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Virtuelle Crash-Tests für mehr Fußgänger-Sicherheit  
  Bisher war der Schutz von Fußgängern nicht gerade ein Verkaufsargument für die Automobilindustrie. Das soll spätestens ab Oktober 2005 anders werden. Denn dann tritt eine EU-Richtlinie zum Schutz von Fußgängern und Radfahrern in Kraft. Damit werden neue technische Standards festgelegt, die die Verletzungsgefahr im Fall einer Kollision vermindern sollen. Ein Grazer Computerprogramm soll nun schon beim Entwurf eines Autos die Karosserie auf ihre Fußgänger-Sicherheit überprüfen.  
Die Wissenschaftler der TU Graz arbeiten an einem Computermodell, das der Autoindustrie hilft, die Fußgängersicherheit bereits vom ersten Entwurf an zu überprüfen. Damit ersparen sich Autohersteller teure Prototypen und "Dummy-Stunts".
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Sicherheit von Anfang an überprüfen
"Es ist notwendig, möglichst früh - bereits in der Designentwicklung - auf eine Verbesserung des Fußgängerschutzes Rücksicht zu nehmen", sagt dazu Hermann Steffan von der TU Graz. "Mit unserem Instrumentarium gelingt es gleich von Anfang an die Sicherheit den Normen entsprechend zu überprüfen."
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Reale Szenarien in den PC übertragen
Bild: Modern Times
Aus der Analyse und Nachstellung realer Unfälle wurden Abläufe rekonstruiert und verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass vor allem Kopf, Hüfte und Beine massiv vom Aufprall betroffen sind.

Die Heftigkeit der Kollision hängt von der Geschwindigkeit des Autos ab. Erwachsene und Kinder sind aufgrund von Gewicht und Größe unterschiedlich betroffen. Diese Szenarien wurden nun mithilfe von Simulationen in den Computer übertragen.
Die A-Säule als "Tötungsfaktor Nummer 1"
Bild: Modern Times
Im virtuellen Test zeigte sich genau wie sich der Aufprall auf den Körper auswirkt. Aus den Angaben über Biegung und Scherung, Aufprallkräfte und Verzögerungen der Körperteile lässt sich erkennen, was aus der Sicht des Konstrukteurs notwendig ist, um die Verletzungsgefahr für den Fußgänger zu verringern.

Wichtig wäre es demnach, im Bereich der so genannten A-Säule der Autos etwas zu unternehmen, wie der Grazer Forscher Hermann Steffan erläutert:

"Die A-Säule ist Tötungsfaktor Nummer 1. Betroffen ist aber die gesamte Vorderfront des PKW: Stoßstange, Motorhaube. Wichtig ist es hier mehr Freiräume zu schaffen, um den Aufprall abzufedern. Eine weiche Außenhaut könnte den Aufprall abfedern. Sie steht nicht im Gegensatz zur Steifigkeit der Karosserie, die wiederum den Insassen schützt."
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Windschutzscheibe als einziger Bereich relativ nachgiebig
Die Windschutzscheibe ist laut Steffan mit rund zehn Zentimetern als einziger Bereich relativ nachgiebig: "Würde sie über den Holm der A-Säule gezogen, könnte man diese dadurch sicherer gestalten, ohne den Sichtraum des Fahrers zu behindern. Ein Fußgänger hat derzeit relativ gute Chancen zu überleben, wenn er auf der Windschutzscheibe aufprallt - bei Stadtgeschwindigkeit. Bei höheren Geschwindigkeiten, wie sie auf der Landstraße gefahren werden, ist der Mensch praktisch chancenlos."
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Fußgänger-Sicherheit mit Forschungspotential
Fußgänger-Sicherheit wird von Experten als Forschungspotential mit Zukunft gesehen. Perfekte Fußgängerdummies in unterschiedlichen Körpergrößen mit entsprechendem messtechnischen Innenleben sollen entwickelt werden.

Und auch Human-Models mit Muskeln und Organen stehen auf dem Entwicklungsplan der Forscher.
Unfälle vermeiden ist der beste Schutz
Immerhin ist die Anzahl der Unfälle mit Fußgängern laut Hermann Steffan von der TU Graz in den letzten Jahren um rund 15 Prozent angestiegen. Und nach wie vor gilt:

"Der beste Fußgängerschutz ist der, welcher den Unfall vermeidet. Auch wenn man über den Zebrastreifen geht, muss man schauen und den Bremsweg des Fahrzeugs berücksichtigen - auch wenn man als Fußgänger Vorrang hat."

Martina Schmidt, Modern Times
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Mehr dazu erfahren Sie in der Sendung "Modern Times" am Freitag (5. März 2004) um 22.35 Uhr in ORF2.
->   "Modern Times"
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->   Technische Universität Graz
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Simulation für mehr Sicherheit in U-Bahn-Stationen (19.2.04)
->   Neuartige Techniken zum Fußgängerschutz (22.2.02)
 
 
 
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01.01.2010