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Experten warnen vor Viren aus dem Tierreich  
  Vogelgrippe und SARS, AIDS und BSE. Die meisten neuen gefährlichen Krankheitserreger stammen aus dem Tierreich. Ihre Zahl scheint anzusteigen, sagt etwa Klaus Stöhr, Leiter des Influenza-Programms der WHO.  
Ein Grund sei der weltweite Wandel in vielen Bereichen. Die Kultur ändere sich ebenso wie die sozialen Verbindungen und die Transportmittel. Auch die Tierzucht wandle sich und die Art, Nahrungsmittel zu produzieren.

"All das wird ohne jeden Zweifel einen Einfluss auf den Weg haben, wie Mikroorganismen uns erreichen können." Und ebenso darauf, wie die Erreger sich verhalten und entwickeln.
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Beispiel Vogelgrippe: Kreuzung befürchtet
Die WHO befürchtet derzeit beispielsweise eine mögliche Kreuzung des in Asien grassierenden, aggressiven Geflügelpestvirus H5N1 mit menschlichen Grippeviren, aus der sich eine für Menschen tödliche Seuche entwickeln könnte. Voraussetzung dafür wäre vor allem, dass der neue Erreger von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.
->   Mehr zu diesem Thema - Stichwort Vogelgrippe - in science.ORF.at
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Etwa eine neue Krankheit pro Jahr
Im Durchschnitt komme jedes Jahr eine neue Infektionskrankheit hinzu, erläutert der Infektionsbiologe Jörg Hacker von der Universität Würzburg. Der Anstieg von registrierten Keimen verschiedener Herkunft liege unter anderem an der besseren Diagnostik, insbesondere per Gentechnik.

Hacker verweist jedoch auch auf das Bevölkerungswachstum - im 20. Jahrhundert hat sich die Zahl der Menschen auf rund sechs Milliarden vervierfacht. "Die Menschen rücken immer dichter zusammen."

Die Riesenansammlungen von Blechhütten ohne Kanalisation in Städten wie Bombay unterstützen die Verbreitung von Krankheiten. Die Riesenfarmen und Riesenschlachthallen in Südostasien fördern Geflügelkrankheiten.
Enger Kontakt von Mensch und Tier
Besonders beim engen Kontakt von Menschen und Tieren müssten laut Hacker bestimmte Hygieneregeln eingehalten werden. Solche Traditionen aus Gesellschaft und Religion würden jedoch zuweilen vergessen oder nicht mehr gelebt.

Früher habe es etwa in Afrika Regeln gegeben, Wildtiere zu achten. "Sie wurden nur im Zusammenhang mit gewissen Ritualen getötet und gegessen", betont Hacker. "Es scheint so, dass Ebola und AIDS durch das Jagen von Wildtieren zum Menschen kamen."
Ausbreitung des Menschen als Problem
Der Leiter des Berliner Robert Koch-Instituts, Reinhard Kurth, sieht auch in der Ausbreitung des Menschen einen Grund für den Ausbruch neuer Krankheiten:

"Mittlerweile ist der Mensch in so ziemlich jeden Winkel der Erde vorgedrungen." Er sei daher mit fast allen Tieren und Pflanzen in Kontakt gekommen - und somit auch mit neuen Erregern.
Affenpocken und Oropouche-Fieber
"Die Affenpocken zum Beispiel traten in Zentralafrika praktisch nur dort auf, wo umfangreiche Waldrodungen vorgenommen worden waren", so Kurth. Der erste Ausbruch außerhalb Afrikas geschah im Juni 2003 in den USA, weil Menschen dort Präriehunde, die den Erreger der Affenpocken übertragen können, als Haustiere hielten.

Als weiteres Beispiel für den Eingriff in die Natur nennt der Experte die starke Ausweitung des Kakaoabbaus in Mittel- und Südamerika in den 60er Jahren.

Dort breitete sich das mit Blutungen einhergehende Oropouche-Fieber aus, da die Viren übertragenden Stechmücken in zahllosen mit Regenwasser gefüllten Kakaoschalen ideale Brutbedingungen fanden.
Handel und Reisen als Verbreiter von AIDS
Den Zug der Erreger unterstützt der Mensch zuweilen tatkräftig. "Schon Cholera, Pest und Pocken breiteten sich früher entlang der Handelsstraßen aus", sagt der Direktor des Hamburger Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin, Bernhard Fleischer. "Heute geht alles viel schneller."

AIDS sei wahrscheinlich schon viele Jahrzehnte in Afrika gewesen, erläutert Fleischer mit Verweis auf neue Tests von alten Blutproben. Isolierte Ausbrüche gab es vermutlich immer wieder, erst mit Reisenden jedoch gelangte HIV rund um den Globus.

In Asien und Afrika werde AIDS von Lkw-Fahrern entlang der Straßen weitergetragen. Nach Auskunft von Kurth erfuhr das HI-Virus Anfang der 80er Jahre seine schnellste Ausbreitung entlang der Fernstraße von Kampala (Uganda) nach Mombasa (Kenia).

Simone Humml, dpa/ science.ORF.at
->   World Health Organisation (WHO)
->   Institut für Molekulare Infektionsbiologie (Universität Würzburg)
->   Robert Koch Institut
->   Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
 
 
 
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01.01.2010