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Bionik: Pinguine als Vorbilder für U-Boote  
  Wenn Pinguine an Land umher watscheln, wirken sie eher unbeholfen - unter Wasser hingegen sind sie in ihrem Element. Beim Tauchen setzen die Tiere dem Wasser extrem wenig Widerstand entgegen. Deutsche Bionikforscher wollen diese Eigenschaft nutzen - sie arbeiten an Modellen für künftige Unterwasser-Fahrzeuge, die der Form der Pinguine nachempfunden sind.  
Strömungsweltmeister
Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin erforschten die Fähigkeiten der Tiere an Ort und Stelle. Zu diesem Zweck errichteten sie eine eigene Forschungsstation auf Ardley Island, einer kleinen Insel vor der antarktischen Halbinsel.

Bei ihren Untersuchungen versahen die Berliner Bionikforscher einzelne Pinguine - mit aller gebotenen Vorsicht - mit elektronischen "Fahrtenschreibern".

Aus den aufgezeichneten Daten berechneten die Forscher, dass Pinguine mit einer Energiemenge, die einem Liter Benzin entspricht, mehr als 1.500 Kilometer weit schwimmen können.Der Grund dafür: Pinguinkörper sind extrem strömungsgünstig geformt.
Schwimmstunde im Dienst der Wissenschaft
Um diese Eigenschaft genauer unter die Lupe nehmen zu können, bauten die Wissenschaftler für die Pinguine einen speziellen Schwimmkanal mit Glaswänden.

Darin absolvierten die Tiere Schwimmstunden im Dienst der Wissenschaft - und das mit Interesse und Begeisterung, wie die beteiligten Forscher berichten. Das Hin und Her der kleinen Schwimmkünstler wurde mit einer Zeitlupenkamera aufgezeichnet.
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"Pinguine sorgen für Wirbel"
Die Videoanalysen der Versuche führten zu einer überraschenden Erkenntnis: um den Rumpf der Pinguine entsteht unter Wasser nicht etwa eine - zumindest theoretisch - günstigere, gleichförmige laminare Strömung.

Stattdessen bildet sich eine turbulente Strömung, die im Normalfall rasch abreißt - und den Widerstand im Wasser dadurch schlagartig erhöht. Die Pinguine sind jedoch offenbar in der Lage, die Wasserwirbel gezielt so zu "steuern", dass die Strömungsbedingungen stets optimal bleiben - und ihr Widerstand damit minimal.
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Technische Umsetzung im Labor
Die Berliner Bionikforscher versuchten die Ergebnisse aus ihren Experimenten, die sich über mehrere Jahre erstreckten, mit technischen Mitteln im Labor nachzuvollziehen. Dazu entwickelten sie Strömungskörper nach dem Vorbild ihrer antarktischen Studienobjekte.

Im Computer wurde die Evolution der Pinguinform per Zeitraffer simuliert. Dennoch waren wochenlange Berechnungen notwendig, bis sich die optimale Form herausgebildet hatte.

Anschließend wurden die Strömungskörper in der Versuchsanstalt für Wasser- und Schiffsbau der TU Berlin getestet. Das Ergebnis verblüffte die Experten: der Strömungswiderstand der Pinguin-Modelle ist um ein Drittel geringer als jener der besten bis dahin bekannten technischen Profile.
->   Versuchsanstalt für Wasser- und Schiffsbau, Technische Universität Berlin
Von der Natur lernen - aber nicht kopieren
"Für die Umsetzung in der Technik ist es wichtig, diese Eigenschaften nicht einfach nur zu kopieren", betont Projektleiter Rudolf Bannasch, Geschäftsführer der Berliner Bionikfirma Evologics. "Unsere Strömungstechniker haben die Pinguinform analysiert und richtige Harmonien darin entdeckt.

Wenn wir lernen, diese Harmonien zu verstehen und weiter zu entwickeln, bin ich überzeugt, dass wir in Zukunft technische Körper weniger konstruieren als vielmehr komponieren werden."
->   Homepage Evologics
"Ping-U-Boot" auf Testfahrt
Ein erster Schritt auf dem Weg zu künftigen "Ping-U-Booten" sind tauchfähige Modelle. In der hauseigenen Werkstatt entstehen Vorlagen für Unterwasserfahrzeuge - ganz nach dem Vorbild der Pinguinform. In einem kleinen Wassertank absolvieren diese Modelle ihre ersten Testfahrten.

Die Vision der Forscher reicht jedoch weit über die engen Grenzen des Versuchstanks hinaus. So könnten in Zukunft strömungsoptimierte Forschungs-U-Boote die Ozeane durchstreifen und etwa den Meeresboden großflächig kartieren.

Internationale Unternehmen, die im Bereich der Meeresforschung und -erkundung tätig sind, zeigen jedenfalls bereits großes Interesse an der Entwicklung der Berliner Bioniker.

Ivo Filatsch, Modern Times
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Mehr Informationen zu diesem Thema erhalten Sie in der Sendung "Modern Times" am Freitag, 6.2.2004 um 22.35 Uhr in ORF 2.
->   Modern Times
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->   Institut für Bionik, TU Berlin
 
 
 
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01.01.2010