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Brustkrebs-Früherkennung könnte 500 Leben retten  
  Rund 4.500 Frauen erkranken jedes Jahr in Österreich an Brustkrebs, davon sterben etwa 1.600. Mehr als 500 dieser Frauen könnten jedoch gerettet werden, wenn es ein nationales Früherkennungsprogramm gäbe.  
Das geht aus einem neuen Bericht des Österreichischen Bundesinstituts für Gesundheitswesen (ÖBIG) hervor. Die Kosten würden pro Jahr rund 22 Mio. Euro betragen.
Überall Screening-Programme ...
"Mammographie Screening Austria" heißt der Titel des Reports im Auftrag des Gesundheitsministeriums, der mit seinen mehr als 100 Seiten vor wenigen Wochen herausgekommen ist. Die Autoren: "Gegenwärtig laufen in allen Staaten der Europäischen Union - mit Ausnahme Österreichs - systematische Screening-Programme auf nationaler oder regionaler Ebene (...)."
... außer in Österreich
Dabei würden sich sowohl die EU-Kommission als auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eindeutig für solche Programm aussprechen. Die EU-Kommission wird zitiert: "So hat die Einführung hochwertiger Mammographie-Untersuchungen in Schweden und Finnland die Mortalität durch Brustkrebs um etwa ein Drittel reduziert. Dies zeigt, dass die Verfügbarkeit eines solchen hoch qualitativen Screenings in allen Mitgliedstaaten das Leben von rund 25.000 an Brustkrebs erkrankten Frauen retten könnte."

In Europa erkranken pro Jahr rund 220.000 Frauen an einem Mammakarzinom, 75.000 sterben daran.
->   "Mammographie Screening Austria" (ÖBIG)
WHO und EU sprechen sich dafür aus
Ähnlich auch die WHO: "Das Mammakarzinom-Screening, durchgeführt an einem neuwertigen Gerät mit oder ohne ärztliche Untersuchung, sowie eine entsprechende Zusatzdiagnostik bei vorliegenden positiven bzw. suspekten Befunden werden die Mortalitätsrate von Brustkrebs bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren um ein Drittel reduzieren."
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Die Anforderungen an ein Massen-Screening
Solche systematischen Programme müssten unter anderem umfassen:
- Einladung aller Frauen zwischen 50 und 69 Jahren zu einer Mammographie alle zwei Jahre.
- Dokumentation der Teilnahme an dem Programm und Wiederbestellung bei einem verdächtigen Befund.
- Kommunikationsprogramm, um die Frauen wirklich zu dieser Vorsorgeuntersuchung zu bringen. Angestrebt werden sollte eine Beteiligung pro Jahrgang von 70 Prozent.
- Qualitätsmanagement zur Sicherstellung der Aussagekraft der Befunde (Geräte, Ausbildung der Untersucher)
- Die Begutachter sollten eine Erfahrung von mindestens 5.000 Mammographien pro Jahr aufweisen. Es soll laut EU-Richtlinien auch eine Doppel-Befundung durch zwei Experten erfolgen.
- Aufbau der notwendigen Strukturen für die Dokumentation und die Qualitätskontrolle. Es sollte in Österreich auch ein umfassendes Register über die Aus- und Weiterbildung der Beteiligten, die Diagnose- und die Therapiedaten in Sachen Brustkrebs eingerichtet werden.
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Senkung der Brustkrebssterblichkeit um 30 Prozent
 


Das Ziel eines solchen Brustkrebs-Früherkennungs-Programms laut den ÖBIG-Fachleuten: ".... Früherkennung von Karzinomen in einem nicht-invasiven bzw. frühinvasiven metastasenfreien Stadium (Durchmesser kleiner als zwei Zentimeter, noch keine Tochtergeschwülste), die Senkung der Brustkrebssterblichkeit um 30 bis 35 Prozent und die Verbesserung der Lebensbedingungen der von Brustkrebs betroffenen Frauen durch effizientere Therapieverfahren."
Potenziell 464.000 Teilnehmerinnen
Potenziell müsste pro Jahr von rund 464.000 Teilnehmerinnen an dem Programm in Österreich ausgegangen werden. Bei einem Anteil der wirklich zur Untersuchung gehenden Frauen wäre für das Jahr 2003 mit 325.000 Personen rechnen. Die Zahl würde sich allerdings durch die Entwicklung der Alterspyramide bis zum Jahr 2021 um rund 30 Prozent erhöhen.
Wesentliche Voraussetzungen fehlen derzeit
Allerdings, derzeit wäre laut den Experten vom ÖBIG ein solches System in Österreich nicht realisierbar: "Im österreichischen Gesundheitswesen fehlen wesentliche Grundvoraussetzungen für ein qualitätsunterstütztes Screeningprogramm (Schulung, technisch-apparative Qualitätssicherung, Brustkrebsregister etc..).

Die Kosten eines solchen wirklich effizienten Vorsorgeprogramms: "Für den vorliegenden Modellvorschlag eines bundesweiten Screeningprogramms sind rund 21,619.300 Euro an jährlichem Aufwand zu veranschlagen." Freilich, es gibt auch Kritik an dem Bericht.
Kritik von Technikfolgen-Abschätzern
Eva Rasky vom Institut für Sozialmedizin der Universität Graz bezeichnete in einem "Newsletter" des Instituts für Technikfolgen-Abschätzung der Akademie der Wissenschaften (ITA) den Report unter anderem als "mangelhaft". Es würde vor allem schwierig sein, Frauen objektiv über Vor- und Nachteile des Verfahrens zu informieren - und trotzdem noch 70 Prozent Teilnahme zu erreichen.
->   Der ITA-Newsletter (pdf-Datei)
->   ÖBIG
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01.01.2010