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Immunzellen fangen und töten Bakterien mit "Netzen"  
  So genannte Neutrophilen gehören zu den weißen Blutkörperchen. Diese spezialisierten Zellen des menschlichen Immunsystems stellen in der Abwehr von Krankheitserregern die "erste Verteidigungslinie" dar. Einen neuen Mechanismus, den die Zellen dabei nutzen, hat nun ein Forscherteam entdeckt: Demnach sind sie in der Lage, Bakterien in netzartigen Strukturen einzufangen und zu töten.  
Die neu entdeckten Strukturen wurden von den Wissenschaftlern NETs (Neutrophil Extracellular Traps) getauft. Die Forschungsergebnisse wurden im Fachmagazin "Science" veröffentlicht.
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Der Artikel "Neutrophil extracellular traps kill bacteria" des Forscherteams um Arturo Zychlinski vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin ist erschienen in "Science", Bd. 303, Seiten 1532-1535 (5. März 2004).
->   Der Originalartikel in "Science" (kostenpflichtig)
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Extrazelluläre faserige Struktur als "Netz"
Bild: Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie
Neutrophilen, soviel war bereits bekannt, nehmen in den Körper eingedrungene Bakterien auf und zerstören diese. Doch die Immunzellen setzen auch noch einen ganz anderen Abwehrmechanismus ein, wie die Forscher berichten:

Sie produzieren extrazellulär eine faserige Struktur und werfen gewissermaßen ein Netz aus, in dem die Bakterien gefangen und abgetötet werden. Diese NETs getauften Strukturen sind unter dem Raster-Elektronenmikroskop als feine Fasern zu erkennen. An den Fasern wiederum kleben Partikel, über die sich die Fasern zu komplexeren Strukturen verbinden.

Im Bild rechts zu sehen: Stimulierte Neutrophile mit Netzen und darin gefangenen Shigellen (orange). Farbige rasterelektronenmikroskopische Aufnahme.
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Arsenal an enzymatischen und chemischen Abwehrstoffen
Neutrophilen machen mit 50 bis 80 Prozent den größten Teil der weißen Blutkörperchen aus. In ihrem Zellinneren befinden sich so genannte Granula - membranumhüllte "Körnchen", die ein regelrechtes Arsenal an enzymatischen und chemischen Abwehrstoffen gegen Mikroorganismen enthalten. Treffen Neutrophile nun auf Krankheitserreger, umfließen sie diesen zuerst mit ihrer Zellmembran und nehmen ihn auf diese Weise in sich auf. Anschließend wird der Erreger mittels der Substanzen aus den Granula abgetötet.
->   Details zum menschlichen Immunsystem (www.medizininfo.de)
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Bestimmte Proteine wirken gegen Bakterien
Ein wesentlicher Bestandteil der NETs ist Chromatin, berichten die Wissenschaftler weiter. Dieses Gemisch aus DNA und Proteinen befindet sich normalerweise im Zellkern und ist der Träger der Erbinformation.

Den größten Teil der im Chromatin enthaltenen Proteine machen wiederum Histone aus. Sie sind zuständig für die geordnete Struktur der DNA, darüber hinaus haben sie eine sehr wirksame bakterizide Eigenschaft.

Und das ist noch nicht alles: Interessanterweise enthalten die NETs auch bestimmte Proteine aus dem Zellinneren der Neutrophilen, die die Bakterien nicht abtöten, sondern im Vorfeld gleichsam "entwaffnen".
Salmonellen, Staphylokokken und Co abgetötet
 
Bild: Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie

Netzfaserbündel mit Shigellen (orange).

Wie die Wissenschaftler nun in "Science" berichten, können NETs verschiedene Bakterien mit hoher Effizienz abtöten: Shigellen etwa, die Erreger der Bakterienruhr, Salmonellen, die Verursacher von Typhus, und auch Staphylokokken, welche sowohl Lebensmittelvergiftung als auch das Schocksyndrom hervorrufen können.

Nachgewiesen wurden die Netzstrukturen nicht nur in experimentellen Zellkulturen, sondern auch in Gewebsproben von Bakterienruhr sowie in Biopsiemateral von Patienten mit Blinddarmentzündungen.
->   Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie
->   New York University School of Medicine
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01.01.2010