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Brustkrebs: Start für Impfstoff-Studie in Österreich  
  Erstmals wird in Österreich ein Impfstoff zur unterstützenden Immuntherapie von Patientinnen mit Brustkrebs überprüft: Die Wirksamkeit soll in einer großen Studie mit rund 600 Frauen getestet werden.  
Nach der Aufnahme einer Patientin in die wissenschaftliche Untersuchung an der Grazer Universitätsklinik erhielten am Donnerstag erstmals zwei Frauen am Wiener AKH das vom Wiener Biotech-Unternehmen Igeneon entwickelte Vakzin.

Dies gab Michael Gnant von der Universitätsklinik Chirurgie in einem Gespräch mit der APA bekannt.
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Rund 600 Patientinnen mit erhöhten Rückfallrisiko
"Wir wollen insgesamt rund 600 Patientinnen aufnehmen, die wegen Brustkrebs operiert worden sind, aber ein erhöhtes Rückfallrisiko haben. Die Studie wird voraussichtlich bis zum Jahr 2008 laufen", sagte Gnant, federführender Proponent des österreichischen Netzwerkes zur Suche nach neuen Behandlungsmethoden bei Brust- und Dickdarmkrebs (ABCSG).
->   Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group
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Zwei unterschiedliche Gruppen von Betroffenen
Es geht dabei um zwei Gruppen von Frauen: Brustkrebspatientinnen, bei denen der Tumor keine Rezeptoren für das weibliche Geschlechtshormon Östrogen aufweist. Bei ihnen verläuft eine Mammakarzinom-Erkrankung zumeist aggressiver.

Hinzu kommen Frauen mit Östrogen-Rezeptor-positivem Befund, bei denen aber im Rahmen der Operation mindestens zehn von Krebszellen befallene Lymphknoten festgestellt wurden.
Rückfallsrisiko von bis zu 80 Prozent
"Solche Patientinnen sind nicht all zu häufig. Sie können aber ein Rückfallsrisiko von bis zu 80 Prozent haben", so Gnant. Bei allen Teilnehmerinnen an der Studie soll der Tumor zur Gänze entfernt sein. Sie erhalten die nach den wissenschaftlichen Daten optimale Chemotherapie.
Chemotherapie UND Vakzin IGN101
Doch gleichzeitig mit der Chemotherapie beginnt auch - nicht mehr als acht Wochen nach dem chirurgischen Eingriff - bei der Hälfte der Probandinnen die Behandlung mit dem Igeneon-Vakzin IGN101.

Es handelt sich dabei um einen von der Maus stammenden monoklonalen Antikörper, der den Krebszell-Oberflächenbestandteil EpCAM imitiert und als "Fremdkörper" nach der Impfung eine stärkere Immunreaktion gegen die bösartigen Zellen auslösen soll.
Weniger "schlafende" Tumorzellen im Blut?
"Wir wollen praktisch 'schlafende' Karzinomzellen bekämpfen, die sich noch im Körper befinden. Von ihnen könnte ein Rückfall ausgehen. Mit der Chemotherapie erwischen wir solche Zellen nicht", erläutert der Wiener Chirurg die Zielsetzungen der Studie.
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Mehrere Impfungen über längeren Zeitraum
Zunächst erfolgen drei Impfungen mit dem Vakzin alle zwei Wochen, dann eine nach vier Wochen, schließlich gibt es "Auffrischungen" alle drei Monate bis zu einem Zeitraum von drei Jahren. Nach vier Jahren erfolgt noch eine zusätzliche Impfung.

Nach Angaben von Michael Gnant wird vorerst in Graz, Wien und Salzburg begonnen. "Schließlich sollen bis zu rund 20 Zentren in Österreich hinzu kommen." Diese erste Phase-III-Studie mit einem Krebsvakzin in Österreich soll im Fall eines positiven Resultates die Grundlage für die Zulassung des Impfstoffs zur Behandlung von Brustkrebspatientinnen durch die US-Arzneimittelbehörde FDA bilden.
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Die zu messenden Parameter
Die beteiligten ABCSG-Wissenschafter wollen folgende Parameter messen: Gibt es einen Effekt des Vakzins in der Form, dass die mit dem echten Impfstoff behandelten Frauen weniger häufig oder später einen Rückfall erleiden? Das ist laut Michael Gnant das strengste Kriterium.

Weiters soll geklärt werden, ob im Blut bzw. im Knochenmark der mit IGN101 Geimpften seltener oder weniger Tumorzellen festgestellt werden können. Solche bösartigen Zellen sind bei Patientinnen, wie sie in die Studie aufgenommen werden, bei 20 bis 25 Prozent im Blut und bei bis zu 30 Prozent im Knochenmark nachweisbar.

"Die ersten harten Daten werden voraussichtlich im Jahr 2008 vorliegen", kündigte der Wiener Chirurg an. Resultate aus den Blut- und Knochenmarktests könnten allerdings schon wesentlich früher einen Hinweis auf die Wirksamkeit geben.
Die beiden ersten Patientinnen
Bei einer der ersten Patientinnen, die in Wien an der Studie teilnehmen, handelt es sich um eine 42-Jährige Niederösterreicherin, die vor einigen Wochen auf dem Weg zu einem Urlaub auf Mauritius einen Knoten in der Brust ertastete, der schnell wuchs. Bei der Operation wurden auch 40 befallene Lymphknoten festgestellt.

Die zweite Frau ist 70 Jahre alt, Wienerin, und hatte ebenfalls einen starken Lymphknotenbefall.
Kein "Wundermittel" zu erwarten
"Wundermittel" gegen Brustkrebs ist allerdings keines zu erwarten. Der Chirurg: "Mit solchen 'sanften' Immuntherapien wird man sicher keine großen Tumoren weg bekommen."

Doch eine unterstützende Therapie zu Operation und Zytostatika-Behandlung mit einem Immuntherapeutikum sollte eine "minimal vorhandene Resterkrankung" leichter unter Kontrolle halten oder gar beseitigen. Das wäre zumindest das Ziel.
->   Medizinische Universitätsklinik Graz
->   Igeneon
->   Alles zum Stichwort Brustkrebs in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010