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Datenfunk nach Delfinvorbild  
  Delfine verständigen und orientieren sich mit Hilfe von Ultraschallsignalen. Dabei senden sie keine konstanten Frequenzen aus, sondern modulieren die Signale - Delfine "singen" in Ultraschall. Nach diesem Vorbild haben Berliner Bionikforscher ein neues System zur Datenübertragung unter Wasser entwickelt.  
"Singende Modems"
Delfine gelten als besonders lernfähige und soziale Tiere. Die Meeressäuger kommunizieren nicht nur in einer eigenen Sprache - sie besitzen auch ein Sonarsystem, das ihnen hilft, sich dank spezieller Signale zu orientieren.

Wissenschaftlern der Technischen Universität Berlin ist es gelungen, diese Delfinsignale erfolgreich zu simulieren. Daraus entwickelten sie eine Methode, mit der Daten per Ultraschall unter Wasser übermittelt werden können.

Dank ihrer neuen "singenden Modems" können die Forscher sogar bereits Bilder senden und empfangen.
Gefahr Sonar
Für manche Meeresbewohner ist Ultraschall nicht ungefährlich. So warnen Biologen etwa vor den Auswirkungen moderner Sonargeräte, wie sie auf Kriegsschiffen eingesetzt werden, um Gegner zu orten.

Der Grund: in diesen Fällen werden meist Ultraschallsignale mit konstanter Frequenz und hoher Energie durch das Meer gejagt. Dieser "Lärm" könnte jedoch das natürliche Sonarsystem von Walen gestört oder gar geschädigt werden, so die Befürchtung von Walschützern.

Für manche Experten ist die "akustische Verschmutzung" der Meere eine der Ursachen dafür, dass immer wieder ganze Walherden die Orientierung verlieren und die mächtigen Meeressäuger hilflos stranden.
->   Militär-Sonar könnte Wale töten (9.10.03)
Deutsch-Ukrainische Kooperation mit ...
Nicht zuletzt um solche tragischen Vorfälle zu vermeiden, versuchten Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin bei der Entwicklung ihrer Unterwasser-Datenübertragung von Delfinen zu lernen.

Durch Kontakte zu ukrainischen Kollegen konnten die Berliner Forscher in Sewastopol am Schwarzen Meer Untersuchungen mit Delfinen durchführen. Die Tiere wurden ursprünglich von der ehemaligen sowjetischen Marine für die Suche nach Schiffsminen ausgebildet.
... unerwarteten Ergebnissen
Die Feldversuche im freien Wasser nahmen eine verblüffende Wendung: "Wir haben unsere Kommunikationssysteme dort im Delfinarium eingesetzt und direkt mit den Delfinen gearbeitet, und die fanden das wahnsinnig spannend", erzählt Projektleiter Rudolf Bannasch.

"Die Tiere sind dorthin getaucht und haben munter mitgezwitschert - wir hatten regelrecht Probleme, unsere eigenen Signale herauszufiltern, weil es ihnen so einen Spaß machte, dort 'mitzusingen'." Mit einer eigenen Firma, die die Forscher gründeten, soll die neue Technologie vermarktet werden.
->   Firma Evologics, Berlin
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"Delfin-Datenfunk"
Das neue Verfahren zur Datenübertragung unter Wasser findet im Frequenzbereich zwischen 40 und 80 Kilohertz statt. Im Idealfall können bis zu 36 Kilobit pro Sekunde drahtlos übertragen werden. Das entspricht immerhin der halben ISDN-Datenrate - und bedeutet Weltrekord unter Wasser. Die Reichweite der "künstlichen Delfinsignale" beträgt bis zu zwei Kilometer. Zudem ist die Verbindung sehr robust - sie wird selbst durch Reflexionen oder Wasserströmungen nicht gestört.
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Ultraschall mit Synergie-Effekt
Ganz nach dem natürlichen Vorbild der Delfine fungieren die neuen Kommunikationssysteme zugleich auch als Sonar - im Gegensatz zu den bisherigen militärischen Systemen ist dieses für die Tiere jedoch vollkommen ungefährlich.

Die eigentlich zur Kommunikation gedachte Datenübertragung kann man gleichzeitig nutzen, um sich im Raum zu orientieren. Auf diese Weise ermöglicht die Methode sozusagen nebenbei zahlreiche Messfunktionen, die mit den künstlichen Delfinsignalen gratis mitgeliefert werden.
Zukunfts-Signale
In Zukunft soll diese Technik besonders in der Meeresforschung eingesetzt werden - etwa zur drahtlosen Übermittlung von Messdaten.

Weitere Anwendungsmöglichkeiten wären die Fernsteuerung von Forschungs-U-Booten, von Baumaschinen, die Unterwasserkabel verlegen oder die Kartierung des Meeresbodens in der Tiefsee.

Ivo Filatsch, Modern Times
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Mehr Informationen zu diesem Thema erhalten Sie in der Sendung "Modern Times" am Freitag, 9.1.2004 um 22.35 Uhr in ORF 2.
->   Modern Times
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->   Institut für Bionik, TU Berlin
 
 
 
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01.01.2010