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Sexualität: Affen zeigen komplexe neuronale Prozesse  
  Geht es um die Sexualität, so spricht man in Bezug auf die Tierwelt gerne vom reinen "Fortpflanzungstrieb" - und gesteht auch unseren nächsten Verwandten, den Primaten, keine komplexeren "Denkvorgänge" zu. Doch die Wahrheit könnte anders aussehen, wie Forscher nun anhand von bildgebenden Methoden herausgefunden haben. Demnach zeigen Affen sehr wohl auch eine gesteigerte Gehirnaktivität etwa in Bereichen der Entscheidungsfindung, wenn sie sexuelle Signale wahrnehmen.  
Die Wissenschaftler um Charles T. Snowdon vom Department of Psychology der University of Wisconsin-Madison untersuchten, was im Gehirn von Brasilianischen Krallenäffchen vor sich ging, während die Tiere - allesamt Männchen - den für sie erregenden Duft von Weibchen ihrer Art rochen.
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Der Artikel "Activation of neural pathways associated with sexual arousal in non-human primates" ist erschienen im "Journal of Magnetic Resonance Imaging" (Bd. 19, Seiten 168 - 175, Ausgabe vom 2. Februar 2004; doi:10.1002/jmri.10456).
->   Abstract des Artikels im "Journal of MRI"
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Untersuchung mithilfe der fMRI
Die in mittel- und südamerikanischen Regenwäldern vorkommenden Krallenäffchen leben - ähnlich wie Menschen - in kleinen Familiengruppen zusammen. Was aber geht in den Gehirnen der Männchen vor sich, wenn sie auf ein fortpflanzungsbereites Weibchen treffen?

Dieser Frage ging das Forscherteam nach - und bediente sich dafür der bildgebenden Technik der funktionellen Magnetresonanz (fMRI), welche die Gehirnaktivität der untersuchten Affen darstellte.
->   Mehr zu Krallenaffen (discovery.de)
Geruchssignale als Auslöser
Die kleinen Primaten wurden per fMRI beobachtet, während ihnen spezielle Geruchssignale präsentiert wurden.

Zum einen waren dies genitale Drüsensekrete von Weibchen, die kurz vor der Ovulation standen oder gerade einen Eisprung hatten. Zum anderen rochen sie Sekrete von unfruchtbaren Krallenaffen-Weibchen, sodass die Forscher die verschiedenen Reaktionen vergleichen konnten.

Wenn also die Männchen schließlich die "sexy Düfte" der ovulierenden Damen in die Nase bekamen, zeigten ihre fMRI-Aufnahmen deutlich jene Areale ihres Gehirns, in denen die Aktivität dank des Geruchssignals gestiegen war.
Entscheidungsfindung, Gedächtnis, kognitive Kontrolle ...
Diese Bilder aber verblüfften die Wissenschaftler, denn sie zeigten sehr deutlich eine gesteigerte Aktivität in Arealen, die mit der Verarbeitung kognitiver Prozesse in Verbindung stehen.

"Wir waren überrascht, als Reaktion auf olfaktorische Signale ein hohes Niveau an neuronaler Aktivität in jenen Regionen des Gehirns zu beobachten, die wichtig für das Treffen von Entscheidungen sind, ebenso wie in reinen Regionen der sexuellen Erregung", erläutert Forschungsleiter Snowdon die Ergebnisse.

Viel stärker als erwartetet leuchteten demnach jene Areale auf, die mit Entscheidungsfindung, Gedächtnis, aber auch der Verarbeitung von Emotionen und Belohnung sowie kognitiver Kontrolle assoziiert werden.
Übereinstimmung mit fMRI-Studien am Menschen
Nach Angaben der Wissenschaftler stimmen die Ergebnisse ihrer Studie zudem überraschend gut mit fMRI-Untersuchungen an menschlichen Probanden überein.

Die Affenmännchen würden also nicht notwendigerweise nur aufgrund einer Art von Urtrieb zur Fortpflanzung handeln, heißt es in einer Aussendung der University of Wisconsin. Stattdessen zeigten sie hochorganisierte, komplexe neuronale Verarbeitungsprozesse.
->   Department of Psychology der University of Wisconsin
->   Center for Comparative Neuroimaging der UMass Medical School
->   Artikel zum Stichwort Primat in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010