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IMP: "Krebs-Gen" mit Doppel-Funktion entdeckt  
  Bestimmte Erbanlagen stehen unter Generalverdacht: Sind sie im Zusammenhang mit der Entstehung von Tumoren aufgetaucht, nennt man sie "Krebs-Gene" - und spricht ihnen zumeist jegliche positive Eigenschaft ab. Doch zumindest manchmal könnten sie auch in "gutartiger Mission" unterwegs sein, wie ein heimisches Forscherteam nun bei einem jener übel beleumundeten "Krebs-Gene" feststellen konnte. Die Erbanlage namens "Fos" führt unter Umständen sogar zum Rückgang von Tumoren.  
Die Forscher vom Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien konnten zeigen, dass die als Onkogen "verrufene" Erbanlage Fos bei bestimmten Weichteiltumoren auch zu deren Rückgang beitragen kann.

Eine entsprechende Arbeit ist jetzt in der wissenschaftlichen Zeitschrift "Cancer Cell" erschienen.
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Der Artikel "Rhabdomyosarcoma development in mice lacking Trp53 and Fos: Tumor suppression by the Fos protooncogene" ist erschienen in "Cancer Cell", Bd. 4, Seiten 477 - 482, Ausgabe vom Dezember 2003.
->   Abstract des Artikels in "Cancer Cell"
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Rhabdomyosarkom: Entartung des Muskelgewebes
"Das Rhabdomyosarkom (RMS) ist der häufigste Weichteiltumor im Kindesalter. Es nimmt seinen Ursprung von den Muskelzellen und betrifft am häufigsten den Kopf- und Halsbereich. Etwa fünf bis acht Prozent aller Krebserkrankungen bei Kindern entfallen auf RMS", teilte das IMP, die seit Jahren vom deutschen Pharmakonzern Boehringer Ingelheim in Wien betriebene Grundlagenforschungseinrichtung, in einer Aussendung mit.

Über die genetischen Veränderungen, die dieser Entartung des Muskelgewebes zu Grunde liegen, war bisher kaum etwas bekannt. Nun haben neueste Forschungsergebnisse des Teams um Erwin Wagner diesen Mechanismus in Ansätzen klären können und sind dabei auf überraschende Erkenntnisse gestoßen.
Forschungsgebiet Onkogene - Tumorauslöser
Die Wissenschafter am IMP beschäftigen sich intensiv mit Genen, die Tumore auslösen können, so genannte Onkogene. Eines davon - Fos - ist seit Jahren Forschungsgegenstand von Wagners Arbeitsgruppe. Ist es überaktiv, so entsteht bei Mäusen Knochenkrebs.

Nun gelang es den Experten, Fos in Mäusen auszuschalten, bei denen zuvor bereits ein anderes Gen mit dem Namen Trp53 inaktiviert wurde. Trp53 (auch als p53 bekannt) ist in zahlreichen Tumoren mutiert; sein Fehlen wird mit einem ganzen Spektrum bösartiger Erkrankungen in Zusammenhang gebracht.
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Großteil aller Krebsarten mit p53-Mutation
P53 ist eines der bekanntesten "Tumorsupressorgene". Dessen Produkt, das p53-Protein, leitet in gesunden Geweben u.a. den programmierten Zelltod (Apoptose) ein. In Krebsgeweben ist diese Funktion zumeist eingedämmt. Mehr als die Hälfte aller Krebsarten weist Forschungen zufolge eine Mutation des p53-Gens auf. Durch den Defekt dieses Gens kommt es zu einer vermehrten Zellteilung und einer raschen Verbreitung der Krebszellen. Eigenschaften, welche diese mutierten Zellen so gefährlich machen.
->   Informationen zu p53 (p53 Mutation Database)
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Ohne Fos und Trp53: Tumore als Folge
"Mäuse ohne Fos und Trp53 entwickeln rasch charakteristische Tumore an Kopf und Hals. Der Zeitpunkt der Entstehung, die Lokalisation und die chemischen Eigenschaften des Gewebes lassen keinen Zweifel daran: die Mäuse leiden an Rhabdomyosarkom", so das IMP.

Damit steht nach Angaben der Forschungseinrichtung erstmals ein adäquates Tiermodell für die Erkrankung zur Verfügung. "Nicht nur die molekularen Mechanismen der Tumorentstehung sollen dadurch leichter zugänglich werden; auch die Hoffnung auf neue Ansätze für zukünftige Therapien ist damit verbunden."
Fos wieder eingeschaltet - Teilsterben der Krebszellen
Die Forscher gingen bei ihren Versuchen aber noch einen Schritt weiter: In kultivierten Tumorzellen schalteten sie Fos wieder ein und beobachteten daraufhin ein teilweises Absterben der Krebszellen.

Dieses - auch für die Wissenschaftler überraschende - Ergebnis beweise, dass Fos unter gewissen Umständen sogar vor Tumoren schützen könne. Ein Onkogen kann also in bestimmten Situationen die entgegengesetzte Funktion übernehmen und zum Tumorsuppressorgen werden.
Mahnung zur Vorsicht bei Klassifizierung
Wagner, der mit dieser Entdeckung nicht gerechnet hatte, mahnte deshalb zu größerer Zurückhaltung bei der Klassifizierung von Genen: "Wir müssen sehr vorsichtig sein, wenn wir ein Gen als Onkogen bezeichnen, da die Funktion je nach Zelltyp ganz unterschiedlich sein kann."
->   Institut für Molekulare Pathologie (IMP)
->   Mehr zum Thema Krebsforschung in science.ORF.at
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Sendehinweis
Mehr zu dem Thema in den Ö1-Dimensionen am 9. Jänner 2004 um 19.05 Uhr.
->   Ö1
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01.01.2010