News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Gesetzesnovelle soll jede Form des Klonens verbieten  
  Das österreichische Fortpflanzungsmedizingesetzt war bislang nicht sehr explizit, wenn es um die Problematik des Klonens ging. Eine derzeit zur Begutachtung vorliegende Novelle soll das nun ändern: Damit wird nicht nur die Aufbewahrungsfrist für Embryonen zur künstlichen Befruchtung verlängert, sondern - mit einem Schlag - auch reproduktives ebenso wie therapeutisches Klonen verboten. Der Theologe Ulrich Körtner, Mitglied der Bioethikkommission, kritisiert nun die mangelnde Diskussion im Vorfeld. Die Begutachtungsfrist endet am Freitag.  
Ulrich Körtner, Vorstand des Institut für Ethik und Recht in der Medizin und des Instituts für Systematische Theologie der Universität Wien, kritisierte gegenüber der APA die mangelnde Diskussion im Vorfeld der Novelle.

"Das Herstellen entwicklungsfähiger Zellen durch Klonen sowie Eingriffe in die Keimzellbahn sind unzulässig", lautet der Absatz zwei des Paragrafen neun in der Novelle. Bisher wurde das Thema Klonen in dem Regelwerk nicht erwähnt, es verbot lediglich Manipulationen an fortpflanzungsfähigen Zellen zu anderen Zwecken als der Fortpflanzung.
->   Das (derzeitige) österreichische Fortpflanzungsmedizingesetz
Diskussion um therapeutisches Klonen
Bild: EPA
Die Aufnahme aus Südkorea zeigt die Entstehung eines geklonten menschlichen Embryos.
Körtner - er ist auch Mitglied der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt - ist die Formulierung zu umfassend. Man möge von derartigen Techniken halten was man wolle, die Diskussionen über das Thema "therapeutisches Klonen" seien jedenfalls bei weitem noch nicht abgeschlossen.

Ein generelles Verbot, wie jetzt von der Regierung in der Novelle vorgesehen, komme daher zu früh, so der Theologe.

Auch der Wiener Reproduktionsmediziner und Vorsitzende der Bioethikkommission, Johannes Huber, bezeichnete die Formulierung über das Klonverbot als "nicht das Gelbe vom Ei".
...
Therapeutisches kontra reproduktives Klonen
Die ersten Schritte sind dieselben: Eine Eizelle wird entkernt und stattdessen das Erbmaterial einer Körperzelle eingesetzt. Es entsteht eine Zelle, die sich zu einem Embryo weiterentwickelt. Wird der Embryo tatsächlich zum Zwecke der Fortpflanzung eingesetzt (in eine Frau oder ein weibliches Tier), spricht man vom reproduktiven Klonen.

Beim therapeutischen Klonen will man dagegen aus dem Embryo Stammzellen gewinnen, der Embryo wird letztlich zerstört. Die Stammzellen sollen so programmiert werden können, dass sie verschiedene Gewebearten wie Herzmuskeln oder Nerven bilden. Das ist in Tierversuchen bereits schon länger gelungen. Helfen soll dies beispielsweise einmal Parkinson- oder Alzheimerpatienten.
->   Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at (Artikelüberblick)
...
Positiv: Längere Frist für IVF-Embryonen
Generell positiv steht Körtner der - ebenfalls in der Novelle vorgesehenen - Verlängerung der Aufbewahrungsfrist für bei der Befruchtung im Reagenzglas (IVF) anfallenden Embryonen gegenüber.

Allerdings sei auch diese Regelung überstürzt gekommen. In der Regel fallen bei der IVF nämlich rund zehn Embryonen an. Bisher mussten diese nach einer Frist von einem Jahr vernichtet werden.
"Bis zur Vollendung des 50. Lebensjahrs der Frau ..."
Nun sieht die Novelle vor, dass "entwicklungsfähige Zellen ... bis zur Vollendung des 50. Lebensjahrs der Frau, von der die Eizellen ... stammen" aufbewahrt werden dürfen. Die Regelung soll analog auch für unbefruchtete Eizellen und Samen gelten.
...
Huber: Absolute Fristen möglicherweise sinnvoller
Wenig Freude hat auch Huber mit der Fristensetzung. "Eine Verlängerung war nötig, allerdings sehe ich mit der Koppelung an das Alter Probleme", so Huber. Was passiert etwa mit einem 49-jährigen Mann, der an Hodenkrebs erkrankt und Samen für eine spätere Vaterschaft konservieren will? Er steigt mit der neuen Regelung möglicherweise schlechter aus als mit der alten Einjahresfrist. Absolute Fristen, fünf oder zehn Jahre, wäre laut Huber möglicherweise sinnvoller gewesen.
...
Zu kurzfristiges Zustandekommen
Generell kritisiert der Wissenschaftler Johannes Huber, dass die Novelle zu kurzfristig zu Stande gekommen sei.

So sei etwa die Bioethikkommission, ein Expertengremium von 19 renommierten Professorinnen und Professoren, aus Termingründen nicht in der Lage gewesen, eine entsprechende Stellungnahmen zur Novelle zu formulieren.
Forderung nach einem eigenen Bioethikgesetz
Auch müsse klar sein, dass die jetzige Neufassung eigentlich nur Kleinigkeiten enthalte. "Was wir bezüglich Ethik in der Medizin dringend brauchen, ist ein 'großer Wurf', ein eigenes Bioethikgesetz", forderte Huber.

So müssten endlich Fragen wie "Wann beginnt das Leben?" in der Gesellschaft geklärt werden. Auch kontroversielle Themen wie "therapeutisches Klonen" müssten abgearbeitet und schließlich in ein umfassendes Gesetz gefasst werden.
Kritik: Grundsätzliche Problematik bleibt
Für die Vorsitzende der von Behindertenverbänden initiierten alternativen Bioethikkommission für die Bundesregierung, Birgit Primig, ändert die Novelle an der grundsätzlichen Problematik nichts.

"Das Dilemma, dass fortpflanzungsfähige Embryonen vernichtet werden müssen, bleibt auch durch die Fristverlängerung erhalten", so Primig. Unberührt bleibt nach Ansicht der Expertin auch die Problematik "Wunschkind", dass sich jemand Embryonen nach bestimmten Kriterien aussucht.
->   Österreichische Bioethikkommission
->   Ethikkommission FÜR die österreichische Bundesregierung
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Klonembryo: Fortschritt oder Tabubruch? Reaktionen (13.2.04)
->   Koreanische Forscher klonten menschlichen Embryo (12.2.04)
->   Geklonte embryonale Stammzellen gegen Parkinson (22.9.03)
->   Klon-Baby unmöglich? Aktuelle Methoden scheitern bei Primaten (10.7.03)
->   Alles zum Stichwort Klon im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010