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Neue Therapien gegen Gesichtslähmung  
  Ganz plötzlich hängt der Mund ganz schief, ein Auge geht nicht zu, eine Hälfte des Gesichts ist gelähmt: Geschätzte dreitausend Menschen in Österreich erkranken an einer Gesichtslähmung (Facialis Parese). In den meisten Fällen verschwindet die Lähmung nach einigen Wochen ganz von alleine. Doch bei manchen Patienten bleibt das Gesicht schief. Mit neuartiger Diagnose und plastischen Operationen können Wiener Ärzte diesen Patienten helfen und ihnen auch wieder ihr Lächeln zurückgeben.  
Ursache meist unbekannt
Nur bei jedem dritten Patienten finden die Ärzte die Ursache der Lähmung des Gesichtsnervs. Es kann ein Schlaganfall sein, Infektionen mit Borrelien nach einem Zeckenbiss, Gürtelrose, Tumoren oder Schädelverletzungen. Eine Operation kommt nur dann in Frage, wenn keine Hoffnung mehr besteht, dass sich die Lähmung spontan zurückbildet.

Das Aussehen, das schiefe Gesicht ist nur ein Problem. Auch Sprechen, Essen und Trinken sind schwierig. Das Augenlid schließt nicht. Damit die Hornhaut nicht austrocknet, müssen die Patienten ständig Augensalben verwenden und in der Nacht einen Augenverband tragen.
->   Mehr über Facialis Parese (www.neuro24.de)
3-D-Videoanalyse
 
Bild: ORF

Wissenschaftler an der plastischen Chirurgie im Wiener AKH haben gemeinsam mit der ETH in Zürich eine 3-D-Videoanalyse zur Beobachtung von Gesichtsbewegungen entwickelt. Der Kopf des Patienten befindet sich zwischen drei Spiegeln, die das Gesicht von vorn und von beiden Seiten zeigen.

Die Gesichtsmuskeln werden mit Punkten markiert. Mit der Videokamera werden alle Mimik-Bewegungen dreidimensional verfolgt. Die Analyse der aufgezeichneten Bilder dient als Vorbereitung für eine Reihe von plastischen Eingriffen. Sie sollen jene Nerven und Muskeln ersetzen, die durch die Lähmung verkümmert sind und so wieder ein harmonisches, symmetrisches Aussehen des Gesichtes ermöglichen.
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Wesentliche Details
Dazu der Erfinder der Technik, Professor Manfred Frey von der Plastischen Chirurgie im AKH Wien: "Wir haben gesehen, dass es nicht um den groben Eingriff geht, sondern um die vielen Details, die berücksichtigt werden müssen. Und da hilft uns die Videoanalyse, diese Details in ihrer Signifikanz, in ihrem Einfluss für die Bewegung herauszufiltern und zum Beispiel in einem weiteren Eingriff dann noch einmal für den individuellen Patienten was zusätzlich tun zu können."
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Plastische Operation in mehreren Schritten
Bild: ORF
Die Operation erfolgt in mehreren Teilen: Beim ersten Eingriff wird die Funktion des Auges verbessert. Ein Teil des Kaumuskels wird von der Schläfe zum Auge geschwenkt. Beim selben Eingriff wird ein Nerventransplantat vom Unterschenkel am Gesichtsnerv der gesunden Seite angeschlossen und zur gelähmten Seite durchgezogen.

Es dauert dann einige Monate, bis an diesem Transplantat Nervenfasern zur gelähmten Seite gewachsen sind. An diese Nerven wird dann bei einer zweiten Operation ein Muskeltransplantat vom Oberschenkel angeschlossen, das die Mundbewegungen und das Lächeln rekonstruiert.

Meist ist noch ein dritter Eingriff nötig, bei dem individuell für jeden Patienten noch Verfeinerungen der Gesichtsmimik gemacht werden. Es dauert mindestens ein halbes Jahr, bis die Patienten erste Zuckungen in dem verpflanzten Muskel spüren.
Erfolge der Therapie
Es ist natürlich nicht möglich, das komplizierte Zusammenspiel von zwanzig Gesichtsmuskeln mit nur einem transplantierten Muskel völlig nachzuahmen. Doch nach einer erfolgreichen Operation wirkt das Gesicht in Ruhe nicht mehr schief.

Das Augenlid funktioniert besser. Das Auge entzündet sich nicht mehr. Sprechen, Essen und Trinken machen keine Probleme mehr. Die Patienten können wieder ein normales Leben führen.

Syliva Unterdorfer, Modern Times Gesundheit
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Mehr dazu in Modern Times Gesundheit am Freitag, 16. 01. 2004, ORF 2, 22.35 Uhr.
->   Modern Times Gesundheit
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Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Keine Gesichtstransplantationen - bis auf weiteres (19.11.03)
->   Gesichtstransplantation: Von der Utopie zur Realität? (27.11.02)
 
 
 
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01.01.2010