News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung .  Technologie 
 
Innsbrucker Forscher entdeckten neuen Eis-Typ  
  Einen neuen Eis-Typ mit besonders hoher Dichte entdeckten Forscher der Universität Innsbruck. Das durch ein Projekt des Wissenschaftsfonds (FWF) gefundene "Very high density amorphous ice" (VHDA) entsteht unter hohem Druck und ist deutlich schwerer als Wasser.  
Mindestens 18 verschiedene Eis-Typen
Bild: K. Libbrecht, P. Rasmussen
Schon ein einfacher Blick in die winterliche Natur beweist: Gefrorenes Wasser ist nicht gleich gefrorenes Wasser. Schnee, Eis oder Raureif, je nach Art und Weise, wie es gefroren ist, sieht Wasser sehr unterschiedlich aus. Wissenschaft wäre nicht Wissenschaft, wenn die Sache nicht in den Labors noch um Klassen komplizierter wäre.

Mittlerweile unterscheiden Chemiker wenigstens 18 verschiedene Eis-Typen. Wenngleich ein Großteil davon in irdischer Natur gar nicht vorkommt, begegnet man dem exotischen Eis sehr wohl etwa in Kometen oder auf Monden.
Kristallin, kubisch, amorph
"Grundsätzlich unterscheiden wir kristallines und amorphes Eis", erklärte dazu Projektmitarbeiter Thomas Loerting vom Institut für Allgemeine, Anorganische und Theoretische Chemie der Uni Innsbruck gegenüber der APA. In der Natur kommt praktisch nur die kristalline, sechseckige (hexagonale) Form vor. Eine relativ einfache Struktur weist auch noch kubisches - also würfelförmiges - Eis auf, dessen Atome so angeordnet sind wie der Kohlenstoff in einem Diamanten.

Erst im Jahr 2000 gelang der Nachweis, dass kubisches Eis tatsächlich auf der Erde existiert. Mittels optischer Methoden konnte gezeigt werden, dass es aus Wolkentröpfchen in der Atmosphäre entstehen kann.
...
Unter Druck wird Struktur komplizierter
Unter Druck lassen sich noch wenigstens elf weitere Typen künstlich herstellen. Die Grundgerüste sind meist komplizierte Formen. So können, je nach Druck, oft mehrere Wasser-Netzwerke in einander verschachtelt sein oder sich Ringstrukturen ausbilden.
...
Amorphes Eis mit niedriger und hoher Dichte
Eher wie flüssiges Wasser und ohne kristalline Grundstrukturen ist so genanntes amorphes Eis aufgebaut. Es entsteht bei sehr hohem Druck und niedrigen Temperaturen. Je höher der Druck, desto näher rücken auch die Atome an einander.

In der niedrigsten Dichte "low density amorphous ice" (LDA) ist es noch leichter als flüssiges Wasser. "High density amorphous ice" (HDA) ist dagegen schon schwerer und würde als Klumpen im Wasser untergehen. Theoretisch jedenfalls, denn der Klumpen würde im Wasser sofort eine andere Struktur annehmen.
VHDA besonders schwer
Das von Andreas Hallbrucker und seinem Team vom Institut für Allgemeine, Anorganische und Theoretische Chemie der Uni Innsbruck neu entdeckte VHDA ist noch schwerer. Es hat schon eine Dichte von 1,3 Gramm pro Kubikzentimeter. Zum Vergleich, Wasser hat ein Gramm pro Kubikzentimeter.

Das "Very high density amorphous" entstand bei der Erwärmung von HDA unter hohem Druck durch Volumenreduktion und stellt die fünfte Form amorphen Eises dar. Für VHDA konnte gezeigt werden, dass im Gegensatz zu HDA jedes Wassermolekül von sechs anstatt fünf Wassermolekülen in einer lokalen Ordnungseinheit umgeben sei - was den beobachteten Volumenverlust und somit die hohe Dichte erkläre, so die Forscher.
Wichtig u.a. für Astronomie
Die Erkenntnisse der Innsbrucker Forscher sind etwa bei Astronomen sehr begehrt. Denn bei Untersuchungen etwa von Kometen, Planeten oder Monden stoßen die Wissenschaftler immer wieder auf exotische Eisformen. VHDA könnte klären helfen, welche Eisformen unter gegebenen Temperatur- und Druckverhältnissen existieren - und welche strukturellen Umwandlungen im Eis passieren, wenn sich die Konditionen, z. B. infolge eines Meteoriteneinschlages, ändern.

Die Eisforschung soll aber auch die innere Struktur von Wasser besser erklär- und verstehbar machen. Denn man glaubt es kaum, aber auch das normale, flüssige Wasser birgt noch viele Geheimnisse.
->   Institut für Allgemeine, Anorganische und Theoretische Chemie, Uni Innsbruck
->   FWF
->   snowcrystals.com
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   "Schizophrenes" Wasser: Anomalie erstmals erklärt (13.10.03)
->   Eisbildung erstmals am Computer simuliert (28.3.02)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung .  Technologie 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010