News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Kosmos 
 
Jungfräuliche Planeten-Krater im Visier der Forscher  
  Meteoriten-Einschläge können verheerende Folgen haben, besonders gut sind diese Ereignisse anhand von Kratern auf anderen Planeten zu studieren. Der so genannten Impact-Forschung hat sich auch ein Wissenschaftler der Universität Wien verschrieben.  
Auf der Erde sind rund 170 Krater von Meteoriten-Einschlägen - so genannte Impact-Krater - bekannt.

Doch Erosion und Gesteinsverschiebungen haben den Spuren dieser kosmischen Ereignisse im Laufe der Jahrmillionen stark zugesetzt bzw. sie ganz verschwinden lassen.
Jungfräulich: "Deep Impact" im Weltall
Kein Wunder also, dass Impact-Forscher begierig auf andere Planeten und deren Monde schauen, wo es geradezu jungfräuliche Einschlagkrater gibt.

So auch Christian Köberl vom Institut für Geologische Wissenschaften der Uni Wien, der das Ende 2003 ausgelaufene Impact-Programm der European Science Foundation (ESF) geleitet hat, und nun die Arbeit unter verstärkter Einbeziehung von Astronomen und Astrobiologen fortsetzen will.
...
Impact-Forschung: Beispiel Chicxulub-Krater
Hollywood hat mit Filmen wie "Armageddon" oder "Deep Impact" Kometen und Asteroiden quasi im Wohnzimmer einschlagen lassen. Spätestens seither wird die Impact-Forschung - von Fragen der Früherkennung von Himmelskörpern auf Kollisionskurs mit der Erde bis zu jenen über möglicherweise verheerenden Auswirkungen eines Einschlags - auch von einer breiten Bevölkerung mit Interesse wahrgenommen.

Einiges wissen die Forscher dieses relativ jungen Fachgebiets schon über den Einfluss von Impact-Ereignissen auf das Leben der Erde. So wird heute nur noch von sehr wenigen Experten bezweifelt, dass das Massensterben vor rund 65 Mio. Jahren, dem auch die Dinosaurier zum Opfer gefallen sind, durch den Einschlag eines rund zehn Kilometer großen Meteoriten im Golf von Mexiko (Chicxulub-Krater) ausgelöst wurde.
->   Mehr dazu: Dino-Krater birgt noch viele Geheimnisse
...
Immer noch erhebliche Wissenslücken
Noch gibt es erhebliche Wissenslücken über den Einfluss von Impact-Ereignissen, erklärte Köberl im Gespräch mit der APA.

So könnte ein Meteoriten-Einschlag nicht nur negative Folgen auf das Leben haben. "Es gibt etwa eine Hypothese, dass es durch den Einschlag eines großen Objektes in Australien vor 580 Mill. Jahren zu einem wahren Boom in der Fauna gekommen ist", so der Wissenschaftler.
Einbindung der Astronomen und Astrobiologen
Von einer stärkeren Einbindung der Astronomen und Astrobiologen in die Impact-Forschung und dem Studium von Einschlägen auf anderen Planeten und deren Monde erwartet sich Köberl neue Aufschlüsse.

Und zwar nicht nur für das Verständnis von Impact-Ereignissen und ihren Auswirkungen auf der Erde, sondern auch auf anderen Planeten.
Krater als "gigantische Suppenkessel" neuen Lebens
Köberl zeichnet ein Szenario, wie es sich sowohl auf der jungen Erde als auch am jungen Mars mit noch dichterer Atmosphäre abgespielt haben könnte:

"In Impact-Kratern bleibt die durch den Einschlag erzeugte Gesteins-Schmelze über Tausende Jahre heiß. In Verbindung mit Wasser könnten solche Krater wie gigantische Suppenkessel gewirkt haben, in denen organische Moleküle kochten, sich neu verbanden und so neues Leben entstand."
Impact-Krater auf anderen Planeten und Monden
Neue Erkenntnisse über Fragen wie diese erhoffen sich die Forscher vom Studium der Impact-Krater auf anderen Planeten und Monden.

Zu finden sind sie auf allen Himmelskörpern im Sonnensystem mit fester Oberfläche, also etwa die erdähnlichen Planeten Merkur, Venus, Mars und deren Monde, aber auch auf Kleinplaneten (Asteroiden) und Kometenkernen.

Da - mit Ausnahme der Venus - diese Himmelskörper keine oder nur eine dünne Atmosphäre haben, bleiben die Spuren kosmischer Einschläge dort viel länger bestehen und werden auch kaum durch Erosion in ihrer Gestalt verändert.
...
Beispiel Erd-Mond: Fast alle Krater durch Einschläge
"So sind etwa auf dem Erd-Mond praktisch alle sichtbaren Krater durch Einschlag von Meteoriten, Asteroiden oder Kometenkernen entstanden - und zwar in einer Zeitspanne von mehr als drei Milliarden Jahren, da sich die Oberfläche des Mondes so lange nicht geologisch verändert hat", betonte Köberl.
...
Irdische Krater verschwunden oder verwittert
Auf der Erde hingegen ist durch die Plattentektonik eine dauernde Veränderung der Erdoberfläche gegeben, der Atlantik etwa existiert erst seit 130 Millionen Jahren, Himalaya oder Alpen haben erst vor 60 Millionen Jahren begonnen, sich aufzufalten.

Rund ein Drittel der 170 bekannten Einschlag-Krater ist durch Ablagerungen und Gesteinsbewegungen bereits unter dutzenden Meter bis einige Kilometer dicken Schichten verschwunden. Und auch den restlichen Kratern haben Millionen Jahre Erosion von Regen und Wind zugesetzt.
Satellitenuntersuchungen und Gesteinsproben
Weil die Impact-Krater auf anderen Himmelskörper so gut erhalten sind, kann man oft schon durch Satellitenuntersuchungen zahlreiche Details darüber lernen, erklärte Christian Köberl, der in dieser Angelegenheit bereits intensive Gespräche mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA führt.

Noch interessanter wären für die Wissenschaftler allerdings Gesteinsproben. So wurden laut Köberl mit den Mond-Proben der Apollo-Missionen jede Menge Impact-Schmelzgesteine zur Erde zurückgebracht, die wertvolle Aufschlüsse über das Alter von Impact-Kratern am Mond gegeben haben.
Das Impact-Programm der ESF
Köberl, der 1996 für seine Impact-Forschungen den österreichischen START-Preis erhalten hat, hat in den vergangenen fünf Jahren das Impact-Programm der ESF geleitet und damit der europäischen Forschung auf diesem Gebiet wesentliche Impulse gegeben.

Hauptziel solcher wissenschaftlicher Programme der European Science Foundation ist es, Wissenschaftler unterschiedlichster Fachgebiete zusammenzubringen. "Dafür ist die Impact-Forschung prädestiniert, arbeiten doch Erdwissenschaftler, Klimaforscher, Chemiker, Physiker, Astronomen, Biologen, Paläontologen, etc. an dem Thema", betonte Köberl.
14 Länder, fünf Jahre Laufzeit, Buch-Serie ...
Insgesamt 14 Länder haben sich bereit erklärt, an dem ESF-Impact-Programm teilzunehmen und dafür rund 73.000 Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt. Damit wurden in der fünfjährigen Laufzeit des Programms u.a. zwei Workshops pro Jahr veranstaltet.

Zu jeder dieser Veranstaltung ist ein Proceeding-Band herausgegeben worden bzw. derzeit noch in Vorbereitung. Daraus ist eine eigene Buch-Serie mit insgesamt 13 Bänden geworden, welche die Resultate der fünfjährigen Arbeit zusammenfassen, zeigt sich Köberl stolz über die Ergebnisse der Arbeit.

Zusätzlich wurden spezielle Impact-Kurse für Studenten veranstaltet und Mobilitäts-Stipendien für Studierende und junge Forscher vergeben.
Weiterführung des ESF-Programms?
"Es zeigte sich, dass nicht viel Geld notwendig ist, um ein paneuropäisches Netzwerk aufzubauen, in dem zahlreiche Wissenschaftler interdisziplinär zusammenarbeiten und damit auch viele national finanzierte Forschungsprojekte mit jeder Menge wissenschaftlicher Ergebnisse initiiert haben", so Köberl.

Er hofft, die ESF überzeugen zu können, das Programm - erweitert um den neuen astronomischen Aspekt - weiterführen zu können.
->   Institut für Geologische Wissenschaften der Uni Wien
->   European Science Foundation (ESF)
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Rattentiere überlebten Meteoriteneinschlag (5.8.03)
->   Kein Massensterben durch Chicxulub-Impakt? (25.4.03)
->   Neue Bilder vom Dino-Krater "Chicxulub" (11.3.03)
->   Meteoriteneinschlag vor 3,47 Milliarden Jahren (23.8.03)
->   Zerstörte ein Meteorit das Großreich der Akkader? (8.11.01)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Kosmos 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010