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Neuer Kühlmechanismus für die Quantentechnologie  
  Eine neue Methode, mit der man einzelne Atome gezielt abbremsen und präzise positionieren kann, haben deutsche Forscher verwirklicht. Das besondere an dem neuen Kühlmechanismus: Er funktioniert erstmals auch bei anderen Teilchen wie beispielsweise Molekülen - und gilt damit als wichtiger Schritt zur Entwicklung eines universell einsetzbaren Laserkühlmechanismus für die Quantentechnologie.  
Die Forscher vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching haben entdeckt, dass sich Atome auch durch Ankopplung an einen so genannten optischen Resonator kühlen lassen. Ihre Ergebnisse sind im Fachmagazin "Nature" erschienen.
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Der Artikel "Cavity cooling of a single atom" von Gerhard Rempe und Kollegen ist erschienen in "Nature", Bd. 428, Seiten 50 - 52, Ausgabe vom 4. März 2004 (doi:10.1038/nature02387).
->   Abstract des Artikels in "Nature"
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Nobelpreis für die Laserkühlung von Atomen
Die Abbremsung eines Strahls von Atomen mit Hilfe von Laserlicht gelang erstmals vor etwa 20 Jahren - und hat ein sich stürmisch entwickelndes Forschungsgebiet begründet, das mittlerweile in vielen Zweigen der physikalischen Forschung Einzug gehalten hat.

Nicht nur bei der Erzeugung von ultrakalten Bose-Einstein-Kondensaten, sondern auch beim Bau ultrapräziser Atomuhren kommt diese Form der Kühlung mittels Laserlicht zum Einsatz. 1997 wurde ihre Bedeutung mit der Verleihung des Physiknobelpreises eindrucksvoll dokumentiert.
->   Die Physiknobelpreisesträger 1997 (www.nobel.se)
Bislang nicht universell einsetzbar
Allerdings sind die bisher verwendeten Kühlverfahren nicht universell einsetzbar. Vielmehr können nur einige ausgewählte Atomsorten aus dem Periodensystem der Elemente mit Licht gekühlt werden, nicht aber Moleküle.

Alle bisherigen Kühlverfahren beruhen darauf, dass die gerichteten Lichtteilchen eines Laserstrahls, die Photonen, von den Atomen absorbiert und danach in unterschiedliche Richtungen abgestrahlt werden.

Der mit der Richtungsänderung verbundene Rückstoß der Photonen führt zu einer Bremskraft, die dem Gas Wärme entzieht. Die entnommene Energie wird von den emittierten Photonen also "davongetragen".
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Details zu dieser Form der Abbremsung/Abkühlung
Ein Atom sendet Photonen bevorzugt mit einer charakteristischen Energie aus. Um ein Kühlen zu erreichen, strahlt man "rot verstimmte" Photonen mit geringerer Energie auf das Atom ein. Damit das Atom nun ein Photon mit seiner charakteristischen Energie aussenden kann, muss die Energiedifferenz durch Verminderung der Bewegungsenergie ausgeglichen werden - das Atom wird dadurch langsamer (und kühler).
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Problem: Atome werden kurzzeitig angeregt
Ein wesentliches Problem der herkömmlichen Verfahren ist, dass während des Streuprozesses das Atom kurzzeitig in einen angeregten Zustand gelangt. Kehrt es bei der Abstrahlung eines Photons nicht wieder in seinen ursprünglichen Ausgangszustand zurück, so kommt der Kühlprozess zum Erliegen.

Daher sind diese Kühlverfahren nur auf ausgewählte Atomsorten, die nur wenige mögliche Endzustände aufweisen, anwendbar.

Auf komplexere Systeme, insbesondere Moleküle, lassen sich diese Verfahren nicht anwenden, da diese stets eine Vielzahl von Zuständen aufweisen - weil sich die Atome in Molekülen auch gegeneinander bewegen können.
Neues Verfahren: Anregung nicht mehr nötig
 
Bild: Max-Planck-Institut für Quantenoptik

Kühlung eines Atoms mit einer stehenden Lichtwelle zwischen zwei hochreflektierenden Spiegeln. Die Abnahme der Bewegungsenergie des Atoms beruht auf einer Blauverschiebung des transmittierten gegenüber dem eingestrahlten Laserstrahl.

Bei dem neuen Kühlverfahren müssen die zu kühlenden Teilchen nicht angeregt werden. Stattdessen wird die Wechselwirkung des Teilchens mit einem Lichtfeld, das von außen in einen Resonator aus zwei hochreflektierenden Spiegeln eingestrahlt wird, zum Kühlen genutzt.
Energiedifferenz führt zur Abbremsung
Bewegt sich das Atom zwischen den Spiegeln, so führt dies dazu, dass das von dem Resonator ausgesandte Licht energiereicher ist als das auf den Resonator eingestrahlte Laserlicht. Die Energiedifferenz entstammt der Bewegungsenergie des Atoms, welches dadurch abgebremst wird.

Und weil das Atom in diesem Kühlverfahren nicht angeregt werden muss, eignet sich die Methode prinzipiell auch für Teilchen, die mit konventionellen Laserkühlmethoden nicht gekühlt werden können.
Sehr viel stärkere Bremskraft
Im Vergleich zu konventionellen Laserkühlverfahren für Atome konnten die Wissenschaftler zudem zeigen, dass das neue Kühlverfahren auch eine mindestens fünfmal so starke Bremskraft erreicht.
Übertragung von Quanten-Information?
Die Ergebnisse der Forscher sind auch im Hinblick auf eine ganz andere Anwendung interessant:

In zukünftigen Experimenten könnte man nämlich mit einem einzelnen, gut lokalisierten Atom in einem optischen Resonator eine im internen Zustand des Atoms gespeicherte Quanten-Information auf ein Photon übertragen, dieses zu einem zweiten, ähnlich gebauten System schicken und die Information dort in einem anderen Atom wieder abspeichern.

Mit anderen Worten: Das System könnte eine ideale "Quantenschnittstelle" zwischen ruhenden und fliegenden Quantenbits und ein grundlegender Baustein für ein zukünftiges Quantennetzwerk aus vielen, verteilten Atom-Resonator-Systemen sein.
->   Max-Planck-Institut für Quantenoptik
->   Alles zum Stichwort Quanten im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010