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Fischerei: Weniger Beifang gefährdet kleinere Vögel  
  Umweltschützer werfen der Fischindustrie vor allem auch den "unerwünschten Beifang" vor. Fast ein Viertel aller Meerestiere geht Schätzungen zufolge ungewollt ins Netz - und wird anschließend als Abfall über Bord geworfen. Optimierte Fangmethoden sollen den Beifang verringern, in der Nordsee beispielsweise gelingt dies zum Teil bereits. Doch die eigentlich wünschenswerte Entwicklung zeigt auch einen negativen Nebeneffekt: Raubmöwen, die sich zuvor auch mithilfe jener Abfälle ernährt haben, stürzen sich nun zunehmend auf andere Vögel.  
Weil die Nordsee-Fischer immer weniger ungewollte kleine Fische mit an Bord ziehen, stürzen sich ausgehungerte Raubmöwen zunehmend auf andere Vögel. Auf dieses Phänomen machen Forscher im Fachmagazin "Nature" aufmerksam.

Eine "höchst wünschenswerte" Entwicklung habe so ungewollt negative Nebeneffekte, berichten die Wissenschaftler.
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Der Artikel "Changes in fisheries discard rates and seabird communities" ist erschienen in "Nature", Bd. 427, Seiten 727 - 730, Ausgabe vom 19. Februar 2004.
->   Abstract des Artikels in "Nature"
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Beifang soll seit langem verringert werden
Seit langem bemüht man sich darum, den so genannten Beifang auf Fischkuttern zu verringern.

Dabei geht es unter anderem um junge Fische, die mit ins Netz gehen, anschließend aber wieder über Bord geworfen werden, weil sie in der Fischindustrie so klein nicht verwertbar sind. Die Bestände werden dadurch unnötig dezimiert.
Für Raubmöwen allerdings wichtigste Nahrungsquelle
Doch zumindest eine Spezies hat sich diesen Umstand zunutze gemacht: Für die Raubmöwen sei der Beifang schon seit langem eine der wichtigsten Nahrungsquellen, schreiben ein internationales Team von Biologen um Stephen C. Votier von der Universität Glasgow.
"Potenziell ernsthafte Bedrohung" für andere Vögel
Ihre Zahl sei dadurch drastisch angewachsen, berichten die Wissenschaftler weiter. Mit unangenehmen Folgen für diverse andere Vogelarten:

Die Verringerung des Beifangs zum Schutz der Bestände etwa von Schellfisch und Kabeljau habe dazu geführt, dass die Möwen nun Jagd auf kleinere Vögel machten und die Bestände zum Teil empfindlich dezimierten. Die Forscher sprechen von einer "potenziell ernsthaften Bedrohung" für mehrere Arten.
Beispiel Shetland-Inseln zeigt Problematik
So sei eine große Kolonie von Dreizehenmöwen auf den Shetland-Inseln zwischen 1981 und 1995 durch Angriffe von Raubmöwen um 54 bis 85 Prozent verringert worden. Auch die Bestände an Seesturmvögeln, Trottellummen, Papageientauchern und Sturmschwalben seien betroffen.

Die Entwicklung könnte nach Meinung der Forscher abgeschwächt werden, wenn etwa kleine Fische wie der Sandaal geschützt würden. Er ist eine alternative Nahrungsquelle der Möwen.
->   Institute of Biomedical and Life Sciences der University of Glasgow
Menschen verbrauchen mehr Fisch als alle Seevögel
Im Übrigen verbraucht der Mensch mittlerweile mehr Fisch als alle Seevögel zusammen. Zu diesem Ergebnis kommt eine weitere aktuelle Studie, durchgeführt von Forschern der Universität Cambridge, deren Ergebnisse in der neuesten Ausgabe der "Biology Letters" veröffentlicht wurden.
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Der Artikel "The food consumption of the world's seabirds" erscheint in den kommenden Tagen als Vorab-Onlinepublikation in den "Biology Letters" der Royal Society of London.
->   "Biology Letters"
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70 kontra 80 Millionen Tonnen an Meerestieren
Nach den Erkenntnissen des Zoologen Michael Brooke holen sich die Angehörigen der 309 Seevogelarten jährlich 70 Millionen Tonnen Beute aus dem Meer, die Fangflotten aller Staaten bringen dagegen 80 Millionen Tonnen Meerestiere an Land.

Jedes Jahr gehen nach Schätzungen der UNO-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) zusätzlich 27 Millionen Tonnen als unerwünschter Beifang über die Reling.
Entschärfung durch verschiedene Fanggebiete
Die unterschiedlichen Hauptfanggebiete von Menschen und Vögeln entschärfen die Konkurrenzsituation jedoch etwas.

Denn der Studie zufolge gehen die Menschen der Fischerei eher selten auf den Weiten der Ozeane nach, während aber genau dort viele der Vögel jagen, die für den Großteil der Beute verantwortlich sind. Dabei handle es sich vorrangig um Pinguine, Sturmvögel und Alke.
->   Department of Zoology der University of Cambridge
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Bedrohte Fische: Hotspots der Artenvielfalt entdeckt (5.8.03)
->   Wissenschaftler: Methoden bedrohen die Fischerei (17.2.03)
->   Moderne Fischerei und ihre Folgen für die Evolution (5.7.02)
 
 
 
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01.01.2010