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Grazer identifizierten Gen für Nervenerkrankung  
  Forscher der Grazer Medizinischen Universität haben Gen-Mutationen lokalisiert, die zur Entstehung von vererbbaren Nervenkrankheiten - dem Silver-Syndrom und einer motorischen Neuropathie (dHMN-V) - beitragen.  
Das Gen, das die entsprechenden Mutationen trägt, befindet sich auf dem Chromosom 11 und wurde bisher mit einer anderen genetisch bedingten Erkrankung in Verbindung gebracht, so Christian Windpassinger im APA-Gespräch.

Er hat seine Analyseergebnisse in der neuesten Ausgabe der US-Fachzeitschrift "Nature Genetics" veröffentlicht.
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Die Studie erscheint unter dem Titel "Heterozygous missense mutations in BSCL2 are associated with distal hereditary motor neuropathy and Silver syndrome" als Online-Vorabpublikation in "Nature Genetics" (doi:10.1038/ng1313, Veröffentlichung am 23. Februar 2004).
->   "Nature Genetics" Advanced Online Publication
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Mutationen im BSCL2-Gen
Windpassinger gehört dem Forscherteam um Klaus Wagner am Institut für Medizinische Biologie und Humangenetik an, dem nun der Nachweis gelungen ist, dass spezifische Mutationen im BSCL2-Gen am Chromosom 11 für die Ausprägung der beiden Erkrankungen verantwortlich sind.
Silver Syndrom und dHMN-V-Patienten
Patienten mit Silver Syndrom leiden neben einer gestörten Beinmotorik (spastischer Gang), an einer auffallenden Schwäche und einem Schwund der kleinen Handmuskulatur.

Bei dHMN-V-Patienten (distale herditäre motorische Neuropathie Typ V) liegt wiederum eine Degeneration der motorischen Nervenfasern überwiegend im äußeren Bereich der oberen, aber auch der unteren Extremitäten vor.

Die klinisch-elektrophysiologische Charakterisierung der Patienten wurde von der Grazer Neurologin und Co-Autorin Michaela Auer-Grumbach durchgeführt.
Beide Erkrankungen innerhalb einer Familie
Durch Untersuchungen in einer großen österreichischen Familie (13 Zweige mit insgesamt 12 Generationen), in der beide Krankheitsbilder vorkamen, konnte der Genort zunächst eingeschränkt und letztlich das Gen selbst für diese Erkrankung identifiziert werden.
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Fünf weitere Stammbäume miteinbezogen
Dazu wurden noch fünf weitere Stammbäume aus Belgien, Großbritannien, Italien und Brasilien untersucht, wo ebenfalls diese Genmutation sowie eine zweite spezifische Veränderung gefunden wurden.
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Gen bereits bekannt - als Auslöser weiterer Krankheit
Zur Überraschung des Grazer Teams war das Gen bereits für eine andere genetische Erkrankung beschrieben, nämlich eine Lipodystrophie. Das ist eine Erkrankung des Fettgewebes mit der Bezeichnung "Berardinelli Seip Syndrom".
Mutation bestimmt jeweilige Ausprägung
Welche Erkrankung ausgeprägt wird, liegt nun primär in der Art der Mutationen, so Klaus Wagner:

"Wenn kein funktionierender Eiweißstoff mehr gebildet werden kann, kommt es zur Ausprägung einer Lipodystrophie. Wenn hingegen eine bestimmte Modifikation des Eiweißstoffes verhindert wird, kommt es zu einer der beiden Nervenerkrankungen".
Bereits erste Hinweise auf das Wie
Zellbiologische Untersuchungen lieferten bereits Hinweise darauf, wie es durch die Mutationen zum Absterben der Nervenzellen und Manifestierung der Erkrankung kommen könnte. Dadurch eröffnet sich die Basis für weitere Untersuchungen in Zellkultur, so Windpassinger.

Die molekulargenetische Diagnostik kann nun auch zur genaueren Abgrenzung gegenüber anderen peripheren Neuropathien verwendet werden.

Vermutlich sind noch weitere Mutationen an der Entstehung der Erkrankungen beteiligt, aber wir haben nun erstmals Hoffnung, dass wir die Abläufe, die zum Auftreten führen, genauer verstehen und das Fortschreiten der Erkrankung eines Tages beenden können", so Windpassinger.
->   Institut für Medizinische Biologie und Humangenetik Graz
->   Alles zum Stichwort Erbgut im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010