News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Technologie 
 
Was bedeutet schon Information?  
  Der Informationsbegriff hat eine leidvolle Geschichte. Alltagssprachlich denkt man dabei an Erkenntnis, an Wissen, an eine Mitteilung oder Botschaft. Allerdings hat auch die Nachrichtentechnik den Begriff für sich in Anspruch genommen. Das Ergebnis ist eine verwirrende Anzahl von Definitionen, die nicht unbedingt in Beziehung zueinander stehen.  
Es gibt nie nur eine Interpretation von Informationen
In den 50er Jahren, so erzählt Tjebbe van Tjien, Amsterdamer Bibliothekar und Medienkünstler, bauten Wissenschaftler das Skelett eines Dinosauriers falsch zusammen. Nicht, weil sie es nicht besser gewusst hätten, sondern weil sie nicht akzeptieren wollten, dass es neben dem Menschen auch andere intelligente und höher entwickelte Lebewesen gegeben hat.

Das allein deutet schon darauf hin, dass etwas verschiedene Bedeutungen haben kann, so der Informationssammler, der in Amsterdam eine alternative Bibliothek aufgebaut hat - das "Documentation Center for Modern Social Movements".
->   Tjebbe van Tjien
Leere Regale mit Informationswert
Nicht nur, wer was wie sagt, kann unterschiedlich aufgefasst werden. Auch welches Medium als Informationsquelle herangezogen wird, kann einen Unterschied ausmachen. Manchmal sind es auch einfach leere Regale, die eine bestimmte Information vermitteln und so zur Informationsquelle werden.
...
"Vor 20 Jahren gab es im Keller der österreichischen Nationalbibliothek leere Regale, auf denen einst Propagandamaterial aus der Zeit von Dollfuß gelagert worden war. Dieses wurde verbrannt. Was übrig blieb - zumindest ich hab das damals noch gesehen -, waren diese leeren Regale. Man wusste nicht genau, was einmal dort gewesen war, aber dass etwas dort gewesen war, das wusste man."
...
Information - ein Unterschied?
Für den Statistiker ist Information "die Reduzierung von Ungewissheit". Für den Logiker darf durch Information nichts Neues entstehen: Wenn man "zwei" und "drei" zusammen zählt, erhält man "fünf", aber das ist nichts Neues. Vielmehr ist "fünf" nur eine andere Darstellungsform von "zwei plus drei", meint Matthias Baaz vom Institut für theoretische Informatik und Logik an der TU-Wien.

Ein Spruch von Gregory Bateson sagt noch etwas anderes aus: "Information ist ein Unterschied, der einen Unterschied macht."
...
Gregory Bateson und der kleine Unterschied
Der Engländer Gregory Bateson machte schon aus seinem eigenen Leben einen Unterschied. Biographen beklagen die Tatsache, dass er sich mit zu vielen Dingen beschäftigte, um wirklich eingeordnet werden zu können. Von Anthropologie über Ethnologie bis hin zu Kybernetik, Kommunikations- und Systemtheorie reichten seine Interessen. In den 40er Jahren saß er mit Wissenschaftlern wie Norbert Wiener, Johann van Neumann, Heinz von Foerster, Claude Elwood Shannon und anderen zusammen, um über Dinge wie Feedback, das Messen von Information oder die Spieltheorie zu diskutieren.
->   Mehr zu Gregory Bateson
...
Die bestmögliche Kanalauslastung
Was der Unterschied genau sein soll, das ist weder bestimmbar noch messbar. Denn jeder Mensch reagiert auf Umweltreize anders. Claude Elwood Shannon, der gemeinsam mit Bateson in Princeton war, interessierte sich überhaupt nicht für die semantische oder philosophische Komponente von Information.

Ihm ging es um die mathematische Berechnung der bestmöglichen Kanalauslastung bei der Übertragung, und um die Komprimierung, die Reduzierung von Information. Es war ihm egal, was ein Sender sendete, solange es enkodiert werden konnte, über einen Kanal in binärer Form gesendet werden konnte und beim Empfänger dekodiert ankam. Und das alles möglichst fehlerfrei.

Dafür entwickelte Shannon seine mathematische Kommunikationstheorie, die erst später in Informationstheorie unbenannt wurde. Er war in den 40er Jahren nicht der einzige, der an einer Informationstheorie bastelte, es gab auch noch andere. Und es gab auch schon früher Theorien dazu: Das Informationskonzept von R.V. Hartly, die Telegraphentheorie von Harry Nyquist oder aber auch Ludwig Boltzmann, der den Begriff Entropie anders als Shannon verwendete.
...
"Shannon drückt mit seiner Information etwas über Sicherheit aus. Der Empfänger möchte ja etwas vom Sender erhalten. Bei Boltzmann drückt die Entropie die 'Unsicherheit' eines Beobachters aus."
->   Quelle: Informationstheorie
...
Vom Elektronenmikroskop zur physikalischen Kommunikationstheorie
In den 40er Jahren arbeitete zum Beispiel auch der Ungar Dennis Gabor an einer Informationstheorie. Gabor lebte in Deutschland und emigrierte später in die USA. Er hatte sich nicht in dem Ausmaß mit Kryptographie beschäftigt wie die Amerikaner und Engländer. Als Ausländer war er in die Kriegsentwicklungen sowieso nicht involviert.

Gabor arbeitete am Elektronenmikroskop. Aus dieser Arbeit entstand nicht nur seine Theorie zur Holographie, sondern auch seine physikalische Kommunikationstheorie.
->   Physikalische Kommunikationstheorie
Leidvolle Informationsgeschichte
Früher - viel früher -, so Wolfgang Hofkirchner vom Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung der TU Wien, hat der Informationsbegriff im Alltag einiges mehr bedeutet als heute oder als in der Shannonschen Informationstheorie.
...
"Rafael Capurro hat seine Dissertation zum Thema geschrieben. Was mir daran gefallen hat, ist, dass sie zeigt, dass der Informationsbegriff eine leidvolle Geschichte hat. Wenn man heute im Alltag von Information spricht, dann denkt man an Nachrichten, an Mitteilungen. In der Antike gab es diese Bedeutung überhaupt nicht. In der Antike hieß 'informare', in Form bringen, in Form setzen. Es hatte viele Bedeutungen. Im Lateinischen wurde das Wort 'informieren' auch verwendet, wenn jemand ein Schild machte oder eine Waffe schmiedete."
->   Rafael Capurro: Information
...
Die Information formt sich selbst
Auch wenn es sich nicht um eine Subjekt-Objekt Beziehung handelte, sondern um eine zwischenmenschliche, wurde in der Antike das Wort "informare" gebraucht: Der Begriff wurde dann eben als Erziehungsbegriff verwendet oder im Sinne von Kommunikation. Und - so Wolfgang Hofkirchner weiter - auch in der Antike wurde "information" schon mit Selbstorganisation in Zusammenhang gebracht.
...
"Die Antike steckt voller Götter. Gott informiert die Materie und gibt ihr eine bestimmte Form. Noch besser: damals gab es in dem Zusammenhang schon den Begriff der Selbstorganisationstheorie. Und zwar war man der Meinung, die Natur könne sich selber formen: informatur. So wurde das Verb damals gebraucht. Das bedeutet, dass sich die Materie spontan aus sich heraus formen, also eine neue Ordnung bilden kann."
->   Für eine einheitliche Informationswissenschaft
...
Mariann Unterluggauer, Ö1-Matrix
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Technologie 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010