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Hunger macht den feinen Gaumen  
  "Hunger ist der beste Koch", sagt der Volksmund. Wohl nicht zu unrecht, wie Forschungen eines Mediziners nahelegen. Die Empfindungsfähigkeit für süße und salzige Geschmackseindrücke nimmt demnach in der Tat stark zu, wenn der Magen leer ist.  
Keinen Einfluss hat das Hungergefühl hingegen auf die Wahrnehmung bitterer Substanzen, berichtet Yuriy P. Zverev von der University of Malawi. Mit dieser Untersuchung wurde erstmals ein direkter Einfluss des Sättigungsgrades auf das Geschmacksempfinden nachgewiesen.
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Die Studie "Effects of caloric deprivation and satiety on sensitivity of the gustatory system" von Yuriy P. Zverev erschien in der Zeitschrift "BMC Neuroscience" (Band 5, S. 5, Ausgabe vom 23.2.04).
->   Der Abstract im "BMC Neuroscience"
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Mit Loch im Bauch besser nicht Einkaufen
Was passiert, wenn man mit starkem Hungergefühl Lebensmittel einkauft, weiß jeder aus eigener Erfahrung.

Die Vorfreude aufs Essen rückt die Wahrnehmung der Preise bisweilen völlig in den Hintergrund - mit dem Ergebnis, dass der Einkauf zu einem sehr teuren Vergnügen werden kann.
Körperliche Faktoren verändern Geschmackssinn
Aus Sicht der Wissenschaft weiß man außerdem, dass das subjektive Geschmacksempfinden von einer Reihe körperlicher Faktoren beeinflusst werden kann.

Zu diesen zählen unter anderem Körpergewicht, Geschlecht, Alter und Krankheiten, aber auch Alkohol- oder Drogenkonsum sowie die Mundhygiene.

Interessanterweise hat man aber bislang noch nicht im Detail den Einfluss des Hungergefühls auf die Empfindlichkeit gegenüber Geschmacksreizen untersucht. Dies hat nun Yuriy P. Zverev mit seiner aktuellen Studie nachgeholt.
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Das Experiment
Der Mediziner von der University of Malawi bat zu diesem Zweck 16 Studenten ihr letztes Abendmahl um 18.30 Uhr einzunehmen und auf das Frühstück am nächsten Morgen zu verzichten. 14 bis 16 Stunden nach der letzten Mahlzeit ließ er die hungrigen Probanden Zucker, Salz und Quinin-hältige Lösungen in verschiedener Konzentrationen schmecken. Eine Stunde nach dem Mittagessen wurde der Versuch wiederholt.
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Süß und Salzig: Sensitivität nimmt bei Hunger zu
Der Vergleich der beiden Empfindungstests zeigte eindeutig: Mit leerem Magen konnten die Versuchspersonen Zucker und Salz in viel niedrigeren Konzentrationen wahrnehmen als es nach dem Mittagessen der Fall wahr. Keinen Unterschied brachte dagegen der Versuch bei der bitter schmeckenden Substanz Quinin.

Dieses Ergebnis lasse sich anhand der Signalfunktion der verschiedenen Sinneseindrücke interpretieren, meint Zverev:

"Während süße und salzige Geschmacksrichtungen essbare Substanzen anzeigen und damit die Nahrungsaufnahme einleiten, weist ein bitterer Geschmack eher auf nicht verträgliche Stoffe hin", erklärt der Mediziner.
->   Weitergehende Infos zu Geschmacksknospen (sinnesphysiologie.de)
Bitterer Geschmack hat Warnfunktion
Da Bitterkeit eben mitunter Giftigkeit anzeige, könne man etwa auch erklären, warum Qunin bei viel niedrigeren absoluten Konzentrationen wahrgenommen wurde, als etwa Salz und Zucker.

Welche physiologischen Mechanismen diesen Reaktionen zu Grunde liegen, lässt Zverev offen: Es könne sich sowohl um eine erhöhte Empfindlichkeit der Geschmacksrezeptoren auf der Zunge als auch um eine veränderte Verarbeitung von (unveränderten) Reizen handeln.
->   University of Malawi
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   Das subjektive Reich der Sinne (9.2.04)
->   Substanz in rotem Fleisch als mögliche Krankheitsursache (30.9.03)
->   "Virtual Reality" erobert den Geschmackssinn (1.8.03)
->   Mehr zum Stichwort Geschmack im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010