
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Der Artikel "Clouded futures" von J. Alan Pounds und Robert Puschendorf erschien in der Fachzeitschrift "Nature" (Band 427, S. 107-9, Ausgabe vom 8.1.2004).
->   Original-Artikel (kostenpflichtig)
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->   Conservation International
->   Chris Thomas Hompage (Univ. Leeds)
Mehr zu diesem Thema in science.ORF:at
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01.01.2010