News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Gletscherschwund: Rekord durch extremen Sommer  
  Als "extrem, aber nicht einmalig" - so bezeichnen die heimischen Gletscherforscher den Sommer 2003. Der Mittelwert der Längenänderung erreichte demnach mit 22,9 Metern den stärksten Rückgang seit 1959.  
Rekordhalter war mit 73,5 Metern der Sexegerten Ferner in den Ötztaler Alpen. Dies gab der Hochgebirgsforscher Gernot Patzelt am Freitag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck bekannt. Das Wettererinnerungsvermögen sei bekanntlich trügerisch, warnte Patzelt. Rekorde und Nie-da-Gewesenes würden oft sehr rasch und sensationslustig behauptet.
Sommer 2003: Viel Wärme, wenig Niederschlag
Der vergangene Sommer war gekennzeichnet durch lang anhaltende, mehrere Wochen nicht unterbrochene Warmperioden, die gebietsweise, vor allem südlich des Alpenhauptkammes große Niederschlagsarmut mit sich gebracht hätten, so die Studie des Österreichischen Alpenvereins.
...
Gletscher-Tagebuch in science.ORF.at
Damit ist nun "amtlich", was science.ORF.at-Host Heinz Slupetzky bereits im Laufe des Sommers in seinem Gletscher-Tagebuch berichtete: Das Jahr 2003 war durch ungewöhnlich hohe Massenverluste der Gletscher geprägt.
->   Sämtliche Beiträge von Heinz Slupetzky in science.ORF.at
...
Negative Faktoren 2003 besonders stark
Bild: APA
Alle "Gletscherungunstfaktoren" des Vorjahres hätten sich im Jahr 2002/03 wiederholt, "nur in wesentlich verstärktem, extremem Ausmaß", berichtete Gletscherforscher Gernot Patzelt.

Eine unterdurchschnittliche, südlich des Alpenhauptkammes sehr geringe Winterschneedecke sei bereits in der warmen ersten Maihälfte unter Schmelzbedingungen geraten.

Dazu seien starke Saharastaubfälle von Ende November 2002 und vom 5.5.2003 gekommen, die mit der eindrucksvollen Schneeverfärbung den ganzen Sommer hindurch abschmelzfördernd wirkungsvoll geblieben seien.

Die jeweils wochenlang ohne Unterbrechung andauernden Warmperioden, welche die Monate Juni und August und das ganze glaziale Sommerhalbjahr zum wärmsten seit Beginn der Instrumentenbeobachtungen gemacht hätten, hätten an den Gletschern zu Eisabbau und Massenverlust "in noch nie beobachtetem Ausmaß geführt".
Warmperioden kosten Schnee und Eis
Der Winterschnee sei bei den meisten Gletschern fast zur Gänze abgeschmolzen. Die Schneerücklagen des Haushaltsjahres seien auf vereinzelte kleine Flecken in Schatten- und Lawinenlagen beschränkt geblieben.

Vielfach sei die gesamte Gletscherfläche zum Ablationsgebiet geworden. Die maximale Ausaperung wurde am 29. August erreicht.
...
Sommer um 3,3 Grad wärmer als sonst
Schon Anfang Mai waren für diese Zeit noch nie gemessene Höchsttemperaturen erreicht worden. Im normalerweise feuchtesten Monat des Jahres seien außerhalb lokaler Gewitterereignisse im Juni verbreitet unter 50 Prozent der normalen Niederschlagsmengen gefallen.

Der Juli war um rund zwei Grad zu warm, jedoch der August (plus fünf Grad) zählte wieder zu den wärmsten seit Messbeginn. Zusammengefasst ergibt sich für den Sommer (Mai-September), in Berg- und Tallagen etwa gleichwertig, eine mittlere Temperaturabweichung von plus 3,3 Grad.
->   Rekordsommer könnten in Europa zur Regel werden (12.1.04)
...
Rekordjahre: 1616 und 2003
Nach den langen Reihen galt bisher der Sommer 1811 (plus 2,7 Grad) als der wärmste. Der Sommer 2003 lag 0,6 Grad darüber. Das sei somit eindeutig der höchste Wert seit Beginn der Instrumentenbeobachtungen vor 220 Jahren.

Der heißeste Sommer der vergangenen 500 Jahre dürfte in Mitteleuropa der des Jahres 1616 gewesen zu sein, mit einer Trockenperiode im Juni/Juli von mehr als 50 Tagen und einem ebenso trockenen Herbst.

Feldfrüchte, Gras, Hecken verdorrten, die Weinernte begann einen Monat früher als üblich, berichtete Patzelt.
Sonderbares Jahr 1540: Zehn Monate Mittelmeerklima
Das außergewöhnlichste der vergangenen 1.000 Jahre aber sei das "Große Sonnenjahr" 1540 gewesen, mit zehn Monaten Mittelmeerklima in Mitteleuropa.

Von Februar bis Dezember sei in Basel nur an zehn Tagen Regen gefallen, von Mitte März bis Ende September habe es in 26 Wochen nur an sechs Tagen etwas "Tropfelesregen" gegeben.

Auch 1540 strahlte die Sonne auf zwei Seiten: In Würzburg wurde in diesem Jahr ein Jahrtausendwein gekeltert, der Weingeschichte schrieb. Man habe ihm eigene Prunkfässer gebaut, ihn nach 90 Jahren im 30-jährigen Krieg vor plündernden Schweden durch Einmauerungen erfolgreich versteckt und noch im 19. Jahrhundert in den Weinhandel gebracht.
->   Der Gletscherbericht 2003 (pdf-Datei; Alpenverein)
->   Website von Gernot Patzelt (Uni Innsbruck)
->   Mehr zum Gletscherbericht in tirol.ORF.at
->   Mehr zum Stichwort Gletscher im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010