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Stress und Depression verschlimmern Morbus Crohn  
  Lange Zeit wurde vermutet, dass die chronische Darmentzündung Morbus Crohn durch psychische Faktoren ausgelöst wird. Dies konnte jedoch nicht bestätigt werden. Eine Untersuchung der Wiener Universitätsklinik konnte nun allerdings nachweisen, dass psychische Faktoren wie Stress, Angst und Depression den Krankheitsverlauf sehr ungünstig beeinflussen können.  
Morbus Crohn ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem überreagiert und zu chronischen Entzündungsreaktionen im Darm führt. Sie verläuft wie viele Autoimmunerkrankungen in Schüben.

Um zu sehen ob psychische Faktoren wie Stress, Angst oder Depression einen Entzündungsschub auslösen, hat man an der Wiener Universitätsklinik für Innere Medizin IV bei 60 Patienten 18 Monate lang den Verlauf ihres Morbus-Crohn genauestens verfolgt und dokumentiert.
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Studie zeigt deutlichen Einfluss auf Schubhäufigkeit
In Abständen von drei Monaten wurde sowohl der aktuelle Status der Darm-Entzündung als auch die psychische Verfassung erhoben. Und bei dieser Verlaufskontrolle habe man herausgefunden, sagt Gabriele Moser von der Wiener Universitätsklinik für Innere Medizin, dass Stress, aber auch Angst und Depression einen deutlichen Einfluss auf die Krankheitsaktivität, auf die Schubhäufigkeit haben.

Die Wiener Medizinerin präsentiert diese Ergebnisse bei dem zur Zeit in Orlando/ USA stattfindenden internationalen Gastroenterologen-Kongress. (Gastroenterologie ist das Spezialgebiet der Inneren Medizin, das sich mit Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts und angrenzender Organe befasst).
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Tabuisierte Beschwerden führen in einen Teufelskreis
Patienten, die an einem Morbus Crohn erkranken, finden meist erst recht spät den Weg zum Arzt.

Das hat unter anderem damit zu tun, dass die Krankheit lange Zeit als psychisch bedingt angesehen wurde - und mit körperlichen Beschwerden oder Symptomen, die man der Psyche zuschreibt, geht man nicht zu schnell zum Arzt.

Damit geraten die Patienten aber leicht in einen Teufelskreis, sagt Gabriele Moser von der Wiener Universitätsklinik - denn die tabuisierten Beschwerden wie Durchfälle oder Blähungen verändern die Patienten psychisch.
Ein Drittel der Patienten wird depressiv
So wird etwa ein Drittel der Patienten durch die Erkrankung depressiv und andererseits ist Depressivität ein Risikofaktor für vermehrte Schubaktivität. Dies gehöre - so die Gastroenterologin Moser - stärker als bisher in die Behandlung einbezogen.
AKH-Ambulanz betreut auch psychosomatisch
So gebe es am AKH in Wien neuerdings eine Ambulanz, wo die Patienten auch psychosomatisch betreut werden. Nur wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt und ganzheitlich behandelt wird, ist zu verhindern, dass die Patientin in den beschriebenen Teufelskreis kommen.
Wo liegen die Ursachen und Auslöser?
Ob jemandes Immunsystem dazu neigt überschießend zu reagieren, dafür dürfte es nach derzeitigem Stand des Wissens eine genetische Prädisposition (vererbte Anlage) geben. Die Anlage allein reicht hingegen noch nicht aus, dass es letztlich zum Ausbruch der Erkrankung kommt.

Immer wieder diskutiert, aber bisher nicht bestätigt ist die Annahme, dass einzelne bakterielle Infektionen den Morbus Crohn auslösen könnten. Faktum ist jedenfalls, dass die Erkrankungen vor allem in den westlichen industrialisierten Ländern zunehmen.
Mögliche Ursache: Lebensmittelzusatzstoffe
Gabriele Moser ortet eine mögliche Ursache in den zahlreichen Lebensmittelzusatzstoffen (Stabilisatoren, Emulgatoren oder Konservierungsmittel). Darüber hinaus habe man festgestellt, dass je höher der Hygienestatus, um so häufiger die chronischen Darmentzündungen seien.

Jedenfalls gibt es in den "Entwicklungsländern", wo unter anderem die bei uns förmlich ausgestorbenen Wurmerkrankungen noch sehr häufig sind, diese Form der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen kaum oder gar nicht.
Morbus Crohn wird immer häufiger
Laut Gabriele Moser wird Morbus Crohn - und das auch unter Kindern und Jugendlichen -immer häufiger. Es gelte, die Frühsymptome wie Blut im Stuhl und manchmal mit Fieber einhergehende Gelenksbeschwerden zu erkennen und eine rechtzeitige Behandlung einzuleiten.

Doch Studien zeigen, dass meist an die zwei Jahre vergehen, bis die Patienten ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen - und damit bereits psychische Probleme entwickelt haben.

Eveline Schütz, Ö1-Wissenschaft
->   Universitätsklinik Wien Abteilung für Innere Medizin IV
->   Informationen zu Morbus Crohn in www.medicine-worldwide.de
->   Mehr zu diesem Thema im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010