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Neuer Bluttest zum Einsatz von Antibiotika  
  Krankheitserreger werden immer resistenter gegen den Einsatz von Antibiotika. Ein Grund dafür: Sie werden von Ärzten viel öfter verschrieben als eigentlich notwendig. Schweizer Mediziner haben nun einen Bluttest entwickelt, der in kurzer Zeit entscheiden kann, ob ein Patient tatsächlich Antibiotika benötigt.  
Beat Müller von der Universitätsklinik in Basel und seine Kollegen stellten ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe von "The Lancet" vor.
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Die Studie "Effect of procalcitonin-guided treatment on antibiotic use and outcome in lower respiratory tract infections: cluster-randomised, single-blinded intervention trial" ist in "The Lancet" (Bd. 363, S. 600-607, Ausgabe vom 20. Februar 2004) erschienen.
->   Die Studie in "The Lancet" (Gratis-Registrierung nötig)
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Antibiotika wirken nur gegen Bakterien
Das Problem von Ärzten, das der "Überverordnung" von Antibiotika zugrunde liegt: die Symptome von Patienten mit bakteriellen oder viralen Infektionen sind sehr ähnlich. Antibiotika wirken aber nur gegen Bakterien.

Sobald die Erreger von Infektionskrankheiten jedoch medikamentös bekämpft werden, beginnen sie mit der Entwicklung von Resistenzmechanismen.

In den vergangenen Jahren wurden immer mehr dieser Mechanismen beobachtet - bis hin zur Entwicklung so genannter "superbugs", also Superbakterien, die gegen alle bekannten Antibiotika resistent sind.
Messung des Procalcitonin-Gehalts im Blut
Entscheidend ist deshalb u.a. dass die Mittel nur dann verschrieben werden, wenn sie wirklich helfen - also bei bakteriellen Infektionen und nicht bei viralen.

Aus diesem Grund haben Beat Müller und sein Team nun ein Verfahren entwickelt, bei dem der Gehalt eines bestimmten Proteins im Blut gemessen wird. Die Werte des so genannten Procalcitonins schnellen bei bakteriellen Infektionen in die Höhe und sind bei viralen weit geringer.
->   Mehr über Procalcitonin (biorama.ch)
Übliche Methode: 83 Prozent Verschreibungen ...
Die Forscher untersuchten 243 Patienten mit Infektionen des Atmungstrakts wie Bronchitis oder Lungenentzündung.

Die eine Hälfte wurde auf die übliche Weise untersucht: mit Hilfe von Röntgenstrahlen, Labortests etc. schlossen die Ärzte, ob eine bakterielle Infektion vorlag oder nicht. Das Resultat: 83 Prozent von ihnen wurden Antibiotika verschrieben.
... neue Methode: Nur 43 Prozent
Bei der anderen Hälfte wurde die neue Methode der Procalcitonin-Messung vorgenommen. Nach nur einer Stunde wurden bei 43 Prozent von ihnen erhöhte Mengen des Proteins im Blut festgestellt und deshalb Antibiotika verordnet.

Dem Erfolg der Therapien tat dies keinen Abbruch: Trotz der unterschiedlichen Behandlungen ging es beiden Patientengruppen nach einer gewissen Zeit wieder besser - und gleich gut.
Laborversuche bestätigen Studienresultate
Weitere Tests sollten die Gültigkeit der Studienresultate untermauern: Schleimproben der Patienten wurden deshalb im Labor kultiviert und nach Bakterienwachstum untersucht.

Das Resultat: Bei dem (nicht immer ganz genauen) Test wurde in beiden Gruppen etwa bei 20 Prozent eine bakterielle Infektion festgestellt.

Auch wenn mit der neuen Procalcitonin-Messung nach wie vor eine zu hohe Menge an Antibiotika-Verschreibungen verbunden war, so liege diese doch deutlich unter jener nach herkömmlichen Methoden, schließen die Forscher.
->   Abteilung für Endokrinologie, Uniklinik Basel
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Neue Technologie gegen Antibiotika-Resistenzen (8.10.03)
->   Studie zum Antibiotika-Konsum in Europa (22.5.03)
->   Warnung vor Zunahme resistenter Erreger (9.10.02)
->   Andrea Hickl: Auf der Spur neuer Antibiotika (11.6.02)
 
 
 
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01.01.2010