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Schwarze Löcher sind keine "Informationsfresser"  
  Im Jahr 1997 schlossen die Kosmophysiker Stephen Hawking und Kip Thorne mit ihrem Fachkollegen John Preskill eine Wette ab. Dabei ging es um die Frage, ob Information in Schwarzen Löchern für immer verschwindet oder doch erhalten bleibt. Wie Forschungen US-amerikanischer Physiker nun ergaben, dürfte Letzteres der Fall sein. Damit wurde Preskills Annahme bestätigt - Hawking und Thorne schulden ihm nun den vereinbarten Wetteinsatz: Eine Reihe enzyklopädischer Bücher.  
Wie Samir Mathur und seine Kollegen von der Ohio State University berichten, kann Materie in allen erdenklichen Ausformungen für immer in Schwarzen Löchern verschwinden.

Informationen über die jeweilige Art dieser Teilchen bleiben jedoch in der inneren Struktur der gefräßigen kosmischen Objekte erhalten. Und zwar in Form so genannter Strings - elementarer Bausteine, die als der Grundstoff sämtlicher Materie angesehen werden.
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Der Artikel "Constructing 'hair' for the three charge hole" von Samir D. Mathur, Ashish Saxena und Yogesh Srivastava erschien in der Fachzeitschrift "Nuclear Physics B" (doi:10.1016/j.nuclphysb.2003.12.022, Ausgabe vom 1.3.2004).
->   Zum Original-Abstract
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Information als grundlegender Begriff
Der Informationsbegriff in der Physik ist ähnlich grundlegend wie etwa jener von Materie oder Energie.

Letztere gilt beispielsweise als Erhaltungsgröße, d.h. veränderbar ist lediglich ihre Verwertbarkeit, die Energie selbst kann hingegen nicht zerstört werden. Ob auch für die Information Ähnliches gilt, war bis dato nicht klar.
Wette: Haben Schwarze Löcher innere Struktur - oder nicht?
Zeugnis für diese Uneinigkeit in der Forschergemeinde gibt eine Wette, welche die Physiker Stephen Hawking, Kip Thorne und John Preskill im Jahr 1997 abschlossen.

Dabei ging es um die Frage, was mit Information passiert, wenn sie den "point of no return" in der Nähe von Schwarzen Löchern überschreitet. Anders ausgedrückt: Hat die Art der Materie, die von einem Schwarzen Loch "gefressen" wird, einen Einfluss auf dessen innere Struktur - oder nicht?

Hawking und Thorne waren der Meinung, dass das nicht der Fall ist, Preskill hielt dagegen. Der passende Einsatz für diese Wette rund um die Information: eine Reihe von Nachschlagewerken.
Schwarze Löcher - kosmische Allesfresser
Schwarze Löcher gehören zu den bizarrsten Objekten, die man in der Physik kennt. Sie sind deshalb "schwarz", weil sie von einem so genannten Ereignishorizont umgeben sind: Licht, das innerhalb dieses Horizonts abgestrahlt wird, kann dem Gravitationsfeld des Himmelsobjekts nicht mehr entweichen.

Für Materie gilt Ähnliches: Überschreitet sie diesen Horizont, dann verschwindet sie auf Nimmerwiedersehen in dem kosmischen Staubsauger.
->   Mehr zu Schwarzen Löchern bei Wikipedia
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Wenn die Sonne zu einem Schwarzen Loch würde...
Der Durchmesser des Ereignishorizonts hängt von der kollabierten Masse ab, die das Schwarze Loch gebildet hat. Stürzte etwa dereinst unsere Sonne zu einer solchen - wie die Physiker sagen - Singularität zusammen, dann betrüge der Durchmesser etwa drei Kilometer. Im Fall der Erde wäre es nur ein läppischer Zentimeter.
->   Details zum Ereignishorizont (Uni Heidelberg)
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Machen Schwarze Löcher Materie unkenntlich?
Nach der klassischen Theorie ist es aber völlig egal, welche Materieform zu dieser Massenansammlung beiträgt:

"Protonen, Elektronen, Sterne, Planeten oder was auch immer - es macht keinen Unterschied. Es muss Milliarden von Möglichkeiten geben, ein Schwarzes Loch herzustellen. Aber nach dem klassischen Modell ist der Endzustand immer der selbe", umreißt Samir Mathur das Grundproblem.

Das heißt, das Areal innerhalb des Ereignishorizonts sollte gemäß dieser Theorie keinerlei Struktur oder messbare Eigenschaften aufweisen.
Neue Theorie: Schwarze Löcher beinhalten Strings
Folgt man der aktuellen Publikation von Samir Mathur und seinen zwei Mitarbeitern in "Nuclear Physics B", dann trifft diese Annahme aber offensichtlich nicht zu.

Die amerikanischen Physiker konnten zeigen, dass im Inneren von Schwarzen Löchern so genannte Strings existieren, feinste Fäden, aus denen letztlich alle Materie aufgebaut sein soll.
->   Mehr zur Stringtheorie bei Wikipedia
Strings repräsentieren Information über Art der Materie
Entscheidend an dieser Feststellung ist, dass die Natur der Strings nicht unabhängig von der Art der Materie ist, die sie aufbauen. Das widerspricht der klassischen Theorie diametral - denn es bedeutet, dass jedes Schwarze Loch ein einzigartiges kosmisches Objekt sein muss, ganz so, wie es etwa auch bei Sternen der Fall ist.
Hawking schuldet Wetteinsatz
Im Kontext der Physiker-Wette führt das wiederum zu der Schlussfolgerung, dass die Information über Materie in Schwarzen Löchern sehr wohl erhalten bleibt. Stephen Hawking und Kip Thorne schulden daher ihrem Fachkollegen John Preskill den vereinbarten Wetteinsatz.

Um welches konkrete Nachschlagewerk es sich dabei handelt, ist indes leider nicht bekannt. Sollte es sich etwa um die "Encyclopaedia Britannica" handeln, dann dürfte die Angelegenheit nicht gerade billig werden.
->   Ohio State University
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   Direkt beobachtet: Schwarzes Loch zerreißt Stern (18.2.04)
->   Winzige Schwarze Löcher in der Erdatmosphäre? (4.12.03)
->   Der "Survival Guide" für Schwarze Löcher (4.9.03)
->   Extra-Dimensionen in der Mikrowelt? (27.2.03)
 
 
 
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01.01.2010