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Neue Konzepte für Europas Ariane-Rakete  
  Die Ariane ist Europas "Schwerlaster" für Frachten ins All. Doch der weltweite Markt für Satellitentransporte ist heiß umkämpft. Um hier die Nummer eins zu bleiben, arbeiten europäische Raketenforscher bereits an Konzepten für die Zukunft. Das Motto lautet: nicht nur billiger, sondern auch umweltfreundlicher. Erforscht werden etwa "grüne Treibstoffe" für die Startraketen.  
Bei der Ariane 5-Trägerrakete beträgt das Startgewicht bis zu 750 Tonnen. Um diese Masse in den Himmel zu hieven, sorgen zwei zusätzliche Feststoff-Raketen mit Nachdruck für Vorschub.
Zwei Tonnen Abgas pro Sekunde
Bild: EPA
Diese "Booster" dienen als Starthilfe - sie liefern mehr als 90 Prozent der Leistung, die zum Abheben benötigt wird. Die Booster verbrennen pulverförmigen Spezialtreibstoff - und erzeugen dabei zwei Tonnen Abgas pro Sekunde.

Die Säuren und Metallverbindungen darin sind jedoch wenig umweltfreundlich. Nicht zuletzt deshalb soll das Konzept der Einweg-Booster künftig "über Bord" geworfen werden.

Rechts im Bild: Eine Ariane 5-Trägerrakete fertig zum Start auf dem Weltraumbahnhof Kourou der ESA.
"Grüne" Treibstoffe für die Startraketen
Wissenschaftler der Deutschen Forschungsgesellschaft für Luft- und Raumfahrt arbeiten an alternativen Treibstoffen für die Ariane-Startraketen. Am DLR-Standort Lampoldshausen erforschen sie die Eigenschaften s ogenannter "green propellants" - zu deutsch "grüner Treibstoffe".

Verglichen mit dem Pulver der Ariane-Booster gelten etwa Kerosin oder Methan als deutlich umweltverträglicher. Zudem sind diese Flüssigtreibstoffe billiger und einfacher zu handhaben.
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Russland setzt seit jeher auf Kerosin
Interessanterweise setzt das russische Raketenprogramm seit jeher auf Kerosin als Treibstoff - allerdings aus eher pragmatischen Gründen. In den Anfangstagen der russischen Raumfahrt herrschte die offizielle Ansicht, dass für alles, was fliegt, Kerosin verwendet werden soll - vom Düsenjet bis zur Trägerrakete.
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Grundsätzliche Probleme wie träge Reaktion
Bild: Modern Times
Für die europäische Weltraumbehörde ESA sind Kohlenwasserstoffe für Raketen jedoch weitgehend Neuland.

Zunächst müssen grundsätzliche Probleme beim Brennverlauf gelöst werden: In einem Raketenmotor müssen Treibstoffeinspritzung, -mischung und -verbrennung in weniger als einer Tausendstel Sekunde erfolgen.

Im Gegensatz etwa zur extrem raschen Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff, wie sie im "Vulcain"-Haupttriebwerk der Ariane 5 abläuft, sind Kohlenwasserstoffe sehr viel träger. Der Grund sind die vielen Reaktionspartner, die bei der Verbrennung auftreten.
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Je mehr "Teilnehmer", desto länger dauert es
Forschungsleiter Oskar Haidn zieht einen plakativen Vergleich: "Bei einem Gespräch unter vier Augen kann man sich rasch und direkt verständigen. Wenn Sie sich dagegen ein Meeting mit vielen Teilnehmern vorstellen, ist klar, dass es seine Zeit dauert, bis Sie die zusammen haben und alle Anwesenden aufmerksam lauschen."
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Druckschwingungen könnten Brennkammer zerstören
Eine weitere Schwierigkeit ist der Umstand, dass bei der Verbrennung von Kohlenwasserstoffen Druckschwingungen auftreten, die im Bereich der Eigenresonanz der Brennkammer liegen.

Dadurch besteht die Gefahr, dass sich die Schwingungen aufschaukeln und die ohnehin extrem belastete Brennkammer zerstören. Aus diesem Grund müssen die Verbrennungsprozesse von Kerosin oder Methan als Raketentreibstoff genau erforscht - und vor allem kontrolliert werden.
Wieder verwendbare "Flüssig-Booster"
Das Konzept der "grünen" Flüssigtreibstoffe soll bei einer neuen Generation von Ariane-Startraketen zum Einsatz kommen.

Geplant sind wieder verwendbare, so genannte "liquid flyback booster", kurz LFBB. Diese besitzen nicht nur eigene Steuerflächen, sondern neben dem eigentlichen Raketenmotor auch kleine Düsentriebwerke.
Vollautomatische Rückkehr zum Weltraumbahnhof
Bild: EPA
Start einer Ariane-Rakete (2.3.2004)
Die Idee dahinter: Wenn die Booster nach einem Ariane-Start vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana ausgebrannt sind, werden sie wie bisher in 50 bis 60 Kilometer Höhe abgeworfen.

Allerdings stürzen sie anschließend nicht wie die bisherigen Booster unkontrolliert Richtung Erde.

Vielmehr kehren sie vollautomatisch nach Kourou zurück - anfangs per Segelflug. In tieferen Luftschichten ermöglichen dann die Düsentriebwerke eine gezielte Rückkehr samt Landung.
Zudem Kostenersparnis - in zehn bis 15 Jahren
Die LFBB sind auf 120 Starts ausgelegt und sollen die Startkosten einer Ariane 5-Mission von derzeit etwa 150 Millionen Euro künftig um mindestens ein Drittel senken.

Der Wermutstropfen dabei: Das neue Booster-Konzept dürfte frühestens in zehn bis 15 Jahren realisiert werden.

Ivo Filatsch, Modern Times
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Mehr Informationen zu diesem Thema erhalten Sie in der Sendung "Modern Times" am Freitag, 5.3.2004 um 22.35 Uhr in ORF 2.
->   "Modern Times"
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->   ESA-Website zu Ariane 5
->   DLR Lampoldshausen, Institut für Raketenantriebe
 
 
 
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01.01.2010